Was kostet ein Verteidiger

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Das Kostenargument ist ein gewichtiger Punkt, wenn die Frage im Raum steht, ob man Mandant werden möchte, oder doch lieber versucht, allein ein Verfahren durchzustehen. Dieser Beitrag soll einen Einblick in die Entstehung von Gebühren ermöglichen und zeigen, warum sich gerade auf dem Gebiet der Strafverteidigung die anwaltlichen Gebührenrechnungen so erheblich voneinander unterscheiden.

Um einen solchen Einblick zu ermöglichen ist es unumgänglich, sich zumindest kurz mit dem Gebührenrecht auseinanderzusetzen.

Matthias Düllberg
Partner
seit 2010
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Grabenstraße 38
44787 Bochum
Tel: 0234 45934220
Web: http://www.ra-duellberg.de
E-Mail:
Jugendstrafrecht, Verkehrsstrafrecht, Ordnungswidrigkeiten, Verwaltungsrecht
Preis: 70 €
Antwortet: ∅ 9 Std. Stunden

Wie setzen sich die Gebühren zusammen?

Anders als z.B. im Zivilrecht, in welchem die Anwaltskosten anhand eines fixen Streitwertes berechnet werden und infolge dessen mit diversen Prozesskostenrechnern nachvollzogen werden können, richtet sich der Gebührenanspruch des im Strafrecht tätigen Rechtsanwalts nicht nach einer starren Gebührentabelle. Gleichwohl ist der Verteidiger natürlich grundsätzlich an die im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), bzw. in dem Vergütungsverzeichnis dieses Gesetzes (VV RVG) festgeschriebenen Gebühren gebunden.

Die Gebühren des Strafverteidigers finden sich im vierten Teil dieses  Verzeichnisses, beginnend mit der Nr.4100 VV RVG, der Grundgebühr.

Bei Ansicht bereits dieser Gebühr fällt auf, dass es sich um eine Rahmengebühr handelt, die eine enorme Spannbreite aufweist. So kann die Grundgebühr allein schon 30,00 € bis 300,00 € betragen.

Die Mittelgebühr

Um nun angesichts einer solchen Spannbreite überhaupt eine Aussage über anfallende Gebühren treffen zu können, wird ein Wert benötigt, mittels dessen eine Berechnung konkret erfolgen kann und der die Gebühren vergleichbar hält.

Als ein derartiger Ausgangspunkt für die Gebührenberechnung wird die sogenannte Mittelgebühr herangezogen. Sie stellt quasi die Gebühr da, die der Gesetzgeber für einen durchschnittlichen Fall für angemessen erachtet.

Die Mittelgebühr wird errechnet, indem die untere Rahmengebühr mit der oberen addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert wird. Für die bereits angesprochene Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG läge sie also bei:

(30,00 € (minimale Rahmengebühr) 300,00 € (maximale Rahmengebühr)) : 2 = 165,00 €.

Eine Mittelgebühr muss anhand des VV RVG dann für jede anfallende Gebühr berechnet werden.

Die anwaltliche Gebührenrechnung setzt sich schlussendlich aus der Summe der ermittelten Einzelgebühren, den darüber hinaus entstandenen Auslagen (z.B. Kopier- und Portokosten), sowie der anfallenden Umsatzsteuer zusammen.

Die anfallenden Gebühren

Welche Gebühren nun im Ergebnis anfallen hängt von vielen Einzelfaktoren ab, z.B. in welchem Stadium das Verfahren endet, oder vor welchem Gericht Anklage erhoben wird. Im Prinzip lässt sich aber vereinfacht sagen, dass sich die anfallenden Gebühren in der Regel in eine Grund-, eine Verfahrens-, sowie die Terminsgebühren aufspalten.

