Kündigung während der Schwangerschaft - Klagefrist versäumt

21. April 2008 Thema abonnieren
 Von 
schwangerschaftkündigung
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)
Kündigung während der Schwangerschaft - Klagefrist versäumt

Hallo!

Erst nach Ablauf der 3 Wochen Klagefrist, wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, dass ich eine Kündigungsschutzklage hätte einreichen müssen. Vorher bin ich davon ausgegangen, dass die Kündigung sowieso nichtig wäre, weil sie ja rechtswidrig ist.

Bevor ich jetzt zum Anwalt gehe und viel Geld ausgebe, obwohl nichts mehr zu machen ist, würde ich gerne wissen, ob jemand Erfahrung damit hat.

Beim Gewerbeaufsichtsamt wurde mir gesagt, dass eventuell der §4 des Kündigungsschutzgesetzes mir noch eine kleine Chance einräumen könnte, in der es heißt, "Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichtes erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab. ". Beim Arbeitsgericht wurde mir aber gesagt, dass das hinfällig sein könnte, weil der Arbeitgeber ja nie vorhatte beim Gewerbeaufsichtsamt um Erlaubnis zu bitten.

Also ganz allgemein:

Besteht noch eine Chance auf "Wiedereinstellung"

nochmal kurz die Fakten:

-schwanger(schaft mitgeteilt)
-gekündigt
-schwangerschaft offiziell mitgeteilt
-Klagefrist versäumt
-vom Gewerbeaufsichtsamt liegt aber keine Genehmigung vor!


Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen und mir sagen, ob sich der Gang zum Anwalt noch lohnen könnte (handelt sich nur um einen Minijob + 4 Monate - jetzt noch 3 - bis hin zum Mutterschutz).

Vielen Dank!

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18 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16839x hilfreich)
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#2
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Wenn die eine Zustimmungsentscheidung nicht eingeholt wurde für die Kündigung einer Schwangeren, dann kann sie sich auf § 4 Satz 4 KSchG berufen mit der Folge, dass im Prinzip die Klagefrist mangels Bekanntgabe einer Zustimmungsentscheidung nie zu laufen begonnen hat. Grenze für eine Klage ist die Verwirkung. (s. auch: Urteil BAG vom 03.07.2003, 2 AZR 487/02 ; Urteil LAG Hamm vom 22.09.2005, 8 Sa 974/05 ).

Etwas anderes gilt nur, wenn der AG von der Schwangerschaft nichts wusste. Dann soll § 4 Satz 4 KSchG nicht anwendbar sein (s. auch: Beschluss des LAG Düsseldorf vom 10.02.2005, 15 Ta 26/05 ; Urteil LAG Niedersachsen vom 22.01.2007, 5 Sa 626/06 ; Beschluss LAG Nürnberg vom 04.12.2006, 7 Ta 207/06 ).


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#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16839x hilfreich)

Das Urteil vom BAG aus 2003 entspricht nicht mehr der aktuellen Rechtslage, da das KSchG zum 01.01.2004 genau in diesem Punkt geändert wurde. Die Rechtsauffassung des LAG Hamm teile ich nicht, sondern verweise auf meine ausführliche Begründung im o.g. Thread.

Obwohl in der Begründung zur Änderung des § 4 KSchG vom Gesetzgeber ausdrücklich erwähnt wurde, dass die 3-Wochenfrist auch bei einem Verstoß gegen § 9 MuSchG gelten soll, legt das LAG Hamm die geänderte Vorschrift dennoch anders aus. Das halte ich für sehr fragwürdig.

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#4
 Von 
schwangerschaftkündigung
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Ursprünglich war ich auch der Meinung, dass die Frist trotzdem läuft. Darauf gebracht hat mich ja erst ein Mitarbeiter vom Gewerbeaufsichtsamt, der meinte, dass ich trotzdem noch zum Anwalt soll, dass meine Chancen nicht schlecht stehen würden. Gefunden dazu hab ich im Internet

http://www.brennecke-partner.de/101265/Mitteilungsfrist-Schwangerschaft-Klagefrist-Kuendigung-schwangere-Arbeitnehmerin

Logisch wäre es, wenn die Fristaussetzung bei Schwerbehinderten gilt, deren Kündigung ja auch vorher von einer Behörde genehmigt werden muss, dass das dann auch bei Schwangeren gilt.

