Ich frage mich, ob es irgendwie trotzdem angreifbar sein kann, wenn während der Probezeit das Arbeitsverhältnis beendet wird.
Der in Mathematik promovierte Marketingspezialist Dr. Mathbuse ist seit 20 Jahren in einem Gütersloher Großunternehmen G beschäftigt, für ein deutlich sechsstelliges Jahresgehalt. Dr. Mathbuse hat dort die fachliche Leitung für Konzeption, Durchführung und wissenschaftliche Auswertung von Marktforschungs- und Marketingaktionen.
Daraufhin wird er von einem Headhunter kontaktiert: Das Frankfurter Unternehmen M würde sich für ihn interessieren, weil es sein eigenes Marketing auf eine mehr wissenschaftliche, mathematisch begründete Basis stellen will. Dr. Mathbuse bekommt ein Angebot als fachlicher Leiter des Marketing bei M. Er freut sich, dass er hier richtig Gas geben kann, und zieht nach Frankfurt.
Seine Aufgabe bei M besteht dann darin, seinen Kollegen konkrete Ratschläge für deren Marketingaktionen zu erteilen, und diese Kollegen sind tief unzufrieden mit dem neuen "Eierkopf". Ihm wird vorgeworfen, sein ganze Mathegedöns diene doch nur dazu, sich hinter Formeln zu verstecken. Angeblich weiss ein erfahrener Marketingspezialist "aus dem Bauch heraus," wie eine Marketingaktion aussehen muss und ob sie einschlagen wird oder nicht.
Der Vorgesetzte von Dr. Mathbuse teilt ihm mit, dass ein richtiger Marketer vor allem sich selbst verkaufen können müsse. Weisungsbefugnisse habe Dr. Mathbuse nicht, denn "falsche" oder "sinnlose" Ratschläge muss natürlich niemand befolgen. Dr. Mathbuse würde einzig daran gemessen werden, ob seine Kollegen mit seinen Ratschlägen subjektiv zufrieden sind, und sich dadurch unterstützt fühlen.
Zum Ende der Probezeit kommt die Geschäftsleitung zu dem Schluss, dass aus der "wissenschaftlichen, mathematisch begründeten Basis" des Marketings wohl nichts werden wird. Der Widerstand im eigenen Haus ist zu groß. Die von den Kollegen erwartete Funktion als Marketingberater kann Dr. Mathbuse unter den geforderten Bedingungen nicht ausfüllen.
Im vorläufig befristeten Arbeitsvertrag war nicht definiert, was genau die Rolle als "fachlicher Leiter des Marketing" bei M beinhalten sollte. Dr. Mathbuse wird mitgeteilt, dass die ausdrücklich vorgesehene Umwandlung in einen unbefristeten Arbeitsvertrag selbstverständlich nicht stattfinden wird, und dass er in einem Monat arbeitslos sein wird.
Fragen: Dr. Mathbuse ist nicht an eigener Unfähigkeit gescheitert, sondern an der Unfähigkeit seiner Vorgesetzten und deren mangelnder Unterstützung. Ich finde es hochgradig unbefriedigend, wenn ein Unternehmen in dieser Situation einen neuen Mitarbeiter einfach "zurückgeben" kann wie bei einem Gebrauchsgüterkauf im Fernabsatz. Ich empfinde das Verhalten von M als einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Ist das wirklich einfach nur dumm für Dr. Mathbuse gelaufen?
-- Editiert von werwais am 16.08.2018 16:16
Treu und Glauben im Arbeitsrecht?
Arbeitsrechtlicher Notfall?
Arbeitsrechtlicher Notfall?
Probezeit oder in höheren Positionen Zeitverträge haben die Aufgabe, zu testen, ob es miteinander funktioniert. Hier hat es nicht funktioniert. Das ist normales arbeitsvertragliches Risiko.
wirdwerden
Dr. Mathbuse hat aus freien Stücken seinen 20 Jahre laufenden Vertrag gekündigt und sich in ein neues Wagnis gestürzt. Das Risiko war ja vorher bekannt und er hat es unterschrieben.
Wenn er das hätte vermeiden wollen, hätte er auf einen unbefristeten Vertrag ohne Probezeit bestehen müssen.
