WEG Gemeinschaft kontra Mieter

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Wenn die Nutzung der Mietsache durch den Mieter die anderen Eigentümer stört

Prinzipiell darf der Wohnungseigentümer sein Sondereigentum frei nutzen. Er kann es selbst bewohnen oder vermieten. Der vermietende Sondereigentümer ist aber auch an die Bestimmungen des Wohnungseigentumsrechts, also an deren Vereinbarungen und Beschlüsse, gebunden. Es stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit der Mieter, der im Sondereigentum lebt, ebenfalls verpflichtet wird. Hier wird zumindest eine „reflexartige Bindung" gesehen. (Riecke/Schmid/Elzer § 10 WEG Rn. 64 ff)

Mietvertrag widerspricht WEG-Beschluss

Schwierigkeiten entstehen dann, wenn der Mieter beispielsweise laut Mietvertrag bestimmte Nutzungsrechte hat, die sich nicht mit der Beschlusslage der Wohnungseigentümergemeinschaft decken. Das einfachste Beispiel: Tierhaltung. Im Mietvertrag erlaubt, von der WEG Gemeinschaft durch Beschluss verboten. Der Mieter kann beispielsweise auch gegen eine Hausordnung verstoßen, die die Wohnungseigentümer beschlossen haben. Grillzeiten können eingeschränkt werden, das Recht auf Musizieren. Rechte und Pflichten Die Rechtsprechung geht von verschiedenen Rechts- und Pflichtenkreisen aus. Vertragliche Beziehungen entwickeln zunächst immer der Sondereigentümer sowie die Gemeinschaft. Daneben stehen die vertraglichen Beziehungen zum Mieter. Doch diese Ansprüche können nicht isoliert gesehen werden. Prinzipiell haben auch die anderen Wohnungseigentümer Rechte gegenüber dem Mieter. Es gilt der Grundsatz: kein Wohnungseigentümer kann einen Mieter gegenüber den anderen Wohnungseigentümern weitergehende Rechte einräumen als ihm selbst zustehen.(OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1165) Die WEG Regeln strahlen also auch auf den Mietvertrag aus. Weicht der Mietvertrag also von den WEG Beschlüssen und Vereinbarungen ab, dann ist der für die übrigen Miteigentümer unzumutbar. Eine Bindung der übrigen Wohnungseigentümer an einen solchen Mietvertrag scheitert schon daran, dass der Vermieter keine Verträge zulasten Dritter abschließen darf.

Die Konsequenzen: Unterlassungsansprüche

Den Miteigentümern stehen im Falle eines solchen Rechtsverstoßes umfangreiche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche zu. Sie können diese zunächst einmal gegen den Miteigentümer geltend machen aber auch direkt gegen den Mieter. Generalsnormen sind hier die §§ 15 Abs. 3 WEG und § 1004 BGB als Schutznorm wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung. (KG ZMR 2002, 269, KG Report 2002, 269) Im Beispielsfall kann also die Wohnungseigentümergemeinschaft vom Miteigentümer verlangen, dass die Tierhaltung in der Wohnung sofort unterlassen oder das Grillen eingeschränkt wird. Derselbe Anspruch steht also auch gegenüber dem Mieter zu.

Soweit die Theorie.

Der Mieter wird jedoch in einem solchen Fall, wenn ihm vertraglich etwas erlaubt ist, auf seine Rechte bestehen. Eine solche vertragliche Erlaubnis ist nämlich nicht automatisch nichtig, weil sie gegen WEG Recht verstößt. Sie bindet zunächst einmal den Vermieter, der nun schon von Anfang an oder im Falle einer nachträglich geänderten Beschlusslage in arge Bedrängnis gerät.

Vermieter kann bis zur Opfergrenze belastet werden

Die Rechtsprechung sieht in einem solchen Fall vor, dass der Wohnungseigentümer sich bis zur so genannten "Opfergrenze" bemühen muss, mit dem mit dem Mieter eine gütliche Einigung zu finden. Wo diese Opfergrenze zu ziehen ist, ist allerdings umstritten. Es dürften hier wohl die Grundsätze des Übermaßverbots oder der Unverhältnismäßigkeit eine Rolle spielen. Ähnlich wie bei der Frage, ob einem Vermieter die Mängelbeseitigung zuzumuten ist, wenn diese mit existenzgefährdenden Kosten verbunden wäre. Es wäre unbillig, für einen kleinen Hund oder den Verzicht auf Balkongrillen den Vermieter zu ruinieren. Trotzdem kann es teuer werden. Trennungsschmerz vom geliebten Hund und Grill-Enthaltung will bezahlt werden. Gelingt dem Vermieter eine solche Anpassung des Vertrages nicht, kann er, sofern die Wohnungseigentümergemeinschaft den Unterlassungsanspruch erfolgreich durchsetzt, dem Mieter gegenüber schadensersatzpflichtig werden. Dieser dürfte auch ein außerordentliches Kündigungsrecht haben, da er die Mietsache in der vertraglichen Form nicht benutzen kann.

Die richtige Vorsorge seitens des Vermieters

Um ein derartiges Auseinanderfallen von WEG Rechten und den Mietvertrag zu verhindern, sollte der Wohnungseigentümer in den Mietvertrag auf die jeweils geltende WEG Regelung verweisen. Zulässig ist hier auch eine so genannte „dynamische Verweisungsklausel". D.h. im Mietvertrag sollte stehen, dass der Mieter sich ebenfalls an die Regeln ordnungsgemäßen Gebrauchs durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zu halten hat, notfalls sein eigenes Verhalten ändern muss, wenn sich die Beschlusslage ändert. Überdies sollte die Hausordnung mögliche Konfliktfälle regeln und Bestandteil des Mietvertrages werden, der Vermieter mit unterzeichnet wird. Vor allem Punkte wie Haustierhaltung, Grillen, Musizieren oder Grenzen der Benutzung des Balkons können hier im Vorfeld geregelt werden.

Was bedeutet das für den Mieter?

Der Mieter muss sich darauf einstellen, dass er nicht nur seinem Vermieter gegenüber verpflichtet ist, sondern auch gegenüber den anderen Miteigentümern. Wenn hier Unsicherheiten bestehen, dann sollte der Mieter darauf drängen, dass eine bestimmte Beschluss-Lage zu seinen Gunsten hergestellt wird. Er kann also vom Vermieter nicht nur verlangen, dass dieser sich an die im Vertrag vereinbarten Rechte hält, sondern diese notfalls auch gegenüber den anderen Miteigentümern durchzusetzen versucht. Für alle Parteien gilt: erst das WEG Recht (Beschlüsse und Vereinbarungen) checken, dann den Mietvertrag schließen. Wir beraten Sie gerne…

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