Wenn die Eigentümerversammlung zum Alptraum wird

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Rechtsbehelfe im WEG-Recht

Eigentumswohnungen werden heute gerne zur Alterssicherung gekauft. Das ist auch ratsam. Allerdings passt nicht jeder Geldbeutel zu jedem Objekt. Und so kann es unangenehme Überraschungen geben.

Zunächst einmal wird jeder Eigentümer Mitglied der Weg-Gemeinschaft, das Parlament des Hauses. Es tagt mindestens einmal im Jahr, jeder Eigentümer kann mit seiner Stimme Anträge einbringen. 

Doch was ist zu tun, wenn auf einer Eigentümer-Versammlung eine wohlhabende Mehrheit beschließt, einen 70.000 EUR teuren Aufzug einzubauen oder die Heizungsanlage auszuwechseln? Schnell kommt für jede Partei eine Sonderumlage zu Stande. Geld, was viele Eigentümer einfach nicht haben.

Wenn dann auch noch keine Instandhaltungsrücklage angespart wurde, wird je nach Eigentumsanteil zur Kasse gebeten. So bleibt dem Eigentümer oft nur Schulden zu machen oder das Objekt zu verkaufen.

Der Gesetzgeber hat allerdings einen Rechtsbehelf im Wohnungseigentumsgesetz eingeführt:

Die Anfechtungsklage gegen den Beschluss

Früher war das ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, heute haben Sie es schwerer. Denn: Es gilt die Zivilprozessordnung. Und damit der so genannte Beibringungsgrundsatz. Im Klartext: Sie müssen alles vortragen, was gegen den Beschluss spricht. Der Richter lehnt sich da zurück und urteilt, ob es gereicht hat.

Ist ein solcher Beschluss gefasst worden, müssen Sie innerhalb eines Monats Anfechtungsklage bei dem für Sie zuständigen Amtsgericht erheben. Für die Begründung haben Sie einen weiteren Monat Zeit. Lassen Sie diese Fristen verstreichen, erwächst der Beschluss in Bestandskraft. Bitte beachten: diese Fristen sind sog. Ausschlussfristen, die nicht verpasst werden dürfen. Beispiel: Beschluss am 2.6, Klage bis 2.7, Begründung bis 2.8. Haben Sie eine Frist verpasst, können Sie nur die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen. Doch da müssen Sie mit guten Gründen aufwarten. Das klappt nur sehr selten.

Folgende Beschlussarten sind anfechtbar:

Beschlüsse, die auf Eigentümerversammlungen gefasst wurden und die im Umlaufverfahren zustande gekommen sind, wenn sie formelle oder inhaltliche Mängel haben.

Ein formeller Beschlussmangel. Was ist das?

Formelle Fehler: die Einladung muss an jeden Eigentümer zugestellt werden. In der Einladung müssen die Anträge stehen. Sie müssen also Zeit haben, sich vorzubereiten. Frist 2 Wochen.

Auch der Inhalt des Beschlusses kann falsch sein:

Ein Beschluss ist beispielsweise dann inhaltlich mangelhaft, wenn er zu unklar formuliert ist oder wenn er gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt. Beispiel: Die Gemeinschaft beschließt, den Hof zu „begrünen". Das reicht nicht. Welche Pflanzen sollen angeschafft, welche Gartenarbeiten erledigt werden. Was kostet der Spaß? Gab es eine Ausschreibung?

Jetzt zur Klage selbst:

Klagen kann laut § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG :

ein einzelner Eigentümer allein

mehrere Eigentümer zusammen

oder auch der Verwalter.

Gegen wen muss die Klage gerichtet werden?

Die Anfechtungsklage muss gegen sämtliche übrige (einzelnen) Wohnungseigentümer gerichtet werden ( § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG ), NICHT gegen den Verband der Wohnungseigentümer. Das ist wichtig! Solche Klagen werden verworfen.

Ich habe geklagt. Und nun?

Es gibt leider keine aufschiebende Wirkung, so wie im Verwaltungsrecht, da Eigentümerbeschlüsse von der Verkündung an so lange gültig sind, bis sie durch rechtskräftigen Gerichtsbeschluss für ungültig erklärt werden. Und das kann dauern. Denn es können Berufung und Revision eingelegt werden.

Was, wenn ein Baum gefällt werden soll?

In solchen Fällen gibt es den einstweiligen Rechtsschutz. Wer glaubhaft machen kann, dass Eile besteht und ein Rechtsgut verloren gehen kann, hat bei so einem Antrag Erfolg. Natürlich kommt dann im Anschluss das Hauptsacheverfahren. Es läuft ab, wie die Anfechtungsklage gegen den Beschluss.

Zurück zu unserem Beispiel mit dem Lift. Sie Sehen, dass die Anfechtung nicht alles verwinden kann, sofern der Beschluss formell und materiell korrekt gelaufen ist. Vor solchen Überraschungen schützt nur die Aufmerksamkeit beim Kauf der Immobilie selbst. Informieren Sie Sich über den Zustand des Hauses und die Instandhaltungsrücklage. Vor dem Kauf immer die Protokolle der letzten Versammlung prüfen. Wir beraten Sie gerne, auch bundesweit.

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