"Dumme" Frage: Gegenstand wegwerfen

5. November 2005 Thema abonnieren
 Von 
erklaerung_ueber
Status:
Schüler
(430 Beiträge, 52x hilfreich)
"Dumme" Frage: Gegenstand wegwerfen

Folgender Fall:
Ich nehme ohne Zueignungsabsicht jemand etwas weg, und stecke es beispielsweise in einem Briefkasten, oder auch Mülleimer.

Strafbar?

Gehen wir davon aus, dass das Handy keinen Schaden beim Hineinwerfen nimmt.

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20 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9521x hilfreich)

Na, daß ist ja so ein schöner 'Studentenfall'

Mal gucken, ob ich es richtig in Erinnerung habe:

Vorübergehende Zueignung mit dem Willen (bzw. dolus eventualis ausreichend) der dauerhaften Enteignung des Eigentümers = strafbar.

Wird die Sache später -mit Willen des Täters- zurückgegeben = straflose Gebrauchsanmaßung ('furtum usus')


Aber mal abwarten was unsere Volljuristen dazu sagen :)

-----------------
"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

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#2
 Von 
Bob.Vila
Status:
Student
(2644 Beiträge, 438x hilfreich)

quote:
Aber mal abwarten was unsere Volljuristen dazu sagen


Deine Erinnerung hat Dich nicht im Stich gelassen... Ich kann den Ausführungen nur zustimmen!

-----------------
"fiat justitia et pereat mundus..."

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#3
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

Das heißt mit der Entsorgung des Gegenstandes, bei der der Täter billigend in Kauf nimmt, dass sein Opfer ihn nicht wiederbekommt, macht sich der Täter strafbar?

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9521x hilfreich)

Ja.

Er muß ihn natürl. vorher 'weggenommen' haben, da die Wegnahme ja TB-Merkmal ist. Bei einer 'herrenlosen Sache' ( = keine Wegnahme iSv. § 242 möglich), wäre also keine Strafbarkeit gegeben.

-----------------
"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

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#5
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

Ich denke, wenn der Gegenstand den Namen des Besitzers trägt und leichtfertig in einen Briefkasten geworfen wird, kann man dem Wegnehmer unter Umständen noch glauben, dass er den Gegenstand nicht dauerhaft wegnehmen wollte und im Zweifel auch leichtsinnig darauf vertraut hat, dass der Briefkastenbesitzer sich schon darum kümmert. Ist es Unterschlagung wenn letzterer das Fundstück einfach behält? (erfordert eine Beihilfe, dass der Mittäter die Möglichkeit einer Unterschlagung bei seinem Handeln bedacht hat?)

-- Editiert von danielB am 06.11.2005 13:44:58

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#6
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Aber es ist doch völlig dem Zufall überlassen, ob die in einen Briefkasten geworfene Sache jemals wieder an den Eigentümer gelangt. Es könnte doch sein, dass ein radikaler Briefkastengegner sich durch den Briefkasten in seinen Menschenrechten verletzt sieht und ihn in einen See wirft. ;)

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#7
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

Natürlich könnte das passieren, aber so weit sollte 'billigend in Kau' nehmen ja nun wirklich nicht ausgelegt werden. Üblicherweise muss man wohl doch schon davon ausgehen (sonst dürften die Gerichte auch keine förmlichen Zustellungen in den Briefkasten werfen lassen) dass der Briefkastenbesitzer den Inhalt auch bekommt.

-- Editiert von danielB am 06.11.2005 16:56:10

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#8
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag,

quote:<hr size=1 noshade>erklaerung_ueber: Ich nehme ohne Zueignungsabsicht jemand etwas weg, und stecke es beispielsweise in einem Briefkasten, oder auch Mülleimer. Gehen wir davon aus, dass das Handy keinen Schaden beim Hineinwerfen nimmt. <hr size=1 noshade>
In diesem Fall macht sich der Täter nicht eines Diebstahls schuldig, sondern, je nach Umständen des Einzelfalles, einer Sachbeschädigung. Da jedoch auch die Sachbeschädigung ausgeschlossen ist, macht sich der Täter nicht strafbar, sondern setzt sich zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen aus.

Je nach Vorsatz des Täters ist jedoch eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung möglich.

