Geplante Verschärfung des §184b

30. August 2006 Thema abonnieren
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)
Geplante Verschärfung des §184b

Die Bundesregierung beabsichtigt offenbar die Strafbarkeit des Besitzes von Kinderpornografie auch auf den Besitz von pornografischen Schriften, die Jugendliche abbilden auszudehnen. Das grundsätzliche Vorhaben mag zwar - inbesondere es die Verbreitung pornografischer Schriften mit minderjährigen Darstellern betrifft - sinnvoll sein, ich frage mich jedoch, ob auch die Ausgestaltung durch einfach Ersetzung der Worte "pornografische Schriften die den sexuellen Mißbrauch von Kindern zum Gegenstand haben" durch "pornografischen Schriften die sexuelle Handlungen von, an oder vor Personen unter 18 Jahren zum Gegenstand haben" unter Beibehaltung des bisherigen Strafrahmens mit einer Mindestfreiheitstrafe von drei Monaten so sinnvoll ist. Nach der bisherigen Definition der Kinderpornographie handelt es sich bei kinderpornographische Schriften um Ergebnisse eines ohnehin erheblich strafbaren sexuellen Mißbrauchs. Insofern ist eine erhöhte Mindeststrafe für Verbreitung und Besitz auch als Maßnahme gegen den mit der Erstellung verbundenen Mißbrauch durchaus sinnvoll. Mit der Gesetzesänderung würde dieselbe Strafandrohung allerdings auch für die Abbildung rechtlich zulässiger sexueller Handlungen von oder mit Jugendlichen angewandt. Es ist sicherlich sinnvoll, dass insbesondere die Verbreitung stärker als bisher durch das Kunsturheberrechtsgesetz und den §201 StGB zu reglementieren, ich frage mich jedoch, ob eine Mindeststrafe von drei Monaten hier gerechtfertigt erscheint oder ob gerade für den Besitz nicht auch eine Geldstrafe ausreichend ist. Ich kann jedenfalls nicht nachvollziehen weshalb der Besitz von Bildern sexueller Handlungen von Jugendlichen schwerer zu bestrafen sein soll als der sexuelle Mißbrauch von Jugendlichen.

In der Begründung wird weiterhin darauf eingangen, dass es nicht strafwürdig erscheine, Jugendliche die innerhalb einer Beziehung im gegenseitigen Einverständnis pornographischen Schriften von sich herstellen und austauschen wegen des Besitzes zu verfolgen. Der Gesetzgeber meint aber offenbar, dass eine Strafverfolgung nicht erfolgt wenn dies dem Zweck der Norm nicht entspricht. Das mag zwar allgemeine juristische Praxis sein, ich denke jedoch, man sollte auch berücksichtigen, dass dieser nicht immer von allen Juristen in der selben Weise bewertet wird, wie sich etwa an der Strafverfolgung von Trägern von Anti-Nazi-Buttons durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Amtsgericht Tübingen wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole zeigt; insofern wäre es vielleicht angebracht, dies explizit als Ausnahme zu formulieren.

-- Editiert von danielB am 30.08.2006 13:43:29

Notfall oder generelle Fragen?

Notfall oder generelle Fragen?

Ein erfahrener Anwalt gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
DanniLex
Status:
Beginner
(58 Beiträge, 1x hilfreich)

Nicht nur sollen nun auch Darstellungen Jugendlicher als Kinderpornographie inkriminiert werden. Es kommt hinzu, daß auch Darstellungen, die reines Posieren zum Gegenstand haben als Kinderpornographie inkriminiert werden sollen.

Posierende Jugendliche, die bisher selbst in frei verkäuflichen, erotisch ausgerichteten Wochenzeitschriften durchaus üblich waren, würden dieser Logik nach nun als Kinderpornographie inkriminiert und selbst der Besitz solcher Darstellungen würde also strafbar. Die Ablichtung eines posierenden Kindes ohne weitere Handlungen soll nun deweiteren als sexueller Mißbrauch von Kindern gelten.

Ich sehe hier Abgrenzungsprobleme:

Wird das Ablichten eines Kindes am Strand nun als Herstellung von Kinderpornographie in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern bestraft?

Kann man bei einem pornographischen Bild mit Darstellern um die Anfang 20 von illegalen Darstellungen von 17-jährigen unterscheiden?

Die Schutzaltersgrenze soll auf 18 Jahre angehoben werden und es sollen nun auch Jugendliche für sexuelle Beziehungen zu anderen Jugendlichen in bestimmten Fällen bestraft werden können. Bislang konnten nach §182 StGB nur Erwachsene wegen sexuellen Kontakten zu Jugendlichen beschuldigt werden.

