´Gezillmerte´ Prämie lässt Lebensversicherung mit hohen Abzügen anlaufen

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Rückkaufswert darf nicht unverhältnismäßig gering sein

Bei Lebensversicherungen mit sog. „gezillmerter" Prämie wird der Vertrag zu Beginn mit den anfallenden Vertragsabschlusskosten (Provision des Versicherungsvertreters/-maklers, Verwaltungskosten) belastet, so dass der Vertrag nicht selten mit hohen Abzügen anläuft. Mit den Prämien der ersten Monate oder gar Jahre gleicht der Versicherungsnehmer dann zunächst dieses Minus aus. Dies führt dazu, dass der Rückkaufswert des Lebensversicherungsvertrags in den ersten Jahren sehr niedrig ist oder sogar entfällt.

Wie hoch die Verrechnung der Vertragsabschlusskosten bei vorzeitiger Beendigung der Versicherung genau ist, bleibt dem Verbraucher teilweise auch nach derzeit geltender Rechtslage verborgen, da die Berechnung der Zillmerung in dem den Versicherungsnehmern nicht bekannten von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan des Versicherungsunternehmens dargestellt worden war.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15.02.2006 (1 BvR 1317/96) festgestellt, dass bei einer Stornierung in den ersten Vertragsjahren die Versicherer die eingezahlten Beiträge so mit den Abschlusskosten verrechnen müssten, dass der Rückkaufswert „nicht unverhältnismäßig gering" sei oder gar „gegen Null tendiere". Der Rückkaufswert ist der Betrag, den der Versicherte bei einer Kündigung seiner Police zurückbekommt. Die mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages verfolgte Zielsetzung der Vermögensbildung darf, so das Gericht, nicht dadurch teilweise vereitelt werden, dass hohe Abschlusskosten, deren konkrete Berechnung zudem den Versicherungsnehmern nicht bekannt ist und deren Höhe von ihnen auch nicht beeinflusst werden kann, in den ersten Jahren mit der Prämie so verrechnet werden können, dass der Rückkaufswert in dieser Zeit unverhältnismäßig gering ist oder gar gegen Null tendiert. Dieser Wert muss deshalb in einem „angemessenen Verhältnis" zu den gezahlten Prämien stehen.

Auch der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 12.10.2005 die Rechte der Versicherten gestärkt, indem er Grenzen der Verrechnung der Abschlusskosten bei vorzeitiger Vertragsauflösung festgelegt hat. Seit diesem Beschluss war und ist es bereits möglich, im Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung jedenfalls die versprochene Leistung einzuklagen. Der vereinbarte Beitrag der beitragsfreie Versicherungssumme und des Rückkaufswertes darf einen vom Bundesgerichtshof näher umschriebenen „Mindestbetrag" nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag muss mindestens die Hälfte des ungezillmerten, also insbesondere nicht mit Abschlusskosten belasteten Deckungskapitals betragen.

Schließlich stellte das Gericht klar, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer schon bei Vertragsabschluss klar aufzeigen müsse, in welcher Höhe Vermittlungsprovisionen und Verwaltung mit der Prämie verrechnet werden.

Werden diese Vorgaben nicht erfüllt, können Schadenersatzansprüche gegen den Versicherer bestehen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer dann nach den Grundsätzen des Schadensrechts so zu stellen, als hätte er den Vertrag nicht bzw. nur in den von der Rechtsprechung gezogenen Grenzen gezillmert.