Die Geiselnahme

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§ 239b StGB [Geiselnahme]

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) § 239a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend.

Unter dem erpresserischen Menschenraub (239a) und der Geiselnahme kann sich wahrscheinlich jeder schon etwas vorstellen. Allerdings gibt es hier nun eine besondere Problematik, die Juristen großes Kopfzerbrechen bereitet:

Früher war der Wortlaut der Tatbestände Geiselnahme bzw. Erpresserischer Menschenraub anders formuliert und bezog sich nur auf ein Drei-Personen-Verhältnis.- Jemand entführt z.B. die Frau eines Millionärs, um so den Millionär zur Herausgabe von Lösegeld zu erpressen. Hier liegt ein klassisches Drei-Personen-Verhältnis vor: Entführer, Entführter und Erpressungsopfer.
Der Gesetzgeber hat diese Straftaten mittlerweile allerdings auf nur zwei Personen ausgeweitet, um einer gewissen Entwicklung der derzeitigen Geiselnahmen gerecht zu werden. Oft hielten die Geiselnehmer nämlich eine bestimmte Person lange Zeit in ihrer Gewalt, um von eben dieser Person etwas zu erpressen. Der Gesetzgeber sah nicht ein, warum eine Geiselnahme mit einem Zwei-Personen-Verhältnis nicht genauso bestraft wird wie eine Geiselnahme mit einem Drei-Personen-Verhältnis.

Die Entscheidung des Gesetzgebers war sicherlich richtig: nunmehr können Geiselnehmer, die eine Person entführen und diese Person zu etwas zwingen wollen genauso hart bestraft werden wie "klassische" Geiselnehmer, die eine Person entführten, um eine andere Person zu etwas zu zwingen.

Allerdings umfasst der Wortlaut der Paragrafen 239a und 239b nunmehr auch ganz klassische Straftatbestände wie den Raub oder die Erpressung :
Die Geiselnahme nämlich verlangt eine Entführung oder das "Sich Bemächtigen" eines Menschen. Hält man jemandem eine Waffe an den Kopf, so bemächtigt man sich dieser Person, da man die Gewalt über diese hat. Genauso verhält es sich beispielsweise bei einem Schwitzkasten. Anders ausgedrückt: wenn ich einen Menschen niederringe, um ihm sein Geld abnehmen zu können, erfülle ich den Tatbestand der 239a und b! Unter fünf Jahren Freiheitsstrafe komme ich dann aus der Sache nicht raus. Da die Intention unserer Gesetzgeber aber sicherlich nicht war, derartig klassische Raub- oder Erpressungsdelikte unter die hohe Freiheitsstrafe der Geiselnahme fallen zu lassen, wird von Juristen seit Entdeckung des Problems versucht, die 239a und b für Zwei-Personen-Verhältnisse einschränkend auszulegen. Eine juristisch einwandfreie Lösung wurde aber nicht gefunden, weshalb immer wieder der Ruf nach dem Gesetzgeber laut wird: der Gesetzgeber solle die 239a und b neu verfassen.

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Seiten in diesem Artikel:
Seite  1:  Entführungsdelikte - Worum es geht
Seite  2:  Erpresserischer Menschenraub
Seite  3:  Die Geiselnahme
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