Demenz & Testament

11. September 2018 Thema abonnieren
 Von 
Tinnitus
Status:
Lehrling
(1417 Beiträge, 649x hilfreich)
Demenz & Testament

Ein heikles Problem ist in der Verwandtschaft aufgetaucht. Folgende Situation:
Ehepaar, Berliner Testament, Erbe 1. Ordnung enterbt, Erben 2. Ordnung sind als Nacherben bestimmt.
Testament datiert auf 2001, Hinterlegung am Nachlassgericht 2016. So und jetzt kommt der Knackpunkt.
Einer der Erblasser hat seit 2014 schwere Demenz und hohe Pflegestufe. Der verstorbene Erblasser hat ebenso diverse "Kopfprobleme" und Demenz.
Frage: hat bei der Lage der Enterbte leichtes Spiel der Anfechtung, da das Testament hinterlegt wurde nach Feststellung erheblicher kognitiver Defizite(schwere Demenz u.a.m.)? Oder wird die Anfechtung schwieriger, da durch die Rückdatierung auf 2001 das Testament möglicherweise noch im Vollbesitz der geistigen Kräfte verfasst wurde?
Zusatzfrage: Den Enterbten stört scheinbar nur eine Passage im Testament. Bedeutet eine Anfechtung immer Anfechtung aller Verfügungen oder kann sich eine Anfechtung nur auf eine Passage beziehen?

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47491 Beiträge, 16808x hilfreich)

Zitat:
Oder wird die Anfechtung schwieriger, da durch die Rückdatierung auf 2001 das Testament möglicherweise noch im Vollbesitz der geistigen Kräfte verfasst wurde?


Aus welchem Umstand entnimmt der Enterbte, dass das Testament rückdatiert wurde? Alleine daraus, dass das Testament erst 2016 hinterlegt wurde?

Zitat:
Bedeutet eine Anfechtung immer Anfechtung aller Verfügungen oder kann sich eine Anfechtung nur auf eine Passage beziehen?


Wenn sic die Anfechtung auf eine Testierunfähigkeit stützt, dann kann nur das Testament insgesamt angefochten werden.

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#2
 Von 
Tinnitus
Status:
Lehrling
(1417 Beiträge, 649x hilfreich)

Stimmt, in Teilen anfechten macht bei der Begründung keinen Sinn.

Aufgrund der Lebensumstände wird nur vermutet, das eine Rückdatierung stattfand. Inhaltlich passt es nicht zu 2001. Der Verstorbene hat einen neurologischen Schaden und der Ehepartner Demenz (Pflegestufe 4). Jetzt stellt sich die Frage wie sich der Enterbte verhalten wird. Für die Enterbung ist auch kein Grund erkennbar. Im Gegenteil. Alle wundern sich.
Nimmt das Gericht 2001 als Ausstellungs-Datum an, dann wird er keine Testierunfähigkeit nachweisen können. Dann wird eher eine Pflichtteilbeanspruchung stattfinden. Andersrum ist eine Anfechtung vermutlich ein leichtes Spiel, denn die schwere Demenz würde bereits ausreichen, die seit einigen Jahren festgestellt ist.

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#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47491 Beiträge, 16808x hilfreich)

Ich nehme an, dass es sich um ein handschriftliches Testament handelt. Hinzu kommt, dass nach meiner Kenntnis sich die Handschrift bei Menschen mit Demenz deutlich verändert. Daher wäre es durchaus denkbar, dass man anhand eines Schriftvergleiches erkennen kann, ob das Testament in 2001 oder in 2016 verfasst wurde.

Die Behauptung, das Testament sei rückdatiert worden wird der Enterbte schon irgendwie belegen müssen.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12304.12.2021 20:52:31
Status:
Beginner
(118 Beiträge, 29x hilfreich)

Rein rechtlich von den Begriflichkeiten her ist da gar nichts anzufechten. Testierunfähigkeit ist kein Anfechtungsgrund. War der Erblasser testierunfähig und das Testament damit unwirksam, ist dies in einem Erbscheinsverfahren oder einer Erbenfeststellungsklage zu klären.

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#5
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1248x hilfreich)

ich entnehme dem Vortrag, dass der Erbfall noch gar nicht eingetreten ist. Noch wäre also Zeit für eine "Reparatur" des Konstruktes, wenn alle mitarbeiten und konstruktiv helfen. Das könnte ja der Fall sein, sofern der Enterbte wirklich nur ein Problem mit

Zitat:
eine[r] Passage im Testament.
hat.

Die Rechtssicherheit würde allen zugute kommen.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Tinnitus
Status:
Lehrling
(1417 Beiträge, 649x hilfreich)

Danke für den Input. hh hat den entscheidenden Hinweis gegeben. Die Schrift kann tatsächlich nur aus 2001 stammen. Bei zunehmender Demenz wurde die Schrift "zackiger". Damit lässt sich das nunmehr leichter lösen. Es sinkt die Wahrscheinlichkeit das Testament insgesamt anzuzweifeln und über den Weg des Pflichtteils sehe ich zu >90% die Wahrscheinlichkeit das Ganze innerfamiliär ohne Zwist zu lösen.
Solche Lösungen sind doch die Besten!

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6266 Beiträge, 1498x hilfreich)

Zitat:
Testament datiert auf 2001, Hinterlegung am Nachlassgericht 2016. So und jetzt kommt der Knackpunkt.
Einer der Erblasser hat seit 2014 schwere Demenz und hohe Pflegestufe.

Dann spricht nichts gegen die Gültigkeit des Testaments.
Davon abgesehen bedeutet Demenz nicht automatisch Testierunfähigkeit.
Zitat:
Frage: hat bei der Lage der Enterbte leichtes Spiel der Anfechtung, da das Testament hinterlegt wurde nach Feststellung erheblicher kognitiver Defizite(schwere Demenz u.a.m.)?

Nein.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

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#8
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38384 Beiträge, 13987x hilfreich)

Ich weiss nicht, warum man immer meint, Demenz allein ist ein Grund, dass ein Testament anfechtbar ist. Zum einen ist Demenz kein gleichbleibender Zustand, Demente haben durchaus völlig klare Phasen. Und selbst wenn nicht, es reicht völlig aus, dass sie im Augenblick des Schreibens des Testaments die Bedeutung dessen erfassen.

wirdwerden

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#9
 Von 
Tinnitus
Status:
Lehrling
(1417 Beiträge, 649x hilfreich)

In dem Fall gibt es hier keine klaren Phasen mehr und die ärztliche Bescheinigung für das Pflegeheim attestiert jegliche eigene Steuerung. Die eine Person unterschreibt alles was man ihr hinschiebt. Wenn dann der andere Erblasser, der infolge neurologischer Störung gerne alles um 180 Grad verdreht, ein Berliner Testament aufsetzt, dann könnt Ihr vielleicht die Diskussion in der Familie verstehen.
Mit Eurem Input geht das auch eher Richtung Deeskalation!

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Tinnitus
Status:
Lehrling
(1417 Beiträge, 649x hilfreich)

Es sollte natürlich heißen:

Zitat (von Tinnitus):
In dem Fall gibt es hier keine klaren Phasen mehr und die ärztliche Bescheinigung für das Pflegeheim attestiert das Fehler jeglicher eigener Steuerung. ...

Die Betroffenen haben ein Treffen vereinbart und die Chancen stehen gut, das es erst gar nicht zu einem Gerichtsdrama ausartet.
Danke für die guten Hinweise und die Aufklärung!

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