Unterhalt - Urteil des KG Berlin zum Betreuungsunterhalt

Mehr zum Thema: Familienrecht, Betreuungsunterhalt
2,75 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
4

Auch nach dem neuen Unterhaltsrecht besteht keine Verpflichtung des betreuenden Elternteils, nach der Scheidung eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen und das achtjährige Kind ganztägig in einer Betreuungseinrichtung unterzubringen.

Das KG Berlin sah aus Gründen des Kindeswohls keine Verpflichtung der Mutter, ihren Sohn ganztätig in die Obhut einer Betreuungseinrichtung zu geben, um einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Die Mutter hat weiterhin einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen ihren geschiedenen Mann.

Stefanie Helzel
Partner
seit 2007
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verkehrsrecht
Elbinger Str. 11
90491 Nürnberg
Tel: 0911/95699944
Web: http://www.verkehrsrecht-nuernberg.eu
E-Mail:
Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten, Strafrecht, Reiserecht

Der Kindsvater vertrat die Auffassung, die 3-Jahres-Grenze des § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB sei lange überschritten, das Kind könne bis 18 Uhr im Hort betreut werden und die Mutter einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, weshalb sie keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt mehr gegen ihn erheben könne.

1. Maßgeblich ist das Wohl des Kindes
Das Gericht wies die Berufung des Vaters mit der Begründung ab, sein Antrag sei mit dem Kindeswohl nicht vereinbar. Das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrecht sehe eine Förderung des Kindeswohls vor.

2. Betreuungsunterhalt auch länger als 3 Jahre
Die Regelung des § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB ist nicht als starre Grenze anzusehen, womit grundsätzlich nach drei Jahren der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfalle. Es wurde lediglich eine Mindestdauer von 3 Jahren festgelegt, in der Betreuungsunterhalt zu gewähren ist, die unter Berücksichtigung des Kindeswohls auch verlängert werden kann. Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber die Eigenverantwortlichkeit nach der Ehe stärken und das Unterhaltsrecht vereinfachen. (Anmerkung der Autorin: Hinsichtlich des letzten Punktes ist allerdings fraglich, ob der Gesetzgeber sein Ziel erreicht hat.)

3. Keine Verpflichtung zur Fremdbetreuung
Das KG Berlin machte deutlich, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, sein Kind täglich 10 Stunden betreuen zu lassen, was auch verfassungsrechtlich für bedenklich erachtet wird.

Zudem war die Mutter bereits während der Ehezeit Hauptbezugsperson des Kindes. Sie hat die ersten drei Jahre gar nicht gearbeitet und ist dann einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 25 Wochenstunden nachgegangen.

Nachdem das Kind durch die Trennung der Eltern bereits eine intakte Familie verloren hat, kann ihm nicht noch zusätzlich zugemutet werden ganztägig auf die Zuwendung der Mutter zu verzichten, welche bei einer ganztätigen Beschäftigung bis 18.45 Uhr arbeiten müsste und sich erst abends ihrem Sohn zuwenden könnte.

Eine Befristung des Unterhalts lehnte das Gericht ebenfalls ab, da eine Prognose zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist. (KG Berlin, Urteil v. 8.1.2009, 16 UF 149/08) Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen.

Fazit:
Auch nach der Unterhaltsreform ist eine Festlegung des Betreuungsunterhalts auf 3 Jahre nicht gegeben. Ob ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt bzw. die Verpflichtung zur Zahlung eines solchen gegeben ist, muss grundsätzlich im Einzelfall geprüft und entschieden werden. Danach ist zu berücksichtigen, welches Betreuungsmodell von den Eltern bereits während der Ehezeit praktiziert wurde und ob dem Kind eine ganztätige Fremdbetreuung zumutbar ist. Allein die Vermittlung von Kompetenzen durch einen Hort oder eine ähnliche Betreuungseinrichtung ist nicht maßgeblich, da lediglich Eltern ihrem Kind die notwendige Zuwendung, Geduld, Anerkennung und Förderung geben können.

Das könnte Sie auch interessieren
Familienrecht Weiteres BGH-Urteil zum Unterhalt