Auf der anderen Seite wäre ja somit so gut wie jede Schwangerenkündigung im Nachhinein auch nach der Frist noch anfechtbar und somit wäre eine Gesetzesänderung nicht notwendig gewesen.

Für den Fall dass ich jetzt zum Anwalt gehe, der mir aber von vornherein sagt, dass das keine Aussicht auf Erfolg hat, muss ich Beratungskosten wahrscheinlich trotzdem zahlen, oder?

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#5
 Von 
guest-12313.03.2009 19:03:35
Status:
Lehrling
(1677 Beiträge, 256x hilfreich)

Ja sicher kostet das Geld.
Es gibt aber eine gedeckelte Erstberatungsgebühr, die vorher in der Praxis anzufragen wäre. (max. 250 Euro wenn ich richtig gelegen habe)

Am besten Anwalt für bzw. Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht wählen und keine Zeit mehr verlieren.

Der genannte Text bezieht sich allerdings auf einen Fall wo die Schwangerschaft erst nach der Kündigung festgestellt wurde. KOmmt also nicht in Betracht.

Ich fürchte aufgrund des Versäumnisses müsste ein Anwalt schon ziemlich was basteln um Dir doch noch Arbeit oder Geld zukommen zu lassen.

Interessant wird es vielleicht wenn aufgrund einer für Ungeborene gefährlichen Arbeitsumgebung (Dreck, Chemikalien, Temperaturen, harte körperliche Tätigkeit) der Arbeitgeber ohnehin zu einer Klärung mit dem Amt verpflichtet gewesen wäre.

Rechtswidrige Kündigungen werden nach Verstreichenlassen der 3 Wochen Klagefrist
normalerweise automatisch gültig. Bis auf bestimmte Ausnahmen eben.


-- Editiert von Maestro1000 am 21.04.2008 13:29:10

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#6
 Von 
schwangerschaftkündigung
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Es ist so, dass ich vom Arzt her ein Beschäftigungsverbot erhalten habe. War wohl auch der Grund für die Kündigung. (Kündigung erfolgte allerdings "grundlos")

In meinem Fall geht es nur um ca 1000 Euro die ich mehr erhalten würde, wenn die Kündigung nichtig wäre. Allein die 250 Euro wären also schon ein 1/4 davon, wenns keinen Aussicht auf Erfolg hat, dann fehlen mir aber nochmal weitere 250 Euro.

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
guest-12313.03.2009 19:03:35
Status:
Lehrling
(1677 Beiträge, 256x hilfreich)

Erstberatung ist das eine. Prozessieren im Bedarfsfall das andere.
AG wird sich sicher stur auf die 3 Wochen stellen.

Bei der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht müssen die Parteien die Kosten selber tragen.
Faustregel ist wohl ein Streitwert von 3 Brutto-Monatsgehälter.
Die Kosten kämen dann auch noch auf Dich zu.
Und die sind happig:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,237919,00.html


Der Mitarbeiter vom Amt sollte seine Auskunft noch einmal präzisieren, was er meint.
Wenn es gute Argumente sind, kannst Du Dich evt. selbst ohne Anwalt vor Gericht setzen.
Wirst aber sicher von Firma und Richter gefragt werden, warum die 3-Wochen-Frist verbummelt wurde.

Im Endeffekt: ****-happened.
Freu Dich auf Elternzeitgeld..

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16839x hilfreich)

Du solltest zudem beachten, dass bei einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz der Anwalt auf jeden Fall selbst bezahlt werden muss, selbst dann, wenn man den Prozess gewinnt.

Da das LAG Hamm bereits in Deinem Sinn entschieden hat, wird kein Anwalt Dir sagen, die Klage sei aussichtslos. Wie Du aber auch an dieser Diskussion bereits erkennen kannst, ist die Rechtslage strittig. Eine Entsprechende Entscheidung des BAG bezogen auf die Rechtslage ab 2004 liegt nach meiner Kenntnis nicht vor.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
schwangerschaftkündigung
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Das mit dem Elterngeld ist ja eben das Problem. Dadurch, dass mir 4 Monate Nebenjobgehalt fehlen, fehlen mir in der Elterngeldbezugszeit auchnochmal monatlich (für 10 Monate) ca 80 Euro.

