Geringfügiger Ladendiebstahl? Einstellung des Verfahrens? Eintrag im FZ oder BZR?

7. Mai 2003 Thema abonnieren
 Von 
Istmir Ganzschönpeinlich
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)
Geringfügiger Ladendiebstahl? Einstellung des Verfahrens? Eintrag im FZ oder BZR?

Hallo zusammen,
zunächst mal: ich bin durch Zufall auf dieses Forum gestoßen. Mittlerweile kann ich sagen: ein glücklicher Zufall, denn nach anfänglicher Mega-Panik nach meiner „Tat“ bin ich nach dem Studium diverser Forumbeiträge und Dank der tollen Antworten von BOB und BOBO doch einigermaßen gefasst, was den Ausgang der Sache anbetrifft.
Kurz zu meinem Fall: ich habe in einem Kaufhaus eine Parfüm-Probierflasche „mitgehen“ lassen und bin von einem Ladendetektiv erwischt worden. Der entsprechende regulär käuflich erwerbbare Artikel hätte 19,95 Euro gekostet. Es folgte das wohl für solche Vorfälle übliche Procedere. Die ganze Sache war mir sehr peinlich, und ich habe in einem Entschuldigungsschreiben an das Kaufhaus meine Reue zum Ausdruck gebracht. Mittlerweile habe ich von der Polizei einen Anhörungsbogen erhalten, welchen ich auch ausgefüllt habe. Darüber hinaus habe ich folgenden Punkt angekreuzt:
„Mit einer Einstellung des Verfahrens (...) unter Festlegung entsprechender Auflagen oder Weisungen gemäß § 153 a StPO bin ich einverstanden.“
----> Was bedeutet das? Welche Auflagen oder Weisungen können das sein? Kann ich das irgendwie beeinflussen?
Und das habe ich noch angekreuzt:
„Bei einer Straftat: Ich bin mit der Erledigung im Strafbefehlsverfahren einverstanden.“
----> Was heißt das genau?
Noch ein paar weitere Fakten:
Ich bin nicht vorbestraft und auch noch in keiner Art und Weise mit einer ähnlichen Tat auffällig geworden.
Ich bin über 30 Jahre alt (jaja, auch in dem Alter kann man noch die Dummheit seines Lebens begehen), ledig, keine Kinder.
Mein monatliches Nettoeinkommen beträgt 1.800 Euro (nein, die Klauerei hätte ich nicht nötig gehabt), die monatl. Belastungen habe ich mit 1.400 Euro angegeben.
Die „Fangprämie“ des Kaufhauses in Höhe von 100 (!) Euro habe ich noch nicht beglichen ABER ANERKANNT (und werde sie, wenn ich die „Rechnung“ erhalte, begleichen).
Nun noch ein paar Fragen:
Mit welcher Bußgeldhöhe muss ich rechnen (was ist realistisch)?
Wenn das Verfahren wegen „Geringfügigkeit“ eingestellt wird: muss ich dann überhaupt eine Strafe/Bußgeld zahlen?
Dass bei Einstellung des Verfahrens kein Eintrag in das FZ erfolgt, weiß ich mittlerweile aber es gibt doch noch das BZR: erfolgt dort ein Eintrag? Wenn ja, wann wird der wieder gelöscht?
Fragen über Fragen. Vielen Dank für Antworten...


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"Peinlich"

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15 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9522x hilfreich)

Hallo,

Auflage nach § 153a ist meistens eine Geldauflage zugunsten der Staatskasse, oder eine Geldspende zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung.

Strafbefehlsverfahren heißt, daß es keine Gerichtsverhandlung gibt, sondern die Sache im schriftlichen Verfahren abgeurteilt wird.

Einstellung ist bei Ihnen recht wahrscheinlich, wenn noch nie vorher strafrechtlich in Erscheinung getreten. Entweder nach § 153 StPO (ohne Auflage/Buße) oder § 153a (mit Auflage/Buße)

Sonst: 30-60 Tagessätze X 1/30 des Nettoeink. (also 1800,- bis 3600,- EUR.)

Bei Einstellung weder FZ-, noch BZR-Eintrag



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"Gruß, Bob
(Sozialarbeiter in der Straffälligen- und Drogenhilfe)"

5x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Abend,

desweiteren müssen Sie bei einer Einstellung ohne Auflagen mit keiner Geldstrafe o.ä. rechnen.

Die Verhängung der jeweiligen Auflagen können Sie nicht beeinflussen, da diese im Ermessen des Staatsanwaltes liegen. Jedoch können Sie u.U. eine Transferierung von einer Geldauflage in eine Auflage zur Ableistung von Sozialstunden beantragen.

Vielen Dank für Ihr Kompliment. Es freut mich zu lesen, dass Sie mit den Beiträgen zufrieden sind.

Desweiteren freut es mich, dass Sie aus Ihrer Tat gelernt haben.

