Zum Thema Pferderecht

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1. Die höchstrichterliche Entscheidung:

Kündigungsfristen und Pfandrecht beim Pensionseinstellvertrag

Immer wieder stellen sich Pensionsstallbetreiber und Bereiter die Frage, ob sie bei Zahlungsverzug des Einstellers berechtigt sind, dessen Pferd zurückzubehalten und ggf. im Wege eines Pfandrechtsverkaufes durch den Gerichtsvollzieher gemäß § 1234 Abs. 2 BGB zu verwerten.

Das höchste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof, hatte zu dieser Frage in einem Urteil von 1990 Stellung genommen und dem Stallbetreiber ein gesetzliches Pfandrecht zugesprochen.

Birgit Raupers
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Der Bundesgerichtshof ging davon aus, dass es sich bei dem "Pensionseinstellvertrag" um einen Mietvertrag handelt. Wird zwischen den Parteien ein Mietvertrag geschlossen, so steht dem Vermieter ein gesetzliches Pfandrecht nach § 1234 Abs. 2 BGB zu.

2. Das Urteil in der Praxis (Einstellvertrag ist nicht gleich Einstellvertrag!)

Es ist jedoch Vorsicht geboten, dieses Urteil auf alle Pensionseinstellverträge zu übertragen!

Ein Pensionseinstellvertrag ist in der Regel nämlich kein reiner Mietvertrag. Um einen Mietvertrag handelt es sich, wenn dem Mieter vom Vermieter eine Räumlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Dies kann eine Wohnung, aber auch eine Pferdebox sein. Im vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall wurde lediglich die Vermietung einer Pferdebox in einem Mietstall vereinbart.

In der Regel umfasst die Leistung des Stallbetreibers jedoch nicht nur das zur Verfügung stellen einer Box bzw. in der Weidesaison Weideland, sondern auch das Einstreuen und Misten der Pferdebox sowie das Füttern und allgemeine Versorgen des eingestellten Pferdes.

Es handelt sich in einem solchem Fall nicht um einen reinen Mietvertrag, sondern dieser Einstellervertrag besteht aus verschiedenen Vertragselementen wie der des Verwahrungsvertrages (Obhut und Fürsorge des Pferdes), des Kaufvertrages (zur Verfügung stellen von Futtermitteln und Einstreu) sowie des Dienstvertrages (Ausmisten und Vornahme der Fütterung).

Welches dieser Vertragselemente überwiegt, beurteilt sich nach dem Einzelfall.

Je nachdem, welche Leistungen die Parteien vereinbart haben, überwiegen mietrechtliche oder verwahrungsrechtliche Elemente.

Einen Pensionseinstellvertrag, bei welchem der Stallbetreiber auch die Fütterung und Versorgung übernimmt, haben in der Vergangenheit die Oberlandesgerichte rechtlich unterschiedlich beurteilt. Die Oberlandesgerichte Hamburg, Karlsruhe, das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht wie nun auch zuletzt das brandenburgische Oberlandesgericht haben einen solchen Einstellvertrag als Verwahrungsvertrag angesehen.

3. Gesetzliches Pfandrecht nur in Niedersachsen? ?

Hierauf folgt jedoch, dass beim Vorliegen eines Verwahrungsvertrages dem Vermieter kein gesetzliches Pfandrecht zusteht, sondern lediglich ein Zurückbehaltungsrecht an dem Pferd, bis der Schuldner ggf. den vollumfänglichen Pensionseinstellpreis gezahlt hat.

Eine andere Auffassung vertritt das Oberlandesgericht Celle in einem Urteil von 1987. Es geht zwar auch von einem so genannten typengemischten Vertrag aus, sieht jedoch bei diesem Vertrag die mietrechtlichen Elemente in dem Vordergrund. Dies hat zur Folge,

dass das Oberlandesgericht Celle dem Stallbetreiber gesetzlich verbrieftes Pfandrecht zubilligt.

Das führt zu folgendem verwirrenden Ergebnis:

Pensionsbetreiber, die ihren Stall im Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichtes Celle haben, dürfen das Pferd gegenüber dem Pferdebesitzer nicht nur zurückhalten, sondern auch durch Einschaltung eines Gerichtsvollziehers im Wege einer Versteigerung verkaufen lassen.

Dem gegenüber haben die Stallbetreiber in den Gerichtsbezirken des brandenburgischen Oberlandesgerichts, Oberlandesgericht Hamburg etc. diese Möglichkeit nicht.

4. Unterschiedliche gesetzliche Kündigungsfristen:

Diese unterschiedliche Rechtsauffassung hat im Übrigen auch Auswirkungen auf die Kündigungsfristen:

Da der Pensionseinstellvertrag im Gesetz nicht geregelt ist, gibt es für diesen keine gesetzlichen Kündigungsfristen! Soweit die Vertragsparteien keinen Pensionseinstellvertrag mit einer vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist geschlossen haben, kommt es im Streitfall darauf an, ob das Gericht einem Mietvertrag oder einem Verwahrungsvertrag annimmt.

Da das Oberlandesgericht Celle in der Regel von einem überwiegend mietrechtlich geprägten Vertrag ausgeht, wird im Fall einer nicht vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von einer dreimonatigen gesetzlichen Kündigungsfrist auszugehen sein, andere Gerichte gehen von einer einmonatigen Kündigungsfrist aus. Unbenommen davon besteht jedoch immer die Möglichkeit, eine fristlose Kündigung auszusprechen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, die die Fortführung des Vertragsverhältnisses unzumutbar macht.

5. Praxistipp:

Die Parteien sollten daher dringend einen schriftlichen Vertrag über die Einstellung des Pferdes schließen. Darin sollten nicht nur die Kündigungsfristen und ggf. ein vertragliches Pfandverwertungsrecht zugunsten des Vermieters aufgenommen, sondern auch die vertraglich geschuldeten Leistungen des Stallinhabers ausdrücklich festgelegt werden.

Ggf. sollte sich das vertraglich vereinbarte Pfandrecht sich auf den Sattel und das Zaumzeug und sonstiges Inventar des Einstellers beziehen.


Birgit Raupers
-Rechtsanwältin-

Hannover, 28.06.2007

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Birgit Raupers-Weller
Rechtsanwältin
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