Ein 'furtum usus' ist hier nicht gegeben, da der Rückgabewille des Täters fehlt.

quote:<hr size=1 noshade>DanielB: Das heißt mit der Entsorgung des Gegenstandes, bei der der Täter billigend in Kauf nimmt, dass sein Opfer ihn nicht wiederbekommt, macht sich der Täter strafbar? <hr size=1 noshade>
Das kommt darauf an, ob der Gegenstand dabei beschädigt worden ist, oder nicht. Wenn ja, kommt eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung in Betracht. Wenn nicht, handelt es sich um einen Fall der straflosen Sach- bzw. Besitzentziehung, welche nicht mit Strafe bedroht wird. In diesen Fällen haftet der Besitzentzieher jedoch nach dem zivilrechtlichen Deliktsrecht im Rahmen von Schadensersatzansprüchen.

quote:<hr size=1 noshade>Bob: Ja. Er muß ihn natürl. vorher 'weggenommen' haben, da die Wegnahme ja TB-Merkmal ist. Bei einer 'herrenlosen Sache' ( = keine Wegnahme iSv. § 242 möglich), wäre also keine Strafbarkeit gegeben. <hr size=1 noshade>
Nein, in diesen Fällen ist § 242 StGB mangels Zueignungsabsicht des Täters nicht gegeben. Die Wegnahme an sich ist somit in diesem Kontext irrelevant; es kann nicht auf § 242 StGB abgestellt werden.

quote:<hr size=1 noshade>DanielB: Ist es Unterschlagung wenn letzterer das Fundstück einfach behält? <hr size=1 noshade>
Ja.

quote:<hr size=1 noshade>DanielB: (erfordert eine Beihilfe, dass der Mittäter die Möglichkeit einer Unterschlagung bei seinem Handeln bedacht hat?) <hr size=1 noshade>
Ich weiss leider nicht, was Sie damit meinen.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


2x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9521x hilfreich)

Hallo Bobo.

Ich habe gerade noch mal ein wenig nachgelesen, und muß Dir zustimmen. Es ist scheinbar umstritten (wobei ich ja nur froh bin, daß anscheinend nicht nur ich, sondern auch Volljuristen wie bob.vila und -mangels Widerspruch- offenbar auch wastl den § 242 hier erfüllt gesehen haben ;) :))

So werden Deine Ausführungen z.B. gestützt von [Tröndle/Fischer 50., 1418, Rn. 36; MDR/D 76, 16; NJW 77, 1460 , 2272;] wo Zueignung verneint wird, wenn eine Sache weggenommen wird, um zu zerstören oder wegzuwerfen, ohne Gewinnung eines wirtschaftlichen Wertes.

Es wurde aber Zueignung bejaht [Tröndle/Fischer 50., 1418, Rn. 37; MDR 60, 689 ; GA 69, 306f.; NStZ 81, 63 ] im Fall entwendeter Schlüssel, die dann an unbekanntem Ort weggeworfen wurden.

-----------------
"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

Hallo Bobo,
ich meine folgendes. Wenn man einen namentlich beschrifteten Gegenstand in den Briefkasten einens anderen wirft und es für möglich hält, dass dieser ihn einfach behält (Unterschlagung), müßte man dann als derjenige, der den Gegenstand erst mitgenommen und dann der Verfügung des Briefkastenbesitzers ausgesetzt hat, deswegen mit einer Verfolgung wegen Beihilfe zur Unterschlagung rechnen?

Gruß
Daniel

-- Editiert von danielB am 06.11.2005 19:25:11

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Ich weiß natürlich auch noch, dass die Zueignungsabsicht gegeben sein muss, die allerdings fehlt, wenn von Anfang an beabsichtigt ist, die weggenommene Sache wegzuwerfen. Allerdings ist das ein ziemlich theoretischer Fall. Normalerweise wird weggenommen, dann festgestellt, dass man damit nichts anfangen kann, und DANN weggeworfen. Dann ist es ein Diebstahl. War da wohl durch die Praxis von der "reinen Lehre" etwas vertrübt ;)

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Ich weiß natürlich auch noch, dass die Zueignungsabsicht gegeben sein muss, die allerdings fehlt, wenn von Anfang an beabsichtigt ist, die weggenommene Sache wegzuwerfen. Allerdings ist das ein ziemlich theoretischer Fall. Normalerweise wird weggenommen, dann festgestellt, dass man damit nichts anfangen kann, und DANN weggeworfen. Dann ist es ein Diebstahl. War da wohl durch die Praxis von der "reinen Lehre" etwas vertrübt ;)

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9521x hilfreich)

Normalerweise wird weggenommen, dann festgestellt, dass man damit nichts anfangen kann, und DANN weggeworfen. Dann ist es ein Diebstahl. War da wohl durch die Praxis von der reinen Lehre etwas vertrübt

Das passiert mir auch regelmäßig :)
.
.

