Verfassungsgericht und Regierung umgehen Art 75 Bayrische Verfassung

15. Februar 2016 Thema abonnieren
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Lifeguard
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Verfassungsgericht und Regierung umgehen Art 75 Bayrische Verfassung

Zitat:
Art. 75 Änderung der Verfassung

(1) 1 Die Verfassung kann nur im Wege der Gesetzgebung geändert werden.

2 Anträge auf Verfassungsänderungen, die den demokratischen Grundgedanken der Verfassung widersprechen, sind unzulässig.

(2) 1 Beschlüsse des Landtags auf Änderung der Verfassung bedürfen einer Zweidrittelmehrheit der Mitgliederzahl.

2 Sie müssen dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden.

(3) Meinungsverschiedenheiten darüber, ob durch ein Gesetz die Verfassung geändert wird oder ob ein Antrag auf unzulässige Verfassungsänderung vorliegt, entscheidet der Bayerische Verfassungsgerichtshof.

(4) Änderungen der Verfassung sind im Text der Verfassung oder in einem Anhang aufzunehmen.


Wohingegen der Art 68 sagt:
Zitat:


Art. 68
(1) Der Verfassungsgerichtshof wird beim Oberlandesgericht in München gebildet.
(2) Der Gerichtshof setzt sich zusammen:

a)
in den in Art. 61 geregelten Fällen aus einem der Präsidenten der Bayerischen Oberlandesgerichte, acht Berufsrichtern, von denen drei dem Verwaltungsgerichtshof angehören, sowie zehn weiteren Mitgliedern, welche vom Landtag gewählt werden;
b)
in den Fällen des Art. 65 aus dem Präsidenten und acht Berufsrichtern, von denen drei dem Verwaltungsgerichtshof angehören;
c)
in den übrigen Fällen aus dem Präsidenten, drei Berufsrichtern, von denen zwei dem Verwaltungsgerichtshof angehören, und fünf vom Landtag gewählten Mitgliedern.

(3) 1Der Präsident und die Berufsrichter werden vom Landtag gewählt.2Sie können nicht Mitglieder des Landtags sein.


Nun stellt sich mir die Frage, wenn Art 69 BV bestimmt
Zitat:


Art. 69
Die weiteren Bestimmungen über die Organisation des Gerichtshofs und über das Verfahren vor ihm sowie über die Vollstreckung seiner Urteile werden durch Gesetz geregelt.



Wie dann Art 51 II VfGHG
Zitat:

(2) Ist hinsichtlich des Beschwerdegegenstands ein Rechtsweg zulässig, so ist bei Einreichung der Beschwerde nachzuweisen, dass der Rechtsweg erschöpft worden ist. Die Verfassungsbeschwerde ist spätestens zwei Monate nach der schriftlichen Bekanntgabe der vollständigen letztgerichtlichen Entscheidung an den Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof einzureichen.

hinsichtlich Art 120 BV
Zitat:

Jeder Bewohner Bayerns, der sich durch eine Behörde in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt fühlt, kann den Schutz des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes anrufen.

und Art 98 BV
Zitat:


Art. 98
1Die durch die Verfassung gewährleisteten Grundrechte dürfen grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.2Einschränkungen durch Gesetz sind nur zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit, Gesundheit und Wohlfahrt es zwingend erfordern.3Sonstige Einschränkungen sind nur unter den Voraussetzungen des Art. 48 zulässig.4Der Verfassungsgerichtshof hat Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken.



Wenn also Art 98 BV dem Verfassungsgerichtshof die Richtung vorschreibt, wie mit Gesetzten umzugehen ist, welche die Grundrechte (98 - 123 BV) einschränken, so wundert es mich, wenn dann ein Art 51 VfGHG bestand haben kann.
Die Frage ist,
wenn eine Behörde durch eine Handlung vermeintlich eines oder mehrere Verfassungsmäßigen Rechte einschränkt, und das Bayrische Verfassungsgericht nimmt den Fall nicht zur Entscheidung an, wenn man denen nicht beweißt, dass man erstmal am Verwaltungsgericht ein paar Euros gelassen hat,
kann man dann damit direkt zum ECHR?

Oder anders gefragt. Welches Gesetz übersehe ich, welches es dem Bayrischen Landtag ermöglicht hat, anders als über eine Verfassungsänderung den Zugang zum Bayrischen Verfassungsgericht zu limitieren.

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8 Antworten
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#2
 Von 
Lifeguard
Status:
Student
(2910 Beiträge, 1318x hilfreich)

Klar habe ich den 69 gelesen. Mir persönlich stellt sich dann jedoch trotzdem die Frage, wenn es im 98, welcher ja die Grundrechte schützen soll, eben verbietet, das Grundrechte eingeschränkt werden.
Streng genommen wäre dann der richtige Weg gewesen, den Art 120 gemäß Art 75 dahingehend anzupassen, dass dieser den Verhältnissen des Art 51 des VfGHG angepasst wird.
Die Verfassung ist ja nicht in Stein gemeißelt. (Art 75)

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#4
 Von 
FareakyThunder
Status:
Lehrling
(1158 Beiträge, 610x hilfreich)

Zitat (von Lifeguard):
Die Frage ist,
wenn eine Behörde durch eine Handlung vermeintlich eines oder mehrere Verfassungsmäßigen Rechte einschränkt, und das Bayrische Verfassungsgericht nimmt den Fall nicht zur Entscheidung an, wenn man denen nicht beweißt, dass man erstmal am Verwaltungsgericht ein paar Euros gelassen hat,
kann man dann damit direkt zum ECHR?