Bei einem Bruttogehalt von 250-300 Euro ist der Streitwert ja auch nicht zu hoch. höchstens 900 Euro. Das wären dann insgesamt ja auch "nur" 350 Euro. Eine Klage werd ich nur in Betracht ziehen, wenn der Anwalt mir auch GUTE Erfolgsaussichten stellen kann. Habe vorhin eine Anfrage an einen Anwalt gestellt, der meinte Erstberatungsgebühr würde er in dem Fall auf 70 Euro setzen.

Ohne Anwalt vor Gericht möchte ich auf keinen Fall. 1. Stehen meine Chancen eh schon nicht zum Besten und 2. hat mein AG einen Anwalt und damit sicherlich die besseren Argumente

Der Mitarbeiter vom Gewerbeaufsichtsamt meinte, dass lt §4 Kündigungsschutzgesetz, Abs. 4, die Klagefrist erst zu laufen beginnt, wenn Behörde (Gewerbeaufsichtsamt) dazu angehört wurde. Aber auch wenn das Gewerbeaufsichtsamt der Kündigung nicht zustimmt gelten ab da die 3 Wochen. Und wenn es zustimmt gelten ab da auch die 3 Wochen, aber da muss man dann andere Gründe haben, als die Schwangerschaft um dagegen vorzugehen.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
venotis
Status:
Unparteiischer
(9555 Beiträge, 2329x hilfreich)

Hallo,

quote:
Vorher bin ich davon ausgegangen, dass die Kündigung sowieso nichtig wäre, weil sie ja rechtswidrig ist.


Nichtsdestotrotz muss man geltend machen, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt ist und das passiert nicht automatisch, sondern dazu muss Klage eingereicht werden. Das wäre ja auch innerhalb der 3 Wochen möglich gewesen. Zumindest scheinst du nicht daran gehindert gewesen zu sein.

MfG

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
schwangerschaftkündigung
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

@ venotis: ja, inzwischen bin ich auf dem aktuellen Stand, deswegen hab ich ja auch extra geschrieben, dass ich "Vorher" davon ausgegangen bin. Jetzt weiß ich, dass dazu eine Klage notwendig ist. Ich lag zu der Zeit im Krankenhaus, aber da ich auch von da aus jederzeit einen Anwalt beauftragen hätte können, der die Klage vorbereitet, ist das ja kein Grund.

Meine einzige Chance ist eben §4 , Absatz 4 Kündigungsschutzgesetz!

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

@ hh

Du hast bei deinem Hinweis, dass das Urteil des BAG zu § 4 KSchG a.F. ergangen ist etwas Entscheidendes übersehen. Denn es handelte sich um eine Kündigung eines Insolvenzverwalters. Mithin beschäftigte sich die Entscheidung auch mit § 113 InsO a.F. Der hatte nämlich zu diesem Zeitpunkt noch einen Abs. 2, nach dem der Arbeitnehmer im Fall einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter nicht bloß die Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 1 Abs. 2 und 3 KSchG innerhalb der Klagefrist von drei Wochen sondern auch alle übrigen Gründe, aus denen die Kündigung unwirksam sein könnte, geltend machen.

Das BAG hatte damit sehr wohl eine Rechtslage zu beurteilen, die dem jetzt geltenden § 4 KSchG entspricht. (Rein vorsorglich der Hinweis: § 113 InsO hat seinen Abs. 2 im Zuge der Änderung des § 4 KSchG verloren, weil er dadurch natürlich überflüssig wurde.)

Meines Erachtens liegt daher sehr wohl eine BAG-Entscheidung zu der Frage vor, die eindeutig zugunsten unserer Fragenstellerin spricht. Im Übrigen habe ich keine LAG-Entscheidung gefunden, die der vom BAG und LAG Hamm geäußerte Rechtsansicht im Fall der bekannten Schwangerschaft widersprechen würde. Alle LAG-Entscheidungen, die § 4 Abs. 4 KSchG für nicht anwendbar hielten, beschäftigten sich mit einer nicht bekannten Schwangerschaft.

Vor diesem Hintergrund kann ich schwangerschaftskündigung nur dringend anraten zu Gericht zu gehen. Notfalls kannst du die Klage auch ohne RA einlegen. Im Hinblick auf die Klagefrist weise dann auf § 4 Satz 4 KSchG und auf das Nichtvorliegen einer Zustimmungsentscheidung hin. Zudem teile mit, dass die Schwangerschaft dem AG mitgeteilt wurde bzw. vor Kündigungsausspruch bekannt war.