-- Editiert von !streetworker! am 06.11.2005 20:23:36

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Beruhigend. ;)

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

@wastl: Ich könnte mir dies als Umgang der Antifa mit NPD-Flugblättern vorstellen, wobei das dann wahrscheinlich an das Staatsschutzdezernat geht.

Ansonsten: Wenn man etwas wegnimmt um es vielleicht zu behalten, ist das dann Diebstahl mit Eventualvorsatz?

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Daniel,

vielleicht hast du Recht und wir sollten uns nach der längeren Zeit, die wir hier miteinander schon zutun haben, das Förmliche mal beiseite lassen.

quote:
Wenn man etwas wegnimmt um es vielleicht zu behalten, ist das dann Diebstahl mit Eventualvorsatz?
Nein, denn es gibt keinen 'Diebstahl mit Eventualvorsatz' bezüglich der Zueignung. Für die Zueignung ist Absicht erforderlich, somit Vorsatz 1. Grades.


Viele Grüße,

- Roenner -


0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Bob,

quote:
So werden Deine Ausführungen z.B. gestützt von [Tröndle/Fischer 50., 1418, Rn. 36; MDR/D 76, 16; NJW 77, 1460, 2272;] wo Zueignung verneint wird, wenn eine Sache weggenommen wird, um zu zerstören oder wegzuwerfen, ohne Gewinnung eines wirtschaftlichen Wertes.

Es wurde aber Zueignung bejaht [Tröndle/Fischer 50., 1418, Rn. 37; MDR 60, 689; GA 69, 306f.; NStZ 81, 63] im Fall entwendeter Schlüssel, die dann an unbekanntem Ort weggeworfen wurden.

Das liegt daran, dass im letzten Fall der Schlüssel in seiner Funktionalität gebraucht wird; der Täter sich somit die Sachsubstanz zeitweilig aneignet. Daran ändert nichts, dass der Täter die Sache danach vernichten will, oder wie hier die Sache dem Zufall überlassen will. Dann ist richtigerweise von einer Zueignung auszugehen. Die Aneignungskomponente muss ja nicht dauerhaft sein im Gegensatz zur Enteignungskomponente. Beides ist im letzteren Fall gegeben, so dass von einer Zueignung gesprochen werden kann.

Im ersteren Fall hingegen fehlt die Aneignungskomponente, da, wenn auch nur theoretisch, der Täter die Sache sich nicht aneignen wollte, sondern diese nur mit dem alleinigen Willen entwendete, um diese zu zerstören usw.


Viele Grüße,

- Roenner -


0x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Wastl,

da kann man mal sehen, dass die Fragen hier umfassend bewertet werden, sowohl von Praxis als auch von der Theorie usw. Wenn das kein Service ist :)


Viele Grüße,

- Roenner -


0x Hilfreiche Antwort

#19
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Daniel,

quote:
Wenn man einen namentlich beschrifteten Gegenstand in den Briefkasten einens anderen wirft und es für möglich hält, dass dieser ihn einfach behält (Unterschlagung), müßte man dann als derjenige, der den Gegenstand erst mitgenommen und dann der Verfügung des Briefkastenbesitzers ausgesetzt hat, deswegen mit einer Verfolgung wegen Beihilfe zur Unterschlagung rechnen?
Nein, denn für eine Behilfe ist eine Unterstützungshandlung zu einer rechtswidrigen Tat nötig. Diese ist aber im Zeitpunkt des Einwerfens in den fremden Briefkasten noch nicht geschehen.


Viele Grüße,

- Roenner -


0x Hilfreiche Antwort

#20
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

@ Bobo
Ja, wenn wir erstmal dabei sind, sind wir geradezu unschlagbar ;)

@ Daniel.B
Nur noch zur Erläuterung: Beim Diebstahl gibt es zwei subjektive Aspekte. Zum einen den Vorsatz, einem anderen etwas wegzunehmen, also fremden Gewahrsam zu brechen und neuen, zumeist eigenen, zu begründen. Dafür reicht auch der dolus eventualis, wenn er also beispielsweise nicht ganz sicher ist, dass es eine fremde Sache ist (sie könnte ja herrenlos sein), es ihm aber egal ist und er sie trotzdem nimmt.
Nr. 2 ist die Zueignungsabsicht, also der Wille, sich das Ding zumindest dem Werte nach - und sei es nur vorübergehend - ins eigene Vermögen zu verfrachten. Und genau das macht der, der etwas nimmt, später aber erst entscheidet, dass er es nicht braucht.

0x Hilfreiche Antwort

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