Strafmaßnahmen durch den AG legitim?

20. September 2003 Thema abonnieren
 Von 
Van Lent
Status:
Frischling
(29 Beiträge, 7x hilfreich)
Strafmaßnahmen durch den AG legitim?

Hallo zusammen,

ich brauche eine dringende Auskunft bezüglich willkürlich verhängter Strafmaßnahmen durch meinen Arbeitgeber. Selbst Kollektivstrafen werden mittlerweile praktiziert!

Die Situation stellt sich so dar:

Ich arbeite in einem Produktionsunternehmen, in dem vorwiegend Teilzeitkräfte auf 400 Euro – Basis leichte Verpackungshandarbeiten durchführen. Die „Kommandostruktur“ ist so aufgebaut, das die genannten Teilzeitkräfte in Produktionsgruppen zusammengefasst werden, die wiederum von sogenannten Gruppenleitern geleitet und betreut werden. Über all dem steht ein einzelner Schichtleiter und der Chef persönlich. Ich selbst bin dort als Gruppenleiter tätig.

Wegen diverser geringfügiger Produktionsfehler, die immer wieder einmal vorkommen, da die Teilzeitkräfte meist nicht sonderlich qualifiziert sind, hat der Chef nun sehr unkonventionelle Strafmaßnahmen ins Leben gerufen.

So müssen die Gruppenleiter wie auch die Teilzeitkräfte, nachdem ein Fehler gefunden wurde umgehend „ausstempeln“ und den Fehler dann quasi in ihrer Freizeit wieder beheben. Nachdem dies geschehen ist, darf wieder eingestempelt und regulär (bezahlt) weitergearbeitet werden. Sollten solche Produktionsfehler gegen Ende der Arbeitszeit auftauchen, dürfen die betroffenen Mitarbeiter nicht nach Hause, bis die erforderlichen Arbeiten getätigt sind.

Die Gruppenleiter nehmen ihre Arbeit morgens eine Stunde vor den Teilzeitkräften auf, um in dieser Stunde die anfallenden Arbeiten genügend vorzubereiten. Am vergangenen Dienstag ist bei meinen Kollegen etwas falsch gelaufen, sodass deren Teilzeitkräfte zu Arbeitsbeginn nicht gleich die Arbeit aufnehmen konnten. Als der Chef dies sah, zitierte er alle Gruppenleiter zu sich und meinte, „da Ihnen allen eine Stunde zur Arbeitsvorbereitung zur Verfügung steht und trotzdem Mitarbeiter zu Arbeitsbeginn untätig sind, muss ich davon ausgehen, das sie alle eine Stunde lang nicht gearbeitet haben und ich ziehe ihnen daher allen diese Stunde von ihrem Zeitkonto ab. Diese Maßnahme habe ich ihnen in vorausgegangenen Gesprächen angekündigt“.
Ich möchte darauf hinweisen, das ich die Arbeit für meine Gruppe eine Stunde lang akribisch vorbereitet hatte und ich von meinem Arbeitsbereich aus den der anderen Kollegen nicht einsehen kann! Das definiere ich doch ganz klar als Kollektivstrafe, oder liege ich da falsch??? Außerdem trägt der Schichtleiter doch eigentlich die Verantwortung.

Ich überlege nun rechtlich dagegen vorzugehen. Kann mir jemand sagen, ob all das rechtmäßig ist und auf welche Gesetze ich mich berufen kann??? Ich bin wirklich verzweifelt!

Vielen Dank im Voraus!

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
webcasi
Status:
Praktikant
(566 Beiträge, 44x hilfreich)

Sag mal, ob das nun durch einen anderen Gruppenleiter oder durch Dich passiert ist. Praktizierst Du diese Strafmassnahmen an den Mitarbeitern? Ich glaube das hört sich an wie im Sklaventum und jeder Mensch macht mal Fehler!

Ich würde mir die generelle Frage stellen ob es da um die eine Stunde geht, oder ob es generell etwas schief läuft bei Euch.

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#2
 Von 
TomH
Status:
Schüler
(243 Beiträge, 60x hilfreich)

Ich denke, Sie sollten sich schnellstens an die für Sie zuständige Gwerkschaft wenden und dann schleunigst zusehen, dem Arbeitgeber einen Betriebsrat vor die Nase zu setzten.
Da ja im Endeffekt alle davon betroffen sind, kann es ja nicht allzu schwierig sein, dafür passende Mitstreiter zu finden.

Gruss
TomH

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#3
 Von 
Van Lent
Status:
Frischling
(29 Beiträge, 7x hilfreich)

Schön, das ich mit meiner Meinung nicht alleine dastehe.