Aber selbst wenn man sich einen Anwalt nimmt, sind Kosten doch recht überschaubar. Hier kann es ja eigentlich nur um einen Streitwert von 1.200,00 € (3faches Bruttomonatsgehalt für den Kündigungsschutzantrag) gehen. Zudem gibt es bei fehlender Leistungsfähigkeit auch die Möglichkeit PKH zu beantragen.

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16839x hilfreich)

Dennoch stellt sich die Frage, ob Gerichte und auch das BAG den Willen des Gesetzgebers einfach ignorieren können.

Der Wille des Gesetzgebers wird nicht nur durch den reinen Gesetzestext, sondern auch durch die zugehörige Begründung festgelegt. Dass die Gesetzesbegründungen zur Urteilsfindung herangezogen werden kann man in verschiedenen urteilen des BGH oder des BAG nachlesen.

Daher möchte ich hier noch einmal die entsprechenden Passagen aus der begründung für die Änderung des KSchG zitieren (BT-Drucks. 15/1204 ):

Seite 2: B 1. (4. Strichaufzählung)
Es wird eine einheitliche Frist von drei Wochen für die gerichtliche Geltendmachung
der Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung eingeführt. Damit besteht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer alsbald Klarheit über den
Fortbestand oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses.


Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Änderungen des Kündigungsrechtes
4.

Im Interesse einer raschen Klärung der Frage, ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht,
wird für die Geltendmachung aller Unwirksamkeitsgründe eine einheitliche Klagefrist von drei Wochen
eingeführt.
Eine entsprechende Regelung gilt bereits für die Kündigung durch den Insolvenzverwalter nach § 113 Abs. 2 der Insolvenzordnung. Für die Geltendmachung
der Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages hat der Arbeitnehmer nach § 17 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ebenso eine Dreiwochenfrist einzuhalten.
Nach bisherigem Recht gilt die Dreiwochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers
(§ 4 Abs. 1 Satz 1) nur für die Geltendmachung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung nach § 1, der Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach
§ 13 Abs. 1 und einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter (§ 113 Abs. 2 der Insolvenzordnung). Für die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung aus anderen Gründen ist keine Frist festgelegt. Aus anderen Gründen kann eine Kündigung rechtsunwirksam sein, z. B. wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, wegen eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 4 BGB , wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB ) wie § 9 des Mutterschutzgesetzes, § 18 des Bundeserziehungsgeldgesetzes oder § 85 SGB IX (schwerbehinderte Menschen) sowie bei Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB ) oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB ). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt das Klagerecht in diesen Fällen der Verwirkung. Wann das Klagerecht verwirkt, richtet sich nach Zeit- und Umstandsmoment im Einzelfall. Die Rechtsprechung zur Frage des maßgebenden Zeitablaufs schwankt zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten.

B. Besonderer Teil
Zu Nummer 3 (Änderung § 4 KSchG )


[i]Mit der Änderung der Vorschrift wird festgelegt, dass für alle Fälle der Rechtsunwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung eine einheitliche Klagefrist gilt. Der Arbeitnehmer
muss die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung unabhängig von dem Grund der Unwirksamkeit innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung geltend machen. Das gilt auch für Änderungskündigungen. Die bisher nur für sozial ungerechtfertigte Kündigungen (§ 1 Abs. 2 und 3), für außerordentliche Kündigungen im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (§ 13 Abs. 1) sowie für Kündigungen durch den Insolvenzverwalter (§ 113 Abs. 2
der Insolvenzordnung) geltende dreiwöchige Klagefrist wird auch auf die Kündigungen erstreckt, die aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind, z. B. wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, wegen eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 4 BGB , wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB ) wie § 9 des Mutterschutzgesetzes, § 18 des Bundeserziehungsgeldgesetzes oder § 85 SGB IX (schwerbehinderte Menschen) sowie wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB )
oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB ). (Übersicht in KR-Friedrich 5. Auflage, § 13 Abs. 3 KSchG Rz. 177 ff.)


Das Urteil des BAG ist vor Verabschiedung dieses Gesetzes ergangen und konnte daher den vorgenannten Willen des Gesetzgebers nicht berücksichtigen.