Mit freundlichen Grüßen,

2x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hausimausiei
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 33x hilfreich)

Hallo Bob,

Ihre Antworten finde ich sehr gut, nun meine Frage an Sie:

Was mir unlogisch erscheint:
Daß kein Eintrag ins BZR erfolgt bei Einstellen wegen Geringfügigkeit. Dann kann man doch gar nicht prüfen, ob jemand Ersttäter ist oder nicht, wenn er wieder was "Geringfügiges" für sagen wir 20 EURO mitgehen läßt! Habe einen kleinen Laden, und Ladendiebstahl ist ein echtes Problem zum Teil! Als die Polizei kam, sagte der Ladendieb aus, er sei Ersttäter, dabei habe ich den Mann im Laden einer Freundin auch schon "rumgucken" sehen- bei ihr fehlen auch Waren!

Würde mich freuen, wenn ich auch eine Antwort bekommen würde, auch wenn ich von der "anderen Seite" bin.

Gruß hausimausiei

3x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag,

das ist schon richtig. Beachten Sie aber bitte, dass eingestellte Verfahren jedoch im ZStVR (Zentrales Staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister) und in den diversen Polizeiregistern aufgeführt werden. Daraus ergibt sich dann, ob noch jemand Ersttäter ist, oder nicht.


Mit freundlichen Gruessen,

- Roenner -

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Pety
Status:
Beginner
(139 Beiträge, 29x hilfreich)

Hi,
was ich noch nicht so ganz verstanden habe ist, wann wird ein eingestelltes Vefahren aus diesem Zentralen Staatsanwaltschaftlichem Verfahrensregister gelöscht? In einem Beitrag hier von gestern oder vorgestern stand, nach zwei Jahren. Und dann, kann man ein eingestelltes Verfahren nicht mehr auf die schnelle Nachvollziehen? Oder bleibt es für immer da drin, eas ja irgendwie sinnig wäre, sonst wäre man ja bei einer Straftat nach zwei Jahren wieder "Ersttäter"!

11x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
hausimausiei
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 33x hilfreich)

Hallo BOBO,

danke für Deine schnelle und qualifizierte Antwort.

PETY, wenn ich Dich richtig verstehe, interessiert die Frage:
Wenn man -von mir aus und aus welchen Gründen auch immer- einmal eine Dummheit begangen hat, erlangt man dann jemals wieder seine reine Weste wieder zurück?
Ist jemals NIRGENDWO mehr eine Spur zu finden, die zum geringfügigen Ladendiebstahl in der Vergangenheit führt?
Ist es in 30 Jahren so, als sei nie etwas geschehen, oder steht der Ladendiebstahl, so geringfügig er auch gewesen sein mag, doch noch irgendwo in irgendeinem Archiv?
Richtig?

12x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Cyberfahnder
Status:
Schüler
(220 Beiträge, 20x hilfreich)

Ein "R" zu viel, BOBO, es heißt nur ZStV.
Ansonsten sind ihre Hinweise völlig zutreffend.

@ hasimausiei
Die strafverfahrensrechtlichen Vorschriften sind recht streng. Wenn die Löschungsreife eingetreten ist, dann darf die Registereintragung nicht mehr zu ihrem Nachteil verwendet werden.
Das BZR hat noch eine "Nachlaufzeit" von einem Jahr. Das ist auch vernünftig so, weil fehlerhafte Eintragungen oder Verfahrenswiederaufnahmen womöglich nachgepflegt werden müssen und zu längeren Speicherzeiten führen müssen.

Wegen des ZStV sind die einzelnen Staatsanwaltschaften die datenführenden Behörden. Die Richtigkeit der Registereintragung verantwortet nicht das ZStV, sondern die StA, die das Verfahren gemeldet hat. Über die Speicherdauer im ZStV hinaus muss die meldende StA die Daten deshalb etwas länger speichern, um sie nötigenfalls im Register aktualisieren und berichtigen zu können. Trotz starker Sicherungsmechanismen müssen Netz-, Datenbankstörungen oder menschliche Fehlentscheidungen schlussendlich abgesichert werden, um die Datenlöschung zu garantieren.

Die Löschfristen müssen in datenschutzrechtlich geprüften Errichtungsanordnungen bestimmt und dann eingehalten werden. In Verfahrensausdrucken sind die Daten dann nicht mehr sichtbar. Datenbanktechnisch könnten die Daten dann mit einigem Aufwand erkennbar gemacht werden, weil professionelle Datenbanken gelöschte Datensätze zunächst nur als gelöscht markieren, die Daten aber physikalisch vorhalten. Auch das hat seinen Sinn darin, dass technische oder menschliche Fehler korrigiert werden müssen. Endgültig gelöscht werden sie aufgrund periodischer Löschläufe oder Datenbankexporte, die nur die ungelöschten Daten enthalten. Dies ist auch datentechnisch nötig, damit die Datensammlungen schlank und die Performance erhalten bleibt.