Ich habe auch schon die Gründung eines Betriebsrates angeregt, zumal ich in meiner letzten Firma auch recht engagiert im Betriebsrat tätig war. Allerdings haben mir Mitarbeiter von Ex-Kollegen (vor meiner Zeit dort) berichtet, die ganz schnell „verschwunden“ sind, nachdem sie eine Betriebsratgründung angesprochen hatten. Entsprechend war die Resonanz auf meinen Vorschlag.

Die Gewerkschaftszugehörigkeit in diesem Unternehmen ist übrigens nahezu gleich null.

Das Problem ist aber auch, das es ausschließlich befristete Arbeitsverträge gibt und die Mitarbeiter entsprechend Angst haben, keine Verlängerung zu bekommen. Gerade bei der jetzigen Arbeitsmarktsituation. Ich selbst bin jedoch lieber arbeitslos, als mich jeder erdenklichen Arbeitgeberwillkür auszusetzen!
Daher werde ich, wie schon gesagt, nun rechtliche Schritte ergreifen. Die Frage ist halt nur, ob ich auch ganz sicher Aussicht auf Erfolg habe. Kann mir jemand bestehende Gesetze nennen, gegen die der AG verstößt?

Meine Rechtschutzversicherung umfasst auch arbeitsrechtliche Belange. Bekomme ich denn meine Selbstbeteiligung an den Anwaltskosten ersetzt, wenn das Verfahren zu meinen Gunsten ausgeht?

Wie genau verfährt ein Anwalt zunächst, wenn ich ihn der Angelegenheit betraue?

Fragen über Fragen... Ich bin für jede Information dankbar!

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
TomH
Status:
Schüler
(243 Beiträge, 60x hilfreich)

Erst einmal sollten Sie das Ihnen "gestrichene" Gehalt sprich Stundenkürzung schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber geltend machen. Das können Sie und die anderen Betreffenden alleine, ohne Anwaltsvertretung. (... ich fordere Sie auf, mir die von mir geleistete Arbeitszeit, von Ihnen jedoch nicht vergütete Arbeitszeit i. H. v...Euro, bis zum 14 Tage Frist...)
Ein AR-Anwalt würde vermutlich auch erst einmal nichts anderes tun.
Erst danach (!) Leistungsklage zuzügl. minim. 5% Zinsen erheben. Die Aussicht auf Erfolg ist m. E. hier in Ihrem Sinne. Darüber machen Sie sich mal keine Sorgen. Der AG verstösst bei seinen Sanktionen gegen kein Gesetz im Sinne des BetrVG - weil es gibt für so etwas keine gesetzl. Regelung im BetrVG. Fraglich wäre, ob hier nicht eine ungerechtfertigte Bereicherung nach StGb. vorliegen könnte...
Wer einen befristesten Arbeitsvertrag hat, aber dann im BR ist - der sieht ggf. einem unbefristeten Arbeitsvertrag entgegen...
Ich kann Ihnen hier nicht mehr dazu sagen, da es letztendlich gegen das Rechtberatungsgesetz verstossen würde. Machen Sie Ihren Anspruch geltend, danach zum Anwalt und wenn Sie den Nerv dazu haben, versuchen Sie mit Hilfe Ihrer Gewerkschaft klar Schiff zu bekommen und den Mitarbeitern die Angst zu nehmen sich zu wehren, die Karten dafür haben Sie allemal in der Hand.
Beim AG ist es so - 1. Instanz, zahlen Beide ihre Kosten selbst (also fliesst Ihre Selbstbeteiligung mit ein)
2. Instanz - Verliehrer zahlt.
Das mal allgemein zusammengefasst, auf jeden Fall rate ich Ihnen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen um Ihre Interessen zu wahren.
Und im Übrigen, das BetrVG sagt aus: ...mit in der Regel mehr als 5 beschäftigten Arbeitnehmern... sind Betriebsräte ...zu wählen... (Nicht oder, könnte, vielleicht, eventuell, ggf, nein - "sind")
Vielleicht können Sie ja doch die Wahl eines BR in Gang bringen!

mfg
TomH

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#5
 Von 
Van Lent
Status:
Frischling
(29 Beiträge, 7x hilfreich)

Vielen Dank, ich werde meine (unsere) Forderungen zunächst schriftlich fixieren und dem AG zukommen lassen. Außerdem wird ein Rechtsanwalt hinzugezogen.

Alles andere wird sich in den nächsten Wochen zeigen!

Gruß,
M. van Lent

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