Anwalt fordert ungefähr das doppelte Honorar wie der eigentlich strittige Betrag

27. August 2018 Thema abonnieren
 Von 
Alabasta
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 3x hilfreich)
Anwalt fordert ungefähr das doppelte Honorar wie der eigentlich strittige Betrag

angenommen, ein Mieter wird plötzlich und unerwartet schwer krank, so dass er sein Geschäft und damit seine einzige Erwerbsquelle schliessen muss. Er hat zwar noch ein paar kleine Rücklagen, von denen er aber nicht sehr lange überleben kann. Es ist absehbar, dass er bald HartzIV beantragen muss. Er erzählt davon seinem Vermieter. Da beide nicht wissen, dass es beim HartzIV-Antrag eine Freigrenze für Vermögen gibt, die viel niedriger liegt, als die relativ kleinen Ersparnisse, bietet ihm der Vermieter an, die Rücklagen für ihn zu verwahren. Der Vermieter eröffnet bei der örtlichen Sparkasse ein Konto und verspricht, dass der Mieter es nach Belieben nutzen kann. Der Mieter zahlt nach und nach seine Rücklagen ein, doch als er sie wieder zurückhaben will, verweigert die Vermieter die Auszahlung. Nach monatelanger Diskussion stellt der Mieter seine Mietzahlungen vorübergehend ein, und schickt stattdessen dem Vermieter jeden Monat eine Abrechnung, in der er sein Guthaben mit der jeweils fälligen Miete verrechnet. Nachdem alles ausgeglichen ist, wird die Miete wieder pünktlich überwiesen. Der Vermieter schickt dem Mieter daraufhin eine fristlose, hilfsweise auch eine ordentliche Kündigung, wegen Nichtzahlung von mehr als 2 Monatsmieten. Kurz darauf wird Räumungsklage eingereicht. Nun nimmt sich der Mieter einen Rechtsanwalt und beauftragt ihn mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Er erteilt dem RA Vollmacht für die Räumungsklage. Der Anwalt des Vermieters schreibt nach ca. 4 Wochen einen Brief an den Anwalt des Mieters, dass der Vermieter die Wohnung besichtigen möchte und schlägt auch gleich einen Termin vor. Ohne konkrete Besprechung wird der Besichtigungswunsch vom Rechtsanwalt abgelehnt. Der Mieter erhält daraufhin von seinem Anwalt eine Rechnung für seine Tätigkeit in der Räumungsklage und eine weitere Rechnung in gleicher Höhe für seine Tätigkeit für die Ablehnung der Besichtigung. Er hat für die Räumungsklage also praktisch das doppelte Honorar eingefordert. Ist das so korrekt?

PS: Das soll nur beispielhaft die Vorgehensweise des Rechtsanwalts verdeutlichen. In Wirklichkeit hat er aus der Räumungsklage ohne Absprache noch drei weitere Fälle rausgezogen, so dass er im Endeffekt das Vierfache der einfachen Räumungsklage einfordert. Insgesamt beträgt das Anwaltshonorar jetzt etwa das Doppelte der strittigen Forderung.

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Rechtsanwalt Thomas Bohle
Status:
Schüler
(470 Beiträge, 418x hilfreich)

@Alabasta
Bei einer Räumungsklage gilt in der Regel der gesetzlich vorgegebene Gegenstandswert von 12 Monatsmieten, nach dem dass die Vergütung zu berecnen ist. Dann kann es durchaus sein, dass die RA-Kosten nach dem RVG höher sind, als der strittige Betrag.
Das liegt aber mitnichten dann am Rechtsanwalt, sondern an der gesetzlichen Vorgabe, die der Rechtsanwalt einzuhalten hat - und mal ist es zum Nachteil des Mandanten, mal zum Nachteil des Rechtsanwaltes. Daher kann eine Vergütungsvereinbarung sindvoll sein.

Zu den anderen "rausgezogenen" Fällen, fehlen jegliche greifbaren Tatsachen.

MfG

RA Thomas Bohle

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#2
 Von 
Alabasta
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 3x hilfreich)

für die Räumungsklage hat der Anwalt eine 1,3-fache Gebühr aus dem Gegenstandswert berechnet. Das wäre ja völlig ok, aber unterm Strich fordert er jetzt das Vierfache. Einen der "rausgezogenen" Fälle habe ich doch geschildert. Das ist die Abwehr der Wohnungsbesichtigung. Auch hierfür berechnet er eine 1,3-fache Gebühr aus dem Gegenstandswert.

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#3
 Von 
Rechtsanwalt Thomas Bohle
Status:
Schüler
(470 Beiträge, 418x hilfreich)

"Ohne konkrete Besprechung" haben Sie geschrieben, wobei ich ehrlich gesagt nicht genau weiß, was eine "unkonkrete Besprechung" sein soll.
Sollten Sie Besichtungstermine nun abgelehnt werden, oder nicht?
Allerdings wird er den Streitwert dann nicht mit dem der Raumungsklage ansetzen können.
Aber ohne Kenntnis der Gesamtumstände, der Rechnungen kann man nur orakeln - damit ist Keinem gedient.