Gegen das gesetzliche Verbot (§ 134 BGB ) wird dann verstoßen, wenn eben keine Zustimmung der Behörde eingeholt wird. Auch in so einem Fall soll aus Sicht des gesetzgebers die 3-Wochenfrist gelten.

-- Editiert von hh am 21.04.2008 18:18:48

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
Andreas.Hauser
Status:
Lehrling
(1229 Beiträge, 131x hilfreich)

Der genaue Wortlaut der Norm läßt keinen Zweifel. Ausnahmen der Dreiwochenfrist sind die fehlende Schriftform und die mangelnde zustimmung der behörde. Im übrigen ist der MuSch ohnehin ein spezialfall, weil hier ja noch die Anzeigefrist der Schwangerschaft - falls AG nicht bekannt dazukommt.

Der Richter ist an den Wortlaut der Norm gebunden sofern dieser verfassungsgemäß ist. Sonst muß er nach Art 100 aussetzten.

Der Wortlaut läßt keine Zweifel, die begründung ist offensichtlich daneben.

Der Gesetztgeber macht immer häufiger fehler, schauen sie sich doch mal die Brandstiftungsdelikte an.

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

@ hh

Letztendlich lässt du nach wie vor außer Betracht, dass § 113 Abs. 2 InsO die gleiche Intention verfolgt wie § 4 Satz 2 KSchG n.F. Was im übrigen auch in der Gesetzesbegründung zur InsO ersichtlich war. (Ich erspare mir jetzt, diese hier wiederzugeben, weil im Prinzip dort das gleiche steht wie in der Begründung zur Neufassung von § 4 Satz 2 KSchG halt nur mit dem Hinweis, dass ein Insolvenzverwalter schnell Klarheit über die Wirksamkeit einer Kündigung erhalten muss und bei der Änderung von § 4 KSchG diese Maxime für alle AG ausgegeben wird.)

Im Prinzip hat das BAG somit den Willen des Gesetzgebers sehr wohl berücksichtigt. In dem Urteil sind auch umfangreiche Ausführungen dazu, warum auch bei Nichteinholung der Zustimmungsentscheidung § 4 Satz 4 KSchG gelten soll. Insbsondere wird auf den Schutzzweck abgestellt.

Außer Betracht bleibt bei dir auch die Regelung des § 4 Satz 4 KSchG bei deiner, nur auf den Gesetzgeberwillen gefußten Auslegung.

Deine Meinung ist natürlich vertretbar, allerdings fehlt mir in letzter Kosequenz die Auseinandersetzung mit sämtlichen Aspekten der juristischen Auslegung von Gesetzen, sprich nach Wortlaut, Zweck, Systematik und zuletzt der Historie inkl. des Gesetzgeberwillens.

Ich halte es daher für äußerst unwahrscheinlich, dass hier ein Gericht die Kündigungsschutzklage als verfristet betrachten würde.

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47640 Beiträge, 16839x hilfreich)

Wir drehen uns im Kreis und wir einigen uns sicher auch hier nicht, wer Recht hat.

Auch Deine Meinung und die von Andreas Hauser halte ich für vertretbar. Ich bestreite aber, dass der Wortlaut hier keine Zweifel lässt. Ansonsten würden wir uns hier nicht streiten und es gäbe auch nicht eine Vielzahl von Fachleuten, die meine Auffassung vertreten.

Ich teile dabei durchaus die Meinung, dass der Gesetzgeber hier unsauber gearbeitet hat. Es wäre durchaus möglich gewesen, das Ziel, das mit der Gesetzesänderung verfolgt wurde, auch eindeutig zu formulieren. Daher ist auch nicht die Begründung daneben, sondern der Wille des Gesetzgebers ist nicht sauber in einen entsprechenden Gesetzeswortlaut umgesetzt worden.

Da die Rechtsprechung in solchen Fällen wie Eidechse ganz richtig bemerkt hat auch die Gesetzeshistorie sowie den Willen des Gesetzgebers zu berücksichtigen hat, ist das Ergebnis mindestens unklar.

Es gibt auch eine Reihe von Fällen, in denen ein höchstes Gericht den Gesetzeswortlaut anders interpretiert hat, als das was ein Normalbürger unter gleichem Wortlaut verstehen würde.