Die Antwort dazu: Damit Du am ECHR klagen kannst, musst Du zuerst den ganzen Instanzenzug im eigenen Land vollständig ausgeschöpft haben. Es führt kein Weg am Verwaltungsgericht vorbei.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

Zitat:
Damit Du am ECHR klagen kannst, musst Du zuerst den ganzen Instanzenzug im eigenen Land vollständig ausgeschöpft haben.


Was im übrigen eine Regelung des EGMR (so heißt er auf Deutsch) selbst ist. Fraglich im übrigen, ob der EGMR eine Regelung, die seiner eigenen entspricht, für einen Verstoß gegen die EMRK halten wird.

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Lifeguard
Status:
Student
(2910 Beiträge, 1318x hilfreich)

Es besteht folgendes Problem. (Vielleicht einfach mal hinsichtlich Art 19 GG dargestellt)
Wenn ein Gesetz ein Grundrecht einschränkt, dann heißt es noch lange nicht, dass ein unteres Gericht erstmal prüfen muss, ob, und wie ein Grundrecht eingeschränkt wird. Sondern es wird nach Gesetz entschieden.
Das kann man dann gut und gerne durch 2 Instanzen und meinetwegen dann noch durch eine Revision hauen.
Wenn man auf keinen Richter trifft, der sich erbarmt, und von sich aus die Sache zum Verfassungsgericht bringt um über die Verfassungsmäßigkeit eine Entscheidung herbei zu führen, kann man keinen Blumentopf gewinnen.
Schau ich mir sowohl das GG als auch die BV an, so kennen beide Verfassungen den Passus, nähres regelt ein Gesetzt. Wodurch sich dann die Frage stellt, warum dies dann nicht beim 120 der Fall ist, bzw der 120 sauber formuliert ist, dass wenn man sich durch ein letztinstanzliches Urteil in seinen Verfassungsmäßigen Rechten beeinträchtigt sieht...

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Rechtschreibung
Status:
Lehrling
(1107 Beiträge, 1207x hilfreich)

Der EGMR hat die BRD übrigens schon im Zusammenhang mit deren Subsidiaritätserfordernis bzw. den deswegen fortbestehenden Eingriffen in die Grundfreiheiten verurteilt. Hier wohl aber nixjt übertragbar. Mir ist unklar, warum nicht der Rechtsweg gegangen wird, der Erfolg verspricht.

Den letzten Post hier vestehe ich nicht ganz. Es muss auch der Richter am Amtsgericht den Eingriff und dessen Intensität in ein Grundrecht prüfen. Hat er dort Bedenken, darf er nicht einfach nach Gesetz entscheiden. Er muss das Gesetz verwerfen bzw. dem Verfassungsgericht vorlegen, damit dieses es verwirft. Vorteil (nach Ansicht des BVerfG): Die Entscheidung wird sachgerecht aufbereitet und liegt dem BVerfG am Ende in verständlicher Form vor. Daran scheitern selbst die meisten Beschwerden, die von Anwälten verfasst sind. Und solange diese theoretische Möglichkeit besteht, muss sie auch genutzt werden.

Dem VerfG ist bewusst, dass der Weg dorthin gerne abgekürzt wird, um Kosten zu sparen und dem Anliegen mehr Geltung zu verleihen. Das funktioniert nicht.

Und:
Wenn man sich so sicher ist, dass man mit seinem Anliegen bei den Instanzgerichten kein Gehör findet, dann kann man sich auch sicher sein, dass es weiter oben erst recht nicht klappt. Da sitzen keine Götter in rot. Deren Rechtsprechung bleibt wohl eher hinter der der Fachgerichte zurück.

Die Regelung hier (BV) ist ersichtlich nicht verfassungswidrig. Die BV selbst ermächtigt den Gesetzgeber dazu, solche Beschränkungen vorzusehen. Der Grundrechtsschutz wird nicht gemindert. Er besteht weiterhin, nur ist er jetzt subsidiär. Würde man in 120 BV das mit dem letztinstanzlichen Urteil reinschreiben, hätte man ein Problem. Gegebenfalls ist nämlich kein Rechtsweg eröffnet, der Weg zum Verfassungsgericht also ebenso verschlossen.

2x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

Ja, nur in einem Punkt muß ich widersprechen:

Zitat:
Würde man in 120 BV das mit dem letztinstanzlichen Urteil reinschreiben, hätte man ein Problem. Gegebenfalls ist nämlich kein Rechtsweg eröffnet, der Weg zum Verfassungsgericht also ebenso verschlossen.


Selbstverständlich läßt sich eine Regelung so formulieren, daß sie beide Fälle (Rechtsweg vorhanden oder nicht) abdeckt.

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