Zum Begriff des Unfallorts bei der Fahrerflucht

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Der Angklagte in dem Verfahren vor dem AG Hamburg-Harburg streifte mit seinem Spiegel einen neben ihm fahrenden LKW, beschädigte diesen und fuhr dann, ohne den Unfall bemerkt zu haben, ca. 1,5 km weiter. Dort konnte ihn der Geschädigte einholen und mit dem Unfallgeschehen konfrontieren. Der Angeklagte setzte jedoch seinen Weg fort, ohne sich um den Geschädigten zu kümmern.

OLG Hamburg, 27.03.2009, 1 Ss 31/09; BGH, 15.11.2010, 4 Str 413/10

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Die Berufung blieb erfolglos. Das OLG Hamburg hob das Urteil jedoch auf und sprach den Angeklagten frei.

Aus den Gründen: Eine Unfallflucht (§ 142 Abs. 1 StGB) begeht, wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr in Kenntnis seiner Unfallbeteiligung unerlaubt vom Unfallort entfernt. Der Unfallort wird als die Stelle definiert, an der sich das schädigende Ereignis zugetragen hat. Dazu gehört aber auch die unmittelbare Umgebung, in der die beteiligten Fahrzeuge zum Halten gekommen sind bzw. hätten kommen können (Fischer, StGB, 56. Aufl. 2009, § 142 Rn. 20 m.w.N.).Wichtig: Der genaue Radius des Unfallortes hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab.

Wurden Sie wegen einer Fahrerflucht angeklagt oder haben Sie einen Strafbefehl bekommen, sollten Sie unbedingt einen Anwalt beauftragen. Denn, so das OLG Hamburg, eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort liegt nicht vor, wenn der Täter erst an einem anderen Ort als dem Unfallort von dem Unfall erfahren hat (BGHSt 28, 130, 131).  Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Rechtssprechung jetzt wieder in seinem Beschluss vom 15.11.2010 (4 Str 413/10).

Aber Vorsicht: nicht alle Gerichte sind von dieser Rechtssprechung überzeugt. Das OLG Düsseldorf (NStZ RR 2008, 88) sieht eine Strafbarkeit dann als gegeben an, wenn der Täter zwar seine Fahrt fortsetzt, jedoch innerhalb eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfallgeschehen von diesem erfährt. 

Zu raten ist daher eindringlich, dass man seine Fahrt in keinem Fall fortsetzen sollte, wenn man auf einen - unbemerkten - Unfall hingewiesen wird.