Erbe verschenkt - Anspruch auf Pflichtteil?

17. Oktober 2006 Thema abonnieren
 Von 
syes
Status:
Frischling
(23 Beiträge, 7x hilfreich)
Erbe verschenkt - Anspruch auf Pflichtteil?

Hallo,
folgendes ist passiert:
Mein Vater kaufte vor ca. 15 Jahren ein Grundstück. Das Haus darauf gehörte bereits meiner Mutter. Dieses wurde dann in Eigenleistung mit einem Freund um und ausgebaut. Das Grundstück mit Haus hatte einen Wert von ca. 200.000 €. Es ist aber noch nicht abbezahlt.
Mein Bruder war immer als Haupterbe vorgesehen, meine Schwester und ich sollten den Pflichtteil erhalten - damit sollte mein Bruder besonders abgesichert werden.
Jetzt erfahren meine Schwester und ich, dass der Freund, der bei den Baumaßnahmen geholfen hatte, die Hälfte des Grundstücks und die Hälfte des Hauses geschenkt bekommen hatte, zum Dank für seine Hilfe.
Außerdem wurde uns mitgeteilt, dass mein Vater unserem Bruder nun zur Hochzeit die andere Hälfte des Grundstückes und des Hauses geschenkt hat, meine Eltern haben Wohnrecht und Nutzungsrecht des Grundstücks auf Lebenszeit. Solange mein Vater lebt, wird er für Reparaturen selber aufkommen, sollte meine Mutte irgendwann aus Witwe dort leben, woll mein Bruder für evtl. Kosten aufkommen, da er später dort leben wird, und dies sein Eigentum erhält. Dies alles wurde uns jetzt aber nur mitgeteilt, weil die Frau meines Bruders nicht einsehen will, dass im Todesfall meines Vaters Kosten übernommen werden sollen, und meiner Schw. und mir auch noch der Pflichtteil ausgezahlt werden soll. Sie meint, wer Nutzen hat, soll auch zahlen. Ihre Familie nennt den Schenkungsvertrag "Betrug". Nun will mein Bruder auch auf Schichtdienste verzichten, weil dies sein Gehalt schmälert, seine Frau arbeitet nicht und will auch nicht arbeiten. Dies soll dazu führen, dass kein Geld da ist um die Pflichtteile auszuzahlen. Außerdem, und das ist der Grund, dass meine Schwe. und ich nun doch einmal Auskunft erhalten haben, sollen wir auf die Auszahlung des Pflichtteils verzichten (jedenfalls bis auf Weiteres), weil dann mein Bruder in finanzielle Schwierigkeiten geraten würde.
Auskünfte über den genauen Wert oder darüber, wieviele Schulden noch bestehen, erhalten wir nicht - dies ginge uns nichts an - so sagt man uns.

Meine Fragen sind folgende:
1. Bestehen für mich und meine Schwester Anspruch auf Auszahlung des Plichterbteils aus der ersten Schenkung der Hälfte des Grundstücks und des Hauses an den Freund?
2. Können wir auf Auszahlung des Pflichtteils aus der 2. Schenkung an meinen Bruder bestehen?
3. Haben wir Anrecht über die genauen Vermögensverhältnisse Auskunft zu erhalten? Wir wissen ja nicht einmal, wie hoch der Pflichtanteil sein würde.
4. Wie hoch ist der Plichteil?
5. An wen müsste man sich wegen der Auszahlung wenden - an den Schenker (meinen Vater) oder an den Beschenkten (der Freund und mein Bruder)?
6. Verjähren Erbansprüche aus Schenkungen (von denen wir allerdings nichts gewusst haben)?

Ich bin für jeden Tipp dankbar. Bevor ich einen Anwalt einschalte, würde ich nur sehr gerne wissen, in welche Richtung das ganze gehen würde.

Danke.

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"syes"

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47625 Beiträge, 16832x hilfreich)

zu 1.: Ein Anspruch auf Auszahlung eines pflichtteils besteht frühestens mit dem Tod eines Elternteils.

zu 2.: Nein. Und wenn die Eltern noch mehr als 10 Jahre nach der Schenkug leben, dann besteht gar kein Anspruch auf einen Pflichtteil.

zu 3.: Frühestens zum zeitpunkt des todes eines Elternteils

zu 4.: Dein Vater ist verheiratet und hat 3 Kinder. Dann beträgt der Pflichtteilsanspruch für jedes Kind 1/12 seines Nachlasses.

zu 5.: An den Beschenkten, da Voraussetzung für den Pflichtteilsanspruch der Tod des Schenkers ist.

zu 6.: Eine Erbanspruch aus Schenkungen hat man sowieso nicht. Es gibt allenfalls den Pflichteilergänzungsanspruch. Der entfällt aber, wenn der Schenker nach der Schenkung noch mehr als 10 Jahre lebt. Ob Ihr davon gewusst habt, spielt keine Rolle.

