Von sachfremden Erwägungen beeinflusste Prüfungsentscheidung

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Urteil, Verwaltungsgericht Berlin vom 08.07.2010 Aktenzeichen: 3 A 4.06

„Eine Prüfungsentscheidung ist grundsätzlich bereits dann rechtswidrig, wenn die Bewertung nur teilweise von sachfremden Erwägungen beeinflusst ist.

Dipl. jur. Ramona Hellwig
Rechtsanwältin
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Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise des Prüfers wird man regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können. Selbst gelegentliche „Ausrutscher" und „Entgleisungen" des Prüfers, die der Prüfling auch bei einer mündlichen Prüfung hinnehmen muss, können für sich allein den Vorwurf der Unsachlichkeit nicht rechtfertigen. Unsachlich wird die Bewertung aber dann, wenn der Prüfer seiner Verärgerung über schwache Prüfungsleistungen freien Lauf lässt und dadurch die Gelassenheit und emotionale Distanz verliert, ohne die eine gerechte Beurteilung schwerlich gelingen kann.

Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet die Gerichte, auch Prüfungsentscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei „ prüfungsspezifischen Wertungen " verbleibt der Prüfungsbehörde ein die gerichtliche Kontrolle einschränkender Beurteilungsspielraum, soweit komplexe, prüfungsspezifische Bewertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres in nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen.

Im Gegensatz dazu sind fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Überprüfung und Entscheidung nicht entzogen. Eine insoweit mögliche gerichtliche Kontrolle setzt allerdings eine schlüssige und hinreichend substantiierte Rüge des Prüflings im gerichtlichen Verfahren voraus, die sich mit den fachlichen Einwendungen gegen die Prüfungsleistung inhaltlich auseinandersetzt. Macht der Prüfling hierbei geltend, er habe eine fachwissenschaftlich vertretbare und vertretene Lösung der Prüfungsaufgabe gewählt, die vom Prüfer als falsch oder nicht vertretbar bewertet wurde, hat er dies unter Hinweis auf seiner Ansicht nach einschlägige Fundstellen näher darzulegen ."