Machen Klagen gegen Kündigung überhaupt einen Sinn

28. März 2010 Thema abonnieren
 Von 
Morcheeba
Status:
Lehrling
(1421 Beiträge, 182x hilfreich)
Machen Klagen gegen Kündigung überhaupt einen Sinn

Guten Morgen,

bin seit jeher selbständig und habe daher - womöglich zum Glück - selbst keine Sorgen rund ums Arbeitsrecht.

Aber im Umfeld bekomme ich so einiges mit.

Meine Frage an Euch mit Erfahrung: Macht es überhaupt Sinn, in einem kleineren Unternehmen (wo man jedenfalls ständig dem Chef begegnet und vielleicht nicht groß die Abteilung wechseln kann) auf sein Recht zu pochen?

Ist es nicht ohnehin "vorbei", sobald man sich gegen den Chef auflehnt?

Habe es gerade miterlebt, dass jemand erfolgreich darauf klagte, den Lohn pünktlich ausbezahlt zu bekommen. Kurz nach dem Urteil unterstellte ihm der Chef, ihn körperlich angegriffen zu haben und kündigte fristlos, hilfsweise ordentlich.

Sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung gingen durch. Die Kündigungsklage wurde abgewiesen.

Habe es auch schon bei anderen miterlebt: Wird auf das Recht bestanden, ist man raus. Egal wie.

Es heißt aber doch immer, die Arbeitsgerichte seien AN-frendlich.

Wie empfindet Ihr das?

Schöne Grüße und einen erholsamen Sonntag

Morcheeba




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3 Antworten
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#1
 Von 
MitEtwasErfahrung
Status:
Lehrling
(1840 Beiträge, 485x hilfreich)

quote:
Es heißt aber doch immer, die Arbeitsgerichte seien AN-frendlich.


Das ist aus meiner Erfahrung heraus nur ein Gerücht und wird vermutlich aus naheliegenden Gründen nur von Arbeitgebern behauptet.

Wenn der AG in den Augen des Gerichts eine ausreichende Abfindung anbietet, setzen viele Gerichte alles daran, eine Einigung zu erzwingen. Sie drohen dann damit, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat Selbst Fehlurteile werden da von manchen Richtern dabei sogar in Kauf genommen. Verschleppungstaktik durch die Gerichte ist da auch nicht ausgeschlossen.

Was so alles dabei passiert zeigt folgender Münchner Fall recht deutlich:
http://lexetius.com/2002,1354
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20000407_1bvr008100.html

So ein Verfahren über 14 Jahre kann sich eben in der Realität kaum ein Arbeitnehmer leisten. dass er parallel auch noch zum Bundesverfassungsgericht getrieben wurde, ergibt ein sehr schlechtes Bild von der Deutschen "Rechtsprechung". In dem obigen Fall war der Rechtsstreit nach 14 Jahren noch keinesfalls beendet, erst die Kündigung von 1988 wurde 2002 als unwirksam erklärt und der Auflösungsantrag des AG endgültig abgewiesen. Eine zweite Kdg. von 1995 war 2002 noch gar nicht geklärt. Ob die heute mittlerweile geklärt ist?

Prinzipiell ist natürlich eine Einigung auch für den AN der bessere Weg, denn wenn er wirklich eine Weiterbeschäftigung erreicht ist Mobbing schon fast die Regel. Da Mobbing zu einer dauerhaften AU führen kann, ist daher die "gütige" Einigung m.E. auch für den AN sinnvoll.

Nur werden viele Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz im Endeffekt vom Staat getäuscht, das suggeriert, dass ein Bestandsschutz garantiert ist.


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"Nur meine Meinung, keine Rechtsberatung! "

-- Editiert am 28.03.2010 15:12

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#2
 Von 
blaubär49
Status:
Schlichter
(7434 Beiträge, 2002x hilfreich)

deine frage ist natürlich nicht objektiv zu beantworten. individuell und konkret kann man freilich zu einer pessimistischen haltung kommen. ganz sicher mag es kein arbeitgeber, wenn AN klagen und auch noch gewinnen. es gibt auch fehlurteile, bequemlichkeit und sonst was - bwie woanders auch. die neigung, auf einen vergleich zu drängen, ist aber etwas anders zu sehen: erstens ist ein vergleich letztlich ein vertrag zwischen den parteien. ein urteil macht auf jeden fall den einen mehr oder minder zum verlierer bzw. gewinner. ein vergleich spart arbeit (keine begründung schreiben müssen) und ist auch finanziell für anwälte günstig.

gleichwohl 'macht es sinn' zu klagen - individuell und insgesamt. was wäre denn das arbeitsrecht, wäre nicht etliches durch urteile bestimmt/geklärt worden? das richerrecht ist neben den gesetzen die wesentliche säule. auf der anderen seite muss man klar sehen, dass die erwartungen an die rechtsprechung auch oft viel zu hoch sind. gerichte können nur mit grobem besen kehren.

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"... nach bestem Wissen :) .
"Das ganze Leben ist ein Quiz ...""

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
MitEtwasErfahrung
Status:
Lehrling
(1840 Beiträge, 485x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>auf der anderen seite muss man klar sehen, dass die erwartungen an die rechtsprechung auch oft viel zu hoch sind. gerichte können nur mit grobem besen kehren. <hr size=1 noshade>


Naja, immerhin sollte man erwarten, für eigentlich recht einfache Fälle wie dem obigen nicht gerade 14 Jahre brauchen. Auch muss man von Gerichten auch ein Minimum an Kenntnissen des Arbeitslebens erwarten bzw. erwarten, dass sie diese Kenntnise auch in den Urteilen berücksichtigen.

Wenn man aber dann beispielsweise das Urteil der 9. Kammer des höchsten Arbeitsgerichts anschaut (9 AZR 44/00 ), wo es um die Frage ging, ob ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf den Schlusssatz in einem Arbeitszeugnis hat und das oberste Gericht die Ansicht vertritt, dass der Leser eines Zeugnisses der Arbeitnehmer selber sei, und das im Endeffekt die Begründung dafür war, dass der Arbeitgeber willkürlich einen Schlusssatz drunter schreiben darf, wirft dass doch ein äußerst negatives Licht auf das sogenannte "Richterrecht". Schließlich ist der Schlusssatz in einem Arbeitszeugnis nicht einfach nur eine Kleinigkeit. Er kann das gesamte weitere Berufsleben bestimmen.

Würde man der Argumentation des BAG folgen, wäre auch gegen beredtes Schweigen und anderen Geheimcode im Zeugnis rechtlich kein Kraut gewachsen.

Das Arbeitsgerich Berlin (88 Ca 604-03) hatte auch auf die groben Fehler in diesem Urteil hingewiesen. Das dem Bundesarbeitsgericht versehentlich solch groben Fehler unterlaufen sein soll, kann ich mir einfach - insbesondere auch aus meiner persönlichen Erfahrung heraus - nicht vorstellen.

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"Nur meine Meinung, keine Rechtsberatung! "

-- Editiert am 29.03.2010 23:44

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