Nun will mein Bruder auch auf Schichtdienste verzichten, weil dies sein Gehalt schmälert, seine Frau arbeitet nicht und will auch nicht arbeiten.
Das ist auch völliger Quatsch. Sein Einkommen spielt überhaupt keine Rolle. Wenn er einen fälligen Pflichtteil nicht auszahlen kann, dann muss er notfalls das Haus verkaufen. Er macht es also genau falsch herum. Wenn er das Haus im Falle eines Falles behalten will, sollte er sich in die Lage versetzen, den Pflichtteil auszahlen zu können.

Das Haus darauf gehörte bereits meiner Mutter.
Wie meinst Du das denn? Haus und Grundstück sind untrennbar. Wem das Grundstück gehört, dem gehört auch das Haus. Man kann keine Eigentumsrechte an einem Haus auf einem fremden Grundstück erwerben.

Zum jetzigen Zeitpunkt einen Anwalt einzuschalten macht wenig Sinn. Ihr könnt jetzt ohnehin nichts machen.

Möglichkeiten, die Schenkung anzufechten oder anders rückgängig zu machen, sehe ich aus Eurer Schilderung ebenfalls nicht.

Wenn nach der Schenkung mehr als 10 Jahre vergehen, dann bleibt für den Nachlass bezogen auf das Haus nur das Wohnrecht, welches mit einer recht komplexen Berechnung in den Nachlasswert eingerechnet wird. Nach dem Tod des Vaters macht dann die Einschaltung eines Anwaltes Sinn, um die Ansprüche in vollem Umfang geltend machen zu können.

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#2
 Von 
syes
Status:
Frischling
(23 Beiträge, 7x hilfreich)

@hh

erst mal Danke für die ausführliche Antwort.

Das mein Bruder auf Einkommen verzichten will, weil er den Pflichtteil nicht auszahlen will, zeigt ja nur, wir wenig wir alle von der Sache verstehen und wissen, und wie kopflos es bei uns zugeht. Deswegen habe ich mich erst einmal an dieses Forum gewandt, um mich erst einmal grob zu informieren.

Aber es ist ja schon ein guter Hinweis, dass ich nur Ansprüche habe, wenn meine Eltern innerhalb von 10 Jahren sterben. Ich hoffe sehr, sie tun das und so verzichte ich natürlich nur zu gerne auf alles!

Das mit dem Haus und dem Grundstück war aber so. Die Stadt Düsseldorf stellte einigen ausgebombten Bürgen (hier meinen Großeltern) nach dem 2. Weltkrieg kleine Grundstücke zur Pacht zur Verfügung, um sich hier sogenannte "Behelfsheime" zu bauen. Dies waren z. T. schlimme Baracken, zum Teil aber auch schon kleine richtige Häuser. Die Grundstücke verblieben im Besitz der Stadt, die Gebäude gehörten den Pächtern. Viele dieser Leute haben die Grundstücke später gekauft, sie hatten Vorkaufsrecht und dann wurden richtige Häuser gebaut. Das Haus meiner Mutter war eine der "besseren" Behelfsheime und es ist im Laufe der Jahre immer wieder angebaut und ausgebaut worden. Meine Großmutter hatte pures Glück, dass in all den Jahren bis zu Ihrem Tod, niemals jemand das Grundstück kaufen wollte. Sie hat das Haus vor vielen Jahren meiner Mutter geschenkt und mein Vater hat dann später das Grundstück gekauft.
Und so kam es, dass hier jemandem ein Haus gehörte, aber das Grundstück nicht.

Danke noch mal

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"syes"

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47625 Beiträge, 16832x hilfreich)

Und so kam es, dass hier jemandem ein Haus gehörte, aber das Grundstück nicht.

An die Möglichkeit der Erbpacht habe ich in diesem Zusammenhang nicht gedacht. Da ist so etwas möglich.

Aber es ist ja schon ein guter Hinweis, dass ich nur Ansprüche habe, wenn meine Eltern innerhalb von 10 Jahren sterben. Ich hoffe sehr, sie tun das und so verzichte ich natürlich nur zu gerne auf alles!

Ganz so drastisch ist es nicht. Der Anspruch reduziert sich aber deutlich nach 10 Jahren, da ein Pflichtteil dann nur noch im Hinblick auf das Wohnrecht geltend gemacht werden kann.

Aber auch unter solchen Umständen solltest Du nicht Deinen eigenen Eltern den Tod wünschen.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
syes
Status:
Frischling
(23 Beiträge, 7x hilfreich)

@ hh

:)
Nein - natürlich tue ich das nicht.
Sie sollen ein glückliches, zufriedenes und langes Leben haben.

Da sie meine Schwester und mich aber faktisch so gut wie enterbt haben ohne den Mut zu haben uns dies mitzuteilen und zu begründen (und sie werden ja ihre Gründe haben) bin ich im Moment aber doch ziemlich sauer auf sie.

Vielen Dank.

