Vermieter muss Zugang der Betriebskosten-Abrechnung beweisen

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Keine Anwendung des Anscheinsbeweis

Vermieter muss Zugang der Betriebskosten-Abrechnung beweisen

Der Vermieter muss beweisen, dass dem Mieter die Betriebskosten-Abrechnung innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB zugegangen ist. Die Regeln des Anscheinsbeweises finden keine Anwendung.

Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter die Abrechnung als Einwurf-Einschreiben versandt hat. Dies geht aus einer Entscheidung des AG Köln vom 16.07.2008 ( Aktenzeichen : 220 C 435/07) hervor.

Die Betriebskosten-Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB). Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB).

Der Vermieter muss den rechtzeitigen Zugang der Betriebskostenabrechnung im sog. Vollbeweis erbringen; er kann sich nicht auf den Anscheinsbeweis berufen.

Eine Tatsache, der ein typischer Geschehensablauf zugrunde liegt, gilt zugunsten der beweisbelasteten Partei als bewiesen, solange die andere Partei nicht die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Ablaufs beweist. Ein typischer Geschehensablauf liegt aber nur vor, wenn nach der Lebenserfahrung von einem bestimmten Ereignis auf eine bestimmte Folge geschlossen werden kann (BGH, Urt. v. 27.05.1957, Az. : II ZR 132/56).

Ob von der Absendung eines Einschreibens auf den Zugang dieses Schreibens beim Empfänger geschlossen werden kann, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Das Amtsgericht Erfurt (Urt. v. 20.06.2007, Az. : 5 C 1734/06) ist von der Überlegung ausgegangen, die Häufigkeit, mit der in der tatrichterlichen Praxis Empfänger den Zugang von Schreiben bestritten, zeige, dass geradezu ein Bedürfnis dafür bestehe, die Beweiserleichterung durch die Regeln des Anscheinsbeweises zuzulassen. Aus der Tatsache, dass die Zahl verloren gegangener oder falsch zugestellter Postsendungen äußerst gering sei, folge der Erfahrungssatz, dass eine zur Post gegebene Sendung ihren Empfänger auch erreiche. Bei einem Einwurf-Einschreiben gelte dies in besonderem Maße, weil der Zusteller den Einwurf durch seine Unterschrift im Auslieferungsbeleg dokumentiere. Dieser Auslieferungsbeleg sei ein starkes Indiz für den Zugang. Aus diesem Grunde müsse der Empfänger, der den Zugang des Schreibens bestreite, Tatsachen beweisen, die die ernsthafte Möglichkeit ergäben, dass er das Schreiben tatsächlich nicht erhalten habe.

Die übrigen Gerichte folgen dieser Auffassung nicht. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 27.05.1957, Az. : II ZR 132/56) hat entschieden, dass es nach den Erfahrungen des täglichen Lebens auch unter normalen Postverhältnissen immer wieder vorkomme, dass Einschreiben ihre Empfänger nicht erreichten. Auch wenn die Zahl verloren gegangener Postsendungen gering sei, so sei weder der Verlust noch der Zugang einer Sendung typisch, beides sei vielmehr etwa gleich wahrscheinlich. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Empfänger den Nachweis, dass er das Schreiben nicht erhalten habe, in der Regel gar nicht führen könne, weil es sich hierbei um eine negative Tatsache handle. Ferner sei zu beachten, dass derjenige, der jeden Streit über den Zugang eines Schriftstücks vermeiden wolle, andere Möglichkeiten der Übersendung wählen könne, die einen sicheren Zugangsbeweis ermöglichten. Dieser Auffassung haben sich zahlreiche Gerichte angeschlossen (z. B. LG Potsdam, Urt. v. 27.07.2000, Az. : 11 S 233/99, juris; AG Kempen, Urt. v. 22.08.2006, Az. : 11 C 432/05).


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