eBay-Kaufvertrag wenn Artikel abhandenkommt?

21. Juni 2010 Thema abonnieren
 Von 
M.Neukert
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
eBay-Kaufvertrag wenn Artikel abhandenkommt?

Bisher hatte ich die Informationen zum Vertragsschluss bei eBay-Auktionen, die vorzeitig beendet werden, immer so verstanden, dass zunächst ein Vertrag zustandekommt und dann muss sehen, ob was dagegen spricht.

Nun steht aber im § 10 Nr.1 eBay-AGB u.a.

quote:
Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.

Das "es sei denn" hört sich so an, als würde in bestimmten Fällen gar nicht erst ein Vertrag zustandekommen. Beispiele werden auch genannt, wenn u.a. ein Artikel verloren gegangen ist.

Meine Frage lautet nun: Woraus ergibt sich, dass erstmal ein Vertrag geschlossen wurde, selbst wenn der Verkäufer behauptet, er durfte vorzeitig beenden?

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Klagdichreich
Status:
Bachelor
(3126 Beiträge, 482x hilfreich)

Das ergibt sich daraus, dass mit Gebotsabgabe zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen und zwingend zum Vertragsschluß führen.
Es wird bei Ebay NICHT von einer "Inviatio ad offerendum" ausgegangen, die dem VK noch einen Vertragsschlußvorbehalt einräumen würde (wie es sonst bei Angeboten im Internet oft der Fall ist).


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"Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz."

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#2
 Von 
M.Neukert
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

quote:
Das ergibt sich daraus, dass mit Gebotsabgabe zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen und zwingend zum Vertragsschluß führen.

Damit finde ich also nirgendwo in den eBay-Regeln ausdrücklich, dass in jedem Fall zunächst ein Vertrag zustandekommt, sondern das ergibt sich, weil Angebot und Gebot verbindlich sind, wenn ich das richtig verstehe.

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0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
bogus1
Status:
Master
(4223 Beiträge, 1423x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Damit finde ich also nirgendwo in den eBay-Regeln ausdrücklich, dass in jedem Fall zunächst ein Vertrag zustandekommt, sondern das ergibt sich, weil Angebot und Gebot verbindlich sind, wenn ich das richtig verstehe. <hr size=1 noshade>


Ich verstehe das nur so, dass damit die Rechtslage wiedergegeben wird.

quote:<hr size=1 noshade>Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen. <hr size=1 noshade>


Also ist zu fragen, unter welchen Umständen ein Anbieter berechtigt ist, das Angebot zurückzunehmen und Gebote zu streichen.

Und das ist nur bei einer Anfechtungslage, wenn also der Anbieter seine auf Angebotsannahme gerichtete Willenserklärung anficht. Der typische Fall von § 119 Abs. 1 BGB . Bei berechtigter Anfechtung kommt auch kein Vertrag zustande. Die Anfechtung bewirkt, dass die entsprechende Willenserklärung im Nachhinein von Anfang an nichtig ist.


quote:<hr size=1 noshade>Der Zuschlag als Voraussetzung des Vertragsschlusses gemäß § 156 BGB ist, wie ausgeführt, eine Willenserklärung, das heißt die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtete Äußerung einer Person (BGHZ 149, 129 , 134 m.w.Nachw.). Der bloße Zeitablauf, mit dem die Internet-Auktion endet, ist keine Willenserklärung und vermag eine solche auch nicht zu ersetzen. Mit der Festlegung der Laufzeit der Internet-Auktion bestimmte der Kläger gemäß § 148 BGB eine Frist für die Annahme seines Angebots durch den Meistbietenden. Die vertragliche Bindung der Parteien beruht nicht auf dem Ablauf dieser Frist, sondern auf ihren innerhalb der Laufzeit der Auktion wirksam abgegebenen Willenserklärungen. Der bei der Internet-Auktion geschlossene Vertrag kam mithin nicht, wie die Revision meint, durch einen Zuschlag "unmittelbar durch Zeitablauf" zustande, sondern durch die Abgabe des Höchstgebots, mit dem der Beklagte das befristete Angebot des Klägers annahm. Daß dessen Angebot an den Meistbietenden gerichtet war und damit erst nach Auktionsende feststand, wer als Meistbietender Vertragspartner des Klägers geworden war, berührt die Wirksamkeit des Angebots nicht (vgl. BGHZ 149, 129 , 135). <hr size=1 noshade>


BGH Urteil vom 3.11.2004 VIII ZR 375/03

§ 119 Abs. 2 BGB kollidiert wiederum mit Rechten aus Gewährleistung.