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"syes"

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
sika0304
Status:
Schlichter
(7944 Beiträge, 2927x hilfreich)

Warum solltest du auf deine Eltern sauer sein? Man lebt und arbeitet ja nicht nur, um dann etwas vererben zu können.

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#6
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47625 Beiträge, 16832x hilfreich)

Ich verstehe Dich schon und wäre wohl auch sauer auf meine Eltern in so einer Situation.

Auch ich empfinde so etwas als eine faktische Enterbung, wobei die Eltern den betroffenen Kindern wenigstens eine Erklärung schuldig sind.

Auf der anderen Seite wird auch schnell vergessen, dass es sich um das Eigentum der Eltern handelt, bzw. gehandelt hat und sie damit machen können, was sie wollen. Dazu gehört auch das Recht, es zu verschenken.

und meiner Schw. und mir auch noch der Pflichtteil ausgezahlt werden soll.
Kann es eigentlich sein, dass der Schenkungsvertrag einen Passus enthält, der Deinen Bruder zur Auszahlung des Pflichtteils verpflichtet? So etwas gilt auch über die Grenze von 10 Jahren hinaus.

Bei einer Schenkung kann der Schenker natürlich Bedingungen stellen. Häufig werden dabei die Verpflichtung zur Auszahlung der Geschwister und die Verpflichtung zur Pflege der Eltern aufgenommen.

Was steht denn in Eurem Fall im notariellen Schenkungsvertrag?

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
syes
Status:
Frischling
(23 Beiträge, 7x hilfreich)

@sika0304

Warum ich sauer auf meine Eltern bin? Ganz einfach - weil sie nicht mit meiner Schwester und mir sprechen.
Natürlich ist es Íhr Eigentum und sie können damit tun, was sie möchten und natürlich ist unser aller Lebenszweck nicht der, zu vererben.

Aber ich denke, man sollte darüber sprechen. Der Grund, dass ich schon sauer über derartige Geheimaktionen bin, ist der, dass meine Schwester und ich immer gut sind zu helfen - und wir das auch immer gerne tun - und das ohne wenn und aber. Dafür sind wir eine Familie. Warum aber mein Bruder meinen Eltern nun aber nach seiner Hochzeit unterstützungswürdiger erscheint, als ihre Töchter, möchte ich zumindest erklärt haben. Mein Bruder war vorher schon als Haupterbe eingesetzt, wir Schwestern sollten sowie so nur unseren Pflichtteil erhalten. Dies haben wir schon ohne Streit und ohne Vorwürfe hingenommen, da wir einfach nur den Willen unserer Eltern respektiert haben (auch wenn das gefühlsmäßig schon gekniffen hat). Dass dies aber nun mit der Schenkung auch noch umgangen wird, und das ohne Begründung, finde ich persönlich nicht in Ordnung.

@hh
Ob ein derartiger Passus im Vertrag steht, weiß ich nicht. Bisher habe ich diesen Vertrag nicht gesehen, meine Eltern sind da sehr zurückhaltend. Aber vielleicht ist das ja so und die eigenartige Reaktion meines Bruders und seiner Frau erklären sich so. Ich habe mich für das WE jedenfalls mal bei meinen Eltern angemeldet und werde versuchen, ein klärendes Gespräch zu führen. Mal sehen, was dabei heraus kommt.






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"syes"

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
sika0304
Status:
Schlichter
(7944 Beiträge, 2927x hilfreich)

Hallo Syes,
wenn der Bruder das Haus bewohnt, dann sollte der in Zukunft halt selber alle Arbeiten daran verrichten.
Euren Eltern könnt ihr helfen, weil ihr das moralisch für richtig haltet, ohne auf ein Erbe zu schielen.
Vielleicht haben die Eltern Angst vor Gemecker?
Freut euch, dass ihr sie habt.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
syes
Status:
Frischling
(23 Beiträge, 7x hilfreich)

Hallo sika0304,
nein, sie haben keine Angst vor Gemecker. Eher anders herum. Wir haben mit unseren Eltern ein kompliziertes Verhältnis und es würde zu weit führen, dies hier ausführlich zu erklären. Aber definitiv - nein.
Natürlich freuen wir uns, dass wir sie haben und ich weiß auch was es wert ist, Eltern zu haben. Und ich schiele auch nicht auf ein Erbe, wenn ich irgendetwas für meine Eltern tue. Und ich wünsche mir von Herzen, dass sie so lange bei uns bleiben, wie immer es möglich ist.
Aber ich wünsche mir auch, von ihnen nicht missachtet zu werden, respektiert zu werden und gleich mit allen anderen Geschwistern behandelt zu werden.
Aber das ist alles ein anderes Thema und ich möchte mich hier auch nicht wirklich rechtfertigen müssen, weil ich mir wünsche anders behandelt zu werden.
Ich bin keine selbstgerechte, geldgierige Möchtegernerbin. Das soviel dazu. ;)
Am WE werden mein Mann und ich zu ihnen fahren, um mit ihnen ein klärendes Geespräch zu führen und ich denke, dann sind wir schon einen Schritt weiter.

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