-- Editiert von DanniLex am 30.08.2006 18:58:25

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Jaffar
Status:
Frischling
(29 Beiträge, 4x hilfreich)

Was ist denn dann mit Bravo und co.?
Darin posieren doch auch Jugendliche, sogar komplett nackt!?


http://www.heise.de/newsticker/meldung/67546
-> würden diese Seitenbetreiber (u. Kunden) ab jetzt statt einem hohen Bußgeld mit hohen Haftstrafen zu rechnen haben?


Ist Nacktheit denn überhaupt noch erforderlich? Oder muss jetzt auch der Besitzer eines Otto-Kataloges mit Sanktionen rechnen, da dieser ja Fotos von Kindern im Bikini enthält?

-- Editiert von Jaffar am 30.08.2006 19:20:29

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
DanniLex
Status:
Beginner
(58 Beiträge, 1x hilfreich)

Der Heise Artikel bezieht sich auf die Indizierung entsprechender Inhalte (Darstellung von Kindern und Jugendlichen in "unnatürlich geschlechtsbetonter Haltung"). Diese indizierten Inhalte gelten als jugendgefährdend und dürfen Minderjährigen nicht zugänglich gemacht werden.

Soweit ich es erfahren habe, sollen jetzt Darstellungen von Kindern und Jugendlichen in "sexuell aufreizender Weise" (Posing) als Kinderpornographie klassifiziert werden. Dann wären Herstellung, Verbreitung und Besitz dieser Produkte verboten.

Bislang qualifizierten sich nur solche Darstellungen als Kinderpornographie, die den sexuellen Mißbrauch von Kindern (unter 14) zum Gegenstand hatten. Das Fotografieren nackter Kinder war legal.

Bravo und co. müssen schon seit 2003 darauf achten, Jugendliche nicht in "unnatürlich geschlechtsbetonter Haltung" darzustellen. Für diese Medien ändert sich also wenig.

Ich verstehe es so, daß man speziell auf Nacktaufnahmen abzielt.



-- Editiert von DanniLex am 30.08.2006 22:08:37

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>
Die Schutzaltersgrenze soll auf 18 Jahre angehoben werden und es sollen nun auch Jugendliche für sexuelle Beziehungen zu anderen Jugendlichen in bestimmten Fällen bestraft werden können. Bislang konnten nach §182 StGB nur Erwachsene wegen sexuellen Kontakten zu Jugendlichen beschuldigt werden. <hr size=1 noshade>

Die Änderung der Altersgrenzen im §182 StGB bezieht sich ausschließlich auf solche sexuellen Handlungen, die gegen Entgelt oder unter Ausnutzung einer Zwangslage erfolgen. Insofern dürfte sich diesbezüglich für die meisten Jugendlichen nichts ändern, es sei denn sie unterhalten sexuelle Kontakte zu minderjährigen Prostituierten.

quote:<hr size=1 noshade>
Wird das Ablichten eines Kindes am Strand nun als Herstellung von Kinderpornographie in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern bestraft? <hr size=1 noshade>

Eine Abbildung nackter Kinder wäre wohl nicht nach dem neuen §184b StGB strafbar. Der Gesetzestext spricht von pornographischen Schriften, die sexuelle Handlungen zum Gegenstand haben. Die Abbildung einer nackten Person an sich ist keine Pornografie und Nacktsein auch keine sexuelle Handlung, wenn allerdings durch Spreizen der Beine der Blick auf die Genitalien freigemacht wird, ist dies laut Begründung wohl ausreichend. Ob die Abbildung von Zungenküssen, die wohl als sexuelle Handlungen zu betrachten sind, pornographisch sein kann weiß ich nicht.

Ich denke, die wesentliche Änderung besteht darin, dass der neue §184b StGB auch Besitz, Erwerb und Verbreitung von Bildern, Filmen, ... solcher sexueller Handlungen unter Strafe stellt, die für sich gesehen vollkommmen legal sind und dabei nicht einmal einen Unterschied in der Strafandrohung macht.

Ansonsten hier noch, um die Diskussion zu erleichtern ein Link auf den Gesetzesentwurf:
<a href=
http://www.bmj.bund.de/media/archive/1308.pdf><font color=blue>http://www.bmj.bund.de/media/archive/1308.pdf </font></a>

0x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 267.704 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
108.205 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen