Kündigungsfrist unklar. Widersprüchliche Klausel

16. Mai 2018 Thema abonnieren
 Von 
Kim83
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)
Kündigungsfrist unklar. Widersprüchliche Klausel

Hallo zusammen,

ich bin gerade etwas verwirrst, da ich herausfinden wollte wie lange meine Kündigungsfrist ist wenn der Vertrag durch MICH gekündigt wird. Kündigung durch den AG ist eigentlich klar.

Der Absatz lautet wie folgt:
"Das Vertragsverhältnis kann von beiden Seiten, unbeschadet des Rechts der fristlosen Kündigung, mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Mit andauernder Betriebszugehörigkeit steigen die beiderseitigen Kündigungsfristen gemäß den gesetzlichen Vorgaben."

Laut Gesetz steigt doch nur die Frist bezüglich der Kündigung durch den Arbeitgeber (§ 622 Abs. 2 BGB ), oder?
Mir ist schon klar wie das wahrscheinlich gemeint ist. Aber das ist nicht das was in meinem Vertrag steht?! Was gilt in so einem Fall?
Kann ich mit 4 Wochen zum Monatsende kündigen?

Vielen Dank bereits im Voraus für die Hilfe.

Viele Grüße

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11 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17426 Beiträge, 6485x hilfreich)

Das Gesetz sieht in der Tat vor, dass die K-Fristen für den AG mit der Zeit steigen. Allerdings kann per AV oder TV vom Gesetz abgewichen werden. Folglich gilt der zweite Satz der Klausel, dass die Fristen auch für dich steigen. Dieser Satz hebt also den ersten auf und auch das Gesetz in dem Punkt, dass die steigenden Fristen eben für beide Seiten gelten. (Der AV könnte auch andere Fristen als die gesetzlichen festlegen)
Nein, du kannst nicht mir Vierwochenfrist kündigen.

Nachbemerkung: In solchen Fällen hilft es, die Klausel laut und langsam zu lesen, dann dürfte man in aller Regel drauf kommen.

-- Editiert von blaubär+ am 16.05.2018 11:06

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Kim83
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Völlig richtig, danke für die Zusammenfassung. Wenn ich langsam und präzise lese steht da aber etwas anderes.
Klar, man könnte dies entsprechend regeln, aber hierfür müsste für mich klar sein "wie" die Fristen steigen.
Da steht die Fristen steigen und zwar "... gemäß den gesetzlichen Vorgaben". Das Gesetz ist hier eindeutig, denn die Vorgaben gibt es für mich als AN schlicht nicht. Ich habe das jetzt viele Male gelesen und die Aussagelogik bleibt (für mich) die gleiche.

Dennoch vielen Dank für die Hilfe.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47590 Beiträge, 16825x hilfreich)

So ein Arbeitsvertrag unterliegt dem AGB-Recht. Nach § 305c BGB gehen Zweifel an der Auslegung einer Klausel zu Lasten des Verwenders.

Diese Klausel ist tatsächlich widersprüchlich, da einerseits das Wort "beiderseitigen" verwendet wird, was bedeuten könnte, dass sich auch die Kündigungsfristen für den AN verlängern, andererseits aber auf die gesetzliche Regelung Bezug genommen wurde, was bedeutet, dass sich die Kündigungsfristen nur für den AG verlängern.

Daher sind beide Auslegungsvarianten möglich und dann gilt nach § 305c Abs. 2 BGB die für den AG ungünstigere Variante. Der AN kann daher mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende kündigen.

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#4
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17426 Beiträge, 6485x hilfreich)

Ja, vielleicht ein bisschen tricky.
Schritt a) § 622 Abs. 1 wird durch die Klausel schon Mal so beschnitten, dass mit Vierwochenfrist nur zum Monatsende gekündigt werden kann; zudem wird dies durch den Folgesatz praktisch auf die ersten 2 Jahre eingeschränkt.
Schritt b) Der erste Satz § 622 Abs. 2 wird so geändert, dass er für beide Seiten gilt - 'für den AG' wird gewissermaßen gestrichen.
Schritt c) Die Ziffern 1 bis 7 mit den Fristen (und nur die Fristen) selbst werden jedoch übernommen und nicht verändert.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47590 Beiträge, 16825x hilfreich)

zu a) Richtig, den letzten Satz meiner vorherigen Antwort berichtige ich daher entsprechend
zu b) und c) Das ist nur eine mögliche Variante der Auslegung. Wahrscheinlich ist diese Auslegung vom AG auch gemeint gewesen.

Eine andere Auslegungsvariante ist dagegen, dass der zweite Satz lediglich ein Hinweis darauf ist, dass § 622 BGB zur Anwendung kommt und ggf. längere Kündigungsfristen als in Satz 1 vereinbart gelten.

Schließlich galt die Verlängerung der Kündigungsfrist in § 622 BGB bis zum 15.10.1993 für beide Seiten und es ist auch nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber in Zukunft den § 622 BGB wieder entsprechend ändert.

0x Hilfreiche Antwort


#7
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47590 Beiträge, 16825x hilfreich)

Zitat:
Sollten sich die Fristen nur für den AG verlängern, wären sowohl der Satz, als auch vor allem das Wörtchen "beiderseitigen" überflüssig.


Sollten sich die Kündigungsfristen auch für den AN verlängern, wäre der Satzteil "gemäß des gesetzlichen Vorgaben" falsch. Schließlich gibt es für die Kündigungsfrist für den AN die gesetzliche Vorgabe, dass sich diese nicht verlängert.

Die Begriffe "beiderseitig" und "gemäß den gesetzlichen Vorgaben" widersprechen sich daher. Es kann ja auch sein, dass der Arbeitsvertrag schon alt ist, d.h. vor dem 15.10.1993 abgeschlossen wurde. Dann würde die Klausel sogar Sinn machen und es wäre dann auch klar, dass die gesetzliche Regelung gelten soll.

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17426 Beiträge, 6485x hilfreich)

Das kann noch lange hin und her gehen - ich beziehe das ja auf 'Fristen'. Und dass es munter hin und her geht, könnte an sich schon ein Indiz sein für Unklarheit, die dann zulasten des AG ginge.

Wenn Kim mutig genug ist oder auch Lust auf Spielchen hätte, kündigt er oder sie mit 4-Wochen-Frist zum Monatsende. Schlimmstenfalls würde das ja am Ende auf die korrekte Frist korrigiert - hängt also von der Frage ab, wie lange die dann wäre in der vermuteten Arbeitnehmerauffassung.

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Kim83
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Nein. Der Vertrag ist von 2009. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine alte Vorlage verwendet wurde.

Wie gehe ich in diesem Fall nun am Besten vor? Das Gespräch mit dem AG suchen? Würde ich ungern machen, da er dann von meiner "Absicht" Kenntnis erlangen würde.

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#10
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17426 Beiträge, 6485x hilfreich)

... wie ich es schon angeregt hatte: Wenn widersprüchlich, dann die dir genehme Interpretation wählen. Entweder gibt der AG klein bei, oder man einigt sich (oder ein Gericht entscheidet). Hängt im Grunde wirklich an dir.

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
Kim83
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Okay, dankeschön. Deinen Beitrag #8 hatte ich erst zu spät gesehen, da sich das wohl zeitlich überschnitten hatte. Ich denke ich bin nun ein wenig schlauer und werde mich auf die 4 Wochen berufen.
Unschön ist aber, dass ich einem potenziellen neuen AG kein genaues Datum nennen kann ab dem ich zur Verfügung stehe.

Vielen Dank an alle die mir hier weitergeholfen haben.

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