Ich halte es daher für äußerst unwahrscheinlich, dass hier ein Gericht die Kündigungsschutzklage als verfristet betrachten würde.

Diese Aussage, die Kündigungsschutzklage sei verfristet, hat die Fragestellerin ja gerade beim Gericht erhalten.

0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
schwangerschaftkündigung
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

@ hh

` "Ich halte es daher für äußerst unwahrscheinlich, dass hier ein Gericht die Kündigungsschutzklage als verfristet betrachten würde.

Diese Aussage, die Kündigungsschutzklage sei verfristet, hat die Fragestellerin ja gerade beim Gericht erhalten. " `

Ich habe diese Aussage lediglich von einem Mitarbeiter der die Klage telefonisch aufnimmt erhalten. Er meinte, dass ein Anwalt durchaus noch was erreichen könnte, aber das es halt ein Risiko wäre, wegen 1000 Euro vor Gericht zu gehen und dann nicht Recht zu bekommen und dann noch auf weiteren 500 Euro minus zu sitzen.

-- Editiert von schwangerschaftkündigung am 22.04.2008 14:03:13

0x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

@ schwangerschaftskündigung

Wie gesagt, ich rate dir dringend zu einer Klage, sei es mit Anwalt oder alleine. Worauf du dich stützen kannst, insbesondere die Urteile, hast du hier ja schon geliefert bekommen. Wie ich aber auch bereits sagte, gibt es auch die Möglichkeit der PKH. Je nach der Einkommenssituation bei deinem Ehemann - falls vorhanden -, hast du auch gute Chancen PKH zu erhalten. Das mit den Kosten ist wahrscheinlich daher gar nicht so wild.

Und selbst wenn ist es bei einer reinen Kündigungsschutzklage ohne Stellung eines Weiterbeschäftigungsantrages auch nicht ganz so teuer. Es würden folgende Kosten anfallen:

Gegenstandswert: 1.200,00 €
Verfahrensgebühr § 13,
Nr. 3100 VV RVG 1,3 110,50 €

Terminsgebühr § 13,
Nr. 3104 VV RVG 1,2 102,00 €

Einigungsgebühr, gerichtliches
Verfahren § 13, Nr. 1003,
1000 VV RVG 1,0 85,00 €

Zwischensumme der
Gebührenpositionen 297,50 €

Pauschale für Post und
Telekommunikation
Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Zwischensumme netto 317,50 €

19 % Umsatzsteuer
Nr. 7008 VV RVG 60,33 €

zu zahlender Betrag 377,83 €

Und hier habe ich schon berücksichtigt, dass ein Vergleich geschlossen wird.

Wie du schon selbst anmerkst hat dir der Mitarbeiter vom Gericht ja selbst gesagt, dass ein RA noch was ausrichten könnte. Die Mitarbeiter, die in der Rechtsantragsstelle Klagen entgegen nehmen sind bestenfalls Rechtspfleger. Aber ich bin mir nochnichteinmal sicher, ob das überhaupt der Fall ist und dort nur 'normale' Geschäftsstellenbeamte sitzen. Eine spezielle juristische Ausbilung hätten die Letztgenannten auf jeden Fall nicht. So ein Mitarbeiter der Rechtsantragsstelle ist im Übrigen auch nicht für die Rechtsberatung da und darf das auch gar nicht machen.

@ hh

Ich denke auch nicht das wir uns hier einigen werden. Müssen wir ja auch gar nicht. Wir streiten uns hoffentlich auch nur im jurstischen Sinne, was der Normalbürger wohl eher mit einer Diskussion oder dem gepflegten Meinungsaustausch betiteln würde. Streit hat ja im normalen Sprachgebrauch wohl eher einen negativen Beigeschmack.

Was mir bei deiner Argumentation nach wir vor fehlt, ist die Beschäftigung mit den weiteren Auslegungsinstrumenten. Man kann nicht alles nur aus einer Gesetzesbegründung entnehmen.

Und der Hinweis, dass die Mitteilung der Verfristung von einem Gerichtsmitarbeiter kam, geht wegen obiger Schilderung ja wohl auch eher in Leere. Von einem Richter wird der Hinweis in jedem Fall nicht gekommen sein, und der muss ja letzten Endes entscheiden.



0x Hilfreiche Antwort

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