Es sollte anhand des bislang erläuterten möglich sein, die entsprechenden Mittelgebühren anhand des VV RVG selbstständig nachzuvollziehen und zu summieren. Dennoch sollen an dieser Stelle einige wesentliche Mittelgebühren aufgeführt werden, um den ersten Überblick zu erleichtern:

Allgemeine Gebühren

Grundgebühr (4100 VV RVG)

(für die erstmalige Befassung des Verteidigers mit dem Fall):

165,00 €

Terminsgebühr (4102 VV RVG)

(für ausserhalb der Hauptverhandlung wahrgenommene Termine, z.B. Vernehmungen):

140,00 €

Ermittlungsverfahren

Verfahrensgebühr (4104 VV RVG)

(für vertretende Tätigkeit vor Anklageerhebung)

140,00 €

Entbehrlichkeit der Hauptverhandlung (4141 VV RVG)

(Wenn es durch Mitwirkung des Verteidigers nicht zu einer Hauptverhandlung kommt, entsteht eine weitere Verfahrensgebühr), hier:

140,00 €

Gerichtliches Verfahren vor dem Amtsgericht

Verfahrensgebühr (4106 VV RVG):

140,00 €

Terminsgebür (4108 VV RVG)

(Diese fällt für jeden Hauptverhandlungstag an, sofern er nicht über 5 Stunden dauert):

230,00 €

Gerichtliches Verfahren vor dem Landgericht

Verfahrensgebühr (4112 VV RVG):

155,00 €

Terminsgebühr (pro Tag) (4114 VV RVG):

270,00 €

Gerichtliches Verfahren vor dem Oberlandesgericht

Verfahrensgebühr (4118 VV RVG):

330,00 €

Terminsgebühr (pro Tag) (4120 VV RVG):

445,00 €

Berufungsverfahren

Verfahrensgebühr (4124 VV RVG):

270,00 €

Terminsgebühr pro Hauptverhandlungstag (4126 VV RVG):

270,00 €

Revisionsverfahren

Verfahrensgebühr (4130 VV RVG):

515,00 €

Terminsgebühr pro Hauptverhandlungstag (4132 VV RVG):

285,00 €

Berücksichtigt man die oben getroffene Aussage, dass sich die Rechnung zunächst regelmäßig in die Grund-, die Verfahrens- und die jeweiligen Terminsgebühren aufspaltet, müssen die entsprechenden Mittelgebühren nunmehr nur noch addiert und um die Auslagen und Steuern ergänzt werden.

Beispiel:

Ein Mandant, welcher sich nach Anklageerhebung wegen eines relativ unkomplizierten Falles an einen Verteidiger wenden möchte, müsste demnach wie folgt rechnen:

165,00 € (Grundgebühr) 140,00 € (Verfahrensgebühr für die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht) 140,00 € (Terminsgebühr, wenn nur ein Termin nötig ist) Auslagen (20,00 € Auslagenpauschale zzgl. Kopierkosten, Anfahrt usw.) Steuern (19% der Summe).

Die Endsumme betrüge somit, je nach Auslagen etwa 575,00 €.

Sollte der Verteidiger bereits im Ermittlungsverfahren tätig geworden sein käme hier noch die Verfahrensgebühr für diese Tätigkeit, also noch einmal 140,00 € netto hinzu, so dass die Rechnung etwa 700,00 € betragen würde.

Schließt sich an dieses Verfahren dann z.B. noch eine Berufung nebst Berufungsverhandlung an würden sich die Gebühren entsprechend um die jeweiligen Sätze erhöhen, usw.

Regelmäßig ist zu erwarten, dass die oben errechneten Mittelgebühren auch tatsächlich angesetzt werden. Ob es ggf. eine Abweichung von diesen nach oben oder unten geben kann, steht im Ermessen des Rechtsanwalts, der diese Entscheidung anhand des Umfanges der Arbeit, der Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage und auch an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Mandanten ausrichten kann.

Wie kann die anwaltliche Tätigkeit nun finanziert werden?