****

quote:<hr size=1 noshade>Grundsätzlich sind alle bei eBay eingestellten Artikel verbindliche Angebote (vgl. § 10 Abs. 1 der eBay-AGB). Aus diesem Grund dürfen Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, nur dann Gebote streichen und das Angebot vorzeitig beenden, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind (vgl. § 9 Abs. 11 der eBay-AGB ).

Gründe für eine vorzeitige Angebotsrücknahme können sein:

*

Beim Einstellen des Artikels haben Sie sich bezüglich seiner maßgeblichen Beschaffenheit geirrt.
*

Die maßgebliche Beschaffenheit des Artikels hat sich in der Zwischenzeit verändert.
*

Sie können den Artikel nicht mehr verkaufen, da er in der Zwischenzeit verloren gegangen ist oder zerstört wurde.

Hinweis: Wenn Sie Ihr Angebot ohne berechtigten Grund vorzeitig beenden und bereits vorhandene Gebote streichen, machen Sie sich gegenüber dem bisherigen Höchstbieter unter Umständen schadensersatzpflichtig. Wenden Sie sich in Zweifelsfällen daher bitte an Ihren Rechtsanwalt oder eine andere Rechtsberatungsstelle, bevor Sie ein Angebot vorzeitig beenden bzw. Gebote streichen. <hr size=1 noshade>


http://pages.ebay.de/help/sell/end_early.html

Die Gründe die hier aufgezählt sind m. E. separat zu betrachten.

quote:<hr size=1 noshade>Beim Einstellen des Artikels haben Sie sich bezüglich seiner maßgeblichen Beschaffenheit geirrt. <hr size=1 noshade>


§ 119 Abs. 2 BGB ohnehin ein schwieriges Kapitel.

quote:<hr size=1 noshade>Unabhängig von der terminologischen Einordnung als Angebot bzw. Annahme, ist der Einlieferer insofern gebunden. Unzutreffend ist die Information durch eBay bereits insofern, als ein Irrtum über die Beschaffenheit zum Zeitpunkt des Einstellens zur Beendigung des Angebotes berechtigen soll. Diese Information zielt erkennbar auf die Voraussetzungen des § 119 Abs. 2 BGB ab, übersieht aber das diffizile Verhältnis zur kaufrechtlichen Mängelgewährleistung(17). Zwar greifen die Mangelgewährleistungsrechte erst mit Gefahrübergang ein, doch bereits vorher ist eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn der Verkäufer sich dadurch seiner Haftung nach dem Kaufmangelgewährleistungsrecht entziehen würde(18), wobei es konkret darauf ankommt, ob der Käufer diese Rechte geltend machen will(19). Davon wird aber regelmäßig auszugehen sein. Die Anfechtung ist mit dem ersten Gebot eines Käufers ausgeschlossen. Denn damit würde er in jedem Fall einem anderen, dem ersten Bieter, durch die Anfechtung die Gewährleistungsrechte entziehen. <hr size=1 noshade>


Richard Backhaus *
Widerruf, Irrtum und Leistungsstörungen bei Internet-Auktionen
JurPC Web-Dok. 88/2006, Abs. 1 - 16

quote:<hr size=1 noshade>Die maßgebliche Beschaffenheit des Artikels hat sich in der Zwischenzeit verändert. <hr size=1 noshade>


Keine Anfechtungslage, sondern eine Sache der Gewährleistung oder Unmöglichkeit.

quote:<hr size=1 noshade>Sie können den Artikel nicht mehr verkaufen, da er in der Zwischenzeit verloren gegangen ist oder zerstört wurde. <hr size=1 noshade>


Reine Unmöglichkeit, nur danach zu beurteilen, ob der Verkäufer die Unmöglichkeit zu vertreten = Haftung oder nicht. Niemand muss Unmögliches leisten.

"Verloren gegangen" impliziert Fahrlässigkeit = Haftung. Eine Zerstörung kann vorsätzlich, fahrlässig sein --> Haftung. Nur wenn der Verkäufer die Zerstörung nicht zu vertreten hat, wird er von der Leistung frei, ohne haften zu müssen.

Was eBay da veranstaltet, grenzt schon an Wahnsinn, es gaukelt dem Verkäufer vor, er wäre berechtigt eine Auktion vorzeitig zu beenden, er macht das auch und es kommt zu einem Vertrag mit dem Höchstbieter zum Spottpreis, der Verkäufer macht sich oft genug schadensersatzpflichtig, er hätte besser die Auktion durchlaufen lassen.

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#4
 Von 
M.Neukert
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Danke für die Ausführungen.

quote:
Die Anfechtung bewirkt, dass die entsprechende Willenserklärung im Nachhinein von Anfang an nichtig ist.

Das bestätigt doch aber nur, was ich meinte. Es kommt ein Vertrag zustande, der dann nach Anfechtung vielleicht von Anfang an nichtig ist, aber zunächst besteht ein Vertrag.


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