Offenbar hat er neben der Räumungsklage auch andere Sachen nun einmal erledigt, wobei der Auftrag wohl nach Ihrer Einschätzung nicht erteilt, nach Auffassung des Kollegen sehrwohl erteilt worden ist; beweispflichtig für die Beauftragung wäre der Kollege.

MfG
RA Thomas Bohle


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#4
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16464 Beiträge, 9282x hilfreich)

Die Frage ist wohl eher, ob die Ablehnung der Besichtigung durch den Mieteranwalt überhaupt eine neue Angelegeheit im Sinne des Gebührenrechts ist, die separate Gebühren auslöst.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#5
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

Zitat (von Alabasta):
Insgesamt beträgt das Anwaltshonorar jetzt etwa das Doppelte der strittigen Forderung.


Das liegt am Gebührenrecht. Wenn du auf 1 Cent klagst, zahlst du sogar ungefähr das zigtausendfache der Forderung an Anwaltskosten. ;)

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#6
 Von 
Alabasta
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 3x hilfreich)

"Die Frage ist wohl eher, ob die Ablehnung der Besichtigung durch den Mieteranwalt überhaupt eine neue Angelegeheit im Sinne des Gebührenrechts ist, die separate Gebühren auslöst."

ja genau, das ist meine Frage. Kann der Anwalt da einen neuen Fall draus machen? Eine neue Vollmacht wurde auf jeden Fall nicht ausgestellt.

"Das liegt am Gebührenrecht. Wenn du auf 1 Cent klagst, zahlst du sogar ungefähr das zigtausendfache der Forderung an Anwaltskosten."

das ist mir natürlich klar, aber hätte der Anwalt in so einem Fall dann nicht die Pflicht, den Mandanten darauf hinzuweisen? Dass es keinen Sinn macht, doppelt so viel Gebühren zu zahlen, wie der strittige Betrag?

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Rechtsanwalt Thomas Bohle
Status:
Schüler
(470 Beiträge, 418x hilfreich)

Eine schriftliche Vollmacht muss auch nicht ausgestellt werden. Es kommt auf den Inhalt der (konkreten/unkonkreten) Besprechungen an.

Kein einheitlicher Rahmen liegt z.B. vor, wenn verschiedene Gegenstände wie unterschiedliche Trennungsfolgesachen nur in unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht werden können und die Verfahren sich auch völlig auseinander entwickeln können (OLG Düsseldorf 14.10.08, Az.: II-10 WF 13/08 ).

Und das wird man bei Kündigung und Besichtigung ebenfalls bejahen müssen.

Das bedeutet, es sind schon unterschiedliche Verfahren aber es kommt eben auf die Beauftragung (die auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann) an.

MfG

RA Thomas Bohle

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

Zitat (von Alabasta):
Dass es keinen Sinn macht, doppelt so viel Gebühren zu zahlen, wie der strittige Betrag?


Macht es doch. In der Regel muß ja die Gegenseite, wenn sie im Unrecht ist, deine Anwaltskosten erstatten (sofern sie in Verzug war).
Wäre dem nicht so, könnte ich dich folgenlos um 1 Cent oder auch 100 EUR betrügen, weil es dich teurer käme, das Geld einzuklagen. ;)

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Alabasta
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 3x hilfreich)

In dem Fall hat aber der Anwalt eigenmächtig, d.h. ohne dass darüber gesprochen wurde, drei weitere Fälle eröffnet. Die geschilderte Wohnungsbesichtigung ist dafür nur ein Beispiel. Auch wenn die Abwehr der Räumungsklage gewonnen wird, werden die anderen Fälle sicherlich nicht erstattet. Hätte der Mieter beispielsweise gewusst, dass er für die Abwehr der Wohnungsbesichtigung genau so viel bezahlen muss, wie für die eigentliche Räumungsklage, hätte er seine Wohnung sicherlich besichtigen lassen.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Rechtsanwalt Thomas Bohle
Status:
Schüler
(470 Beiträge, 418x hilfreich)

"Hätte der Mieter beispielsweise gewusst, dass er für die Abwehr der Wohnungsbesichtigung genau so viel bezahlen muss, wie für die eigentliche Räumungsklage, hätte er seine Wohnung sicherlich besichtigen lassen."

Also wurde doch darüber gesprochen, oder?
Wie sollte der Anwalt auch sonst dazu kommen, gegen Bisichtigungstermine vorzugehen?


Dann aber kann "ohne dass darüber gesprochen wurde" irgendwie nicht stimmen.


MfG

RA Thomas Bohle

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