Wenn nun im Ansatz bekannt ist, welche Gebühren anfallen und mit welchen Anwaltskosten zu rechnen ist, stellt sich häufig die Frage, wie diese nun aufzubringen sind.

Vorab lässt sich feststellen, dass dies in der Regel zunächst durch den Mandanten selbst, oftmals auch gegen Vorschusszahlungen zu organisieren ist.

Rechtschutzversicherungen greifen regelmäßig (außer in einigen Ausnahmefällen) nicht ein, um die Kosten zu übernehmen.

Auch eine Prozesskostenhilfe gibt es in Strafverfahren nicht.

Pflichtverteidigung

Natürlich gibt es die in § 140 StPO geregelten Fälle der notwendigen Verteidigung. Diese bezieht sich zunächst auf Fälle und zumeist schwerwiegende Delikte, bei denen die Mitwirkung eines Verteidigers, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Mandanten, vorgeschrieben ist und in denen ein sogenannter Pflichtverteidiger beigeordnet wird.

Allerdings ist hierzu zu erwähnen, dass es sich bei den entstehenden Verteidigergebühren auch um Verfahrenskosten handelt, welche dem Angeklagten bei einer Verurteilung auferlegt werden. Dennoch bietet die „notwendige Verteidigung" zumindest insoweit Sicherheit, als das bei Vermögenslosigkeit gut tragbare Ratenzahlungsmodalitäten und Stundungen bei der Oberjustizkasse erreicht werden können.

Beratungshilfe

Für die Erstberatung gibt es ferner auch im Strafrecht die Möglichkeit der Beratungshilfe. Umfasst ist hiervon allerdings nur die reine Beratungstätigkeit und keine weitere Vertretung. Entsprechende Beratungshilfescheine werden beim zuständigen Amtsgericht, zuweilen auch in Bürgerbüros der Rathäuser ausgestellt. Gegen die Vorlage eines solchen Scheines minimiert sich die Eigenbeteiligung der Beratung auf 10,00 €.

Davon abgesehen bleibt es dabei, dass die Kosten von dem Mandanten aufzubringen sind und dass diese nur dann erstattet werden, wenn sie im Falle eines Freispruches, oder einer Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachtes auch notwendig waren.

Ob es sich nun lohnt, angesichts der Kosten des Verteidigers einen solchen auch zu beauftragen, muss letztlich jeder potentielle Mandant für sich allein entscheiden. Gerade in den Fällen, in denen es nicht um einen möglichen Freispruch geht, stellen die Anwaltskosten  eine zusätzliche Belastung dar, über welche sich der Mandant im Klaren sein muss.

Angesichts der Ausgestaltung als Rahmengebühren kann sich eine Beratung über anfallende Kosten, die im Übrigen oftmals unverbindlich und kostenlos angeboten wird, aber durchaus lohnen.

Zwar wird nicht zu erwarten sein, dass der Anwalt grundsätzlich ohne Weiteres von den beschriebenen Mittelgebühren zu seinem Nachteil abweicht. Diese Gebühren sind ja gerade für einen durchschnittlichen Arbeitsaufwand vorgesehen und es darf natürlich auch nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Rechtsanwaltskanzlei ein Unternehmen ist, welches wirtschaftlich arbeiten muss. Es wäre auch dem Mandanten selbst herzlich wenig gedient, wenn sich der Verteidiger auf Kosten von Effizienz und Sorgfalt in Bezug auf die Gebühren herunterhandeln lassen würde.

Ob aber gerade in persönlicher oder sachlicher Hinsicht ein Fall vorliegt, welcher eine entsprechen niedrigere Gebühr rechtfertigt, oder ob bei realistischer Einschätzung die Möglichkeit besteht, das Verfahren bereits in einem frühen Stadium zu erledigen, in dem noch nicht so viele Gebühren angefallen sind, lässt sich kaum ohne ein entsprechendes Gespräch klären.

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M.Düllberg
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-Fachanwalt für Strafrecht-

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