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Mit Treu und Glauben hat deine Falldarstellung rein gar nichts zu schaffen. In der Probezeit spielen eben nicht nur objektive Kriterien eine Rolle, die harten Fakten, sondern mindestens so viel, wenn nicht noch mehr die weichen Kriterien. Oder anders gesagt: wenn die Chemie nicht stimmt, nützt auch die beste Qualifikation nichts. Mit meiner Erfahrung möchte ich sagen, dass man als Vorgesetzter sehr viel schneller weiß, ob jemand in die Gruppe passt, als ob er fachlich wirklich geeignet ist. Den sozialen Faktor bekommt man ziemlich schnell raus, während das Fachliche mitunter Jahre braucht.
Ich habe noch darüber nachgedacht, unter welchen Umständen in deiner Falldarstellung gegebenenfalls das Prinzip von Treu und Glauben zum Zuge käme, respektive dessen Verletzung. Das wäre z.b. dann der Fall, wenn die ganze Sache von vorneherein unehrlich eingefädelt worden wäre. Also wenn es etwa eine heimliche Absprache gegeben hätte, etwa zwischen abgebender Firma und dem Headhunter oder abgebender Firma und aufnehmen darf, den man zu locken, um ihn dann rauswerfen zu können.
WEnn Firmenphilosophie und Mitarbeiter in leitender Position nicht zueinander passen, dann trennt man sich. Es geht nicht darum, wer objektiv die richtigeren Ansichten hat. Es geht einfach darum, dass Firma und Mitarbeiter nicht zueinander passen. Der Noch-Mitarbeiter sollte sich überlegen, dass es doch bei so Konstellationen letztlich ausgeschlossen ist, dauerhaft vernünftig zusammen zu arbeiten.
wirdwerden
ZitatTreu und Glauben zum Zuge käme, respektive dessen Verletzung. Das wäre z.b. dann der Fall, wenn die ganze Sache von vorneherein unehrlich eingefädelt worden wäre. :
Wenn ich richtig verstehe, dann wäre Treu und Glauben ausschließlich dann verletzt, wenn ein Arbeitsverhältnis nur zum Schein angeboten worden ist, und der Arbeitnehmer deshalb von vornherein eine Erfolgswahrscheinlichkeit von Null hatte.
Aus Sicht eines verständigen Lesers war Dr. Mathbuse ebenfalls schon vor Antritt der Stelle zum Scheitern verurteilt, hatte also von vornherein eine Erfolgswahrscheinlichkeit von Null.
Laut Fallschilderung wurde wurde Dr. Mathbuse von der Geschäftsleitung ausdrücklich dazu eingestellt, um das "Marketing auf eine mehr wissenschaftliche, mathematisch begründete Basis" zu stellen, und Dr. Mathbuses Arbeitsleistung wurde ausschließlich von Kollegen beurteilt, denen zufolge das "ganze Mathegedöns nur dazu dient, sich hinter Formeln zu verstecken." Diese Kollegen haben ausdrücklich verlangt, Dr. Mathbuse müsse "aus dem Bauch heraus," entscheiden, wie eine Marketingaktion aussehen muss und ob sie einschlagen wird oder nicht.
Die Pläne der Geschäftsleitung wurden also von den Untergebenen aktiv hintertrieben, und genau diesen Untergebenen wurde erlaubt, über die Zukunft von Dr. Mathbuse zu entscheiden, der die Pläne der Geschäftsleitung umsetzen sollte.
Bei dieser Konstellation stand das schlimme Ende für Dr. Mathbuse von vornherein fest. Das ist keine Frage von "Chemie" sondern von gegensätzlichen Interessen. Aber das ist unabwendbares Lebensrisiko, wenn der Geschäftsleitung kein Vorsatz zum Nachteil von Dr. Mathbuse nachzuweisen ist?
-- Editiert von werwais am 16.08.2018 21:10
Die Geschäftsleitung wollte was neues ausprobieren. Hat nicht geklappt, Dr. Mathbuse gelang es nicht seine Methode erfolgreich zu verkaufen. Das nennt sich "Pech gehabt".
Und "Treu und Glauben" ist ja auch keine Einbahnstraße. Dr. Mathbuse wusste um die experimentelle Grundlage des neuen Engagements - als Dr. wird es ihm geläufig sein, das Experimente auch mal schiefgehen können.
Zitat:Aber das ist unabwendbares Lebensrisiko, wenn der Geschäftsleitung kein Vorsatz zum Nachteil von Dr. Mathbuse nachzuweisen ist?
So ist es.
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