Die nötigen Programme werden in zwei "konkurrierenden", jeweils sehr mächtigen und kompetenten Entwicklungsverbünden entwickelt, geprüft und gepflegt. "SIJUS" (künftig "web.sta", weil jetzt gerade eine neue Programmversion im Praxiseinsatz geprüft wird) umfasst jetzt 9 Bundesländer, "MESTA" 5. Meck-Pom und Berlin gehen selbständige Wege. Die Registerbehörden (Generalbundesanwalt wegen des BZR und des ZStV, Kraftfahrtbundesamt wegen des Verkehrszentralregisters - VZR) stellen zudem äußerst strenge Anforderungen daran, wie und in welcher Form zu welchem Anlass Daten anzuliefern sind.

Die polizeilichen Datensammlungen unterliegen ebenfalls gesetzlich vorgeschriebener Löschfristen. Nach der Strafprozessordnung muss die StA der Polizei in aller Regel den Ausgang des Verfahrens mitteilen. An dieser Mitteilung orientiert sich die Dauer, wegen der die Datenhaltung bei der Polizei zulässig ist.

In den verschiedenen Bundesländern sind hierzu automatische Prozeduren entwickelt worden. Ich weiß definiv, dass in den Bundesländern Bayern, Bremen und Sachsen-Anhalt ein automatischer Datenaustausch zwischen der Polizei und den Staatsanwaltschaften stattfindet. In Niedersachsen arbeiten wir gerade an den Einzelheiten.
Der automatische Datenaustausch verhindert nicht nur eine personalintensive Doppelerfassung von Verfahrensdaten, sondern garantiert im Endeffekt auch, dass alle rechtlich überalterten Daten effektiv gelöscht werden.

Woher ich das weiß?
Es ist mein Job.

Interessiert das überhaupt irgend jemanden?

-----------------
"Grüße vom
CyberFahnder
www.cyberfahnder.de"

2x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
hausimausiei
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 33x hilfreich)

Klar interessiert das, CYBERFAHNDER, danke!

Ob ein "geringfügiger" Ladendieb im Falle einer Fahrerflucht sagen wir 10 Jahre später dann wieder als "Ersttäter" gilt oder nicht, entscheidet sich also darüber, ob sein Ladendieb-Eintrag im Datendschungel von Polizei und Staatsanwaltschaft noch aufzufinden ist, so hab ich das bis jetzt verstanden!
Also lohnt es sich als Fahrerflüchtiger in einem solchen Fall seinen 10 Jahre zurückliegenden Ladendiebstahl NICHT anzugeben, weil die Ladendieb-Daten vermutlich GRÖßTENTEILS gelöscht sind, oder!
Blöd nur, wenn dann aber doch noch jemand drauf srößt, nicht wahr!

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Bob.Vila
Status:
Student
(2644 Beiträge, 438x hilfreich)

@ cyberfahnder: ...wirklich interessant! In der Genauigkeit war mir das bisher nicht bekannt!

-----------------
"fiat justitia et pereat mundus..."

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Cyberfahnder
Status:
Schüler
(220 Beiträge, 20x hilfreich)

@ hausimausiei:
Nee, verloren gehen die Daten eigentlich nicht und auch nicht außer Kontrolle. So lange die Verfahrensdaten berücksichtigt werden dürfen - dies gilt in erster Linie für die im BZR und im VZR (Verkehrszentralregister) - sind sie doppelt vorhanden (Redundanz).
Worauf es mir ankam war, die anschließenden Löschmechanismen zu skizzieren. Sie können also davon ausgehen, dass spätestens 2 Jahre nach Löschreife die Verfahrensdaten physikalisch endgültig vernichtet und unwiederbringlich sind.

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"Grüße vom
CyberFahnder
www.cyberfahnder.de"

1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo "Cyberfahnder",

danke für den Hinweis wegen dem ZStV.

Übrigens ein wirklich gelungener Beitrag und sehr interessant. Auch mir war dieses in diesen Details nicht bekannt. Wen das interessiert? Ich bitte Sie :)
Sehr gut!


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
hausimausiei
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 33x hilfreich)

@cyberfahnder

Dem kann ich mich wirklich nur anschließen! Ihr Beitrag ist sehr gut und wirklich interessant!

Bei einem geringfügigen Ladendiebstahl unter 50 EURO:
Wann ist da nun die Löschreife erreicht?

18x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
hausimausiei
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 33x hilfreich)

Alles klaro,
hab`s geschnallt,
die letzte Frage war zu speziell!
In juristische Bedrängnis möchte ich beim Antworten natürlich niemanden bringen!

Also meine neue Frage:

WO KANN ICH DENN GENAU ERFAHREN, wann die Löschreife für einen geringfügigen Ladendiebstahl erreicht ist?

Gruß und sorry nochmal,
hausimausiei

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9522x hilfreich)

Du kannst in den §§ 34f f., 46 BZRG und §§482 ff., 492 StPO nachlesen. (alles im www zu finden)

Bei einer Einstellung wird "normalerweise" nach 2 Jahren aus dem ZStV gelöscht, wenn nicht wg. eines der in § 483 StPO genannten Gründe länger gespeichert wird.

-----------------
"Gruß, Bob
(Sozialarbeiter in der Straffälligen- und Drogenhilfe)"

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
hausimausiei
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 33x hilfreich)

VIELEN DANK an alle Beitragschreiber!

gruß
hausimausiei

0x Hilfreiche Antwort

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