Unsicherheit bei Abofallen wächst

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Die neuesten Meldungen aus dem Thema Abzocke, Abofalle, Internet tragen nicht gerade zur Rechtssicherheit bei. Während im Jahre 2008 noch Zivilrichter davon ausgingen, dass es sich bei einer Abofallen-Internetseite nicht um einen versuchten Betrug handelt, gehen nun immer mehr Zivilrichter dazu über, den versuchten Betrug zu bejahen.

Das Amtsgericht Wiesbaden entschied am 04.08.2008 (93 C 619/08), dass ein Erstattungsanspruch gegen den Abofallenbetreiber nicht bestehe. Die Angabe des Preises sei zwar versteckt gewesen, doch dies reiche für eine Täuschungshandlung nicht aus.

Damit war lange Zeit ein Erstattungsanspruch der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten gegen den Betreiber einer Abofalle gerichtlich nicht durchzusetzen.

Nachdem im Jahre 2009 das Amtsgericht Karlsruhe vorpreschte und einen Erstattungsanspruch gegen den Rechtsanwalt des Abofallenbetreibers bejahte (Urteil vom 12.08.2009 - 9 C 93/09), traute sich auch das Landgericht Mannheim (Urteil vom 14.01.2010 - 10 S 53/09), ein "fahrlässiges Verhalten" beim Betreiber festzustellen und den Erstattungsanspruch zu bestätigen.

In einer ganz aktuellen Entscheidung des Amtsgerichts Marburg klagte der Verbraucher sowohl gegen den Abofallenbeteiber als auch gegen den diesen vertretenden Rechtsanwalt. Das Gericht bestätigte in seinem Urteil (08.02.2010 - 91 C 981/09) den Erstattungsanspruch, da dem Betreiber ein versuchter Betrug und dem Rechtsanwalt eine Beihilfe zum versuchten Betrug vorzuwerfen sei.

Die Zivilgerichtsbarkeit änderte damit ihre grundsätzliche Ansicht zu diesem weit verbreiteten Problem für viele Verbraucher.

Dagegen prüfen die Staatsanwaltschaften tausende von Strafanzeigen gegen Abofallenbetreiber und deren Rechtsanwälte.

Aus einer aktuellen Pressemeldung von Mitte März 2010 wird deutlich, dass die Staatsanwaltschaften die Überzeugung der Zivilgerichtsbarkeit (noch) nicht teilen. Die Staatsanwaltschaft München stellte nun das Ermittlungsverfahren gegen eine einschlägig bekannte Münchener Rechtsanwältin ein, die ebenfalls Forderungen aus Internet-Dienstleistungen geltend machte. Dabei war bekannt, dass in vielen Fällen die Forderung fallen gelassen bzw. eine Stornierung bestätigt wurde, wenn der Verbraucher durch einen Rechtsanwalt vertreten war und mit einer negativen Feststellungsklage gedroht wurde.

Die Staatsanwaltschaft erläutert ausführlich ihre Entscheidung. Die Internetseiten zweier Firmen (für die die Rechtsanwältin Forderungen einzog) würden "bei zumutbarer Aufmerksamkeit ein hinreichend wahrnehmbaren Kostenhinweis zeigen". Dadurch sei der Vorwurf der Täuschung über die Kostenpflichtigkeit nicht haltbar. Weiterhin könne der Rechtsanwältin nicht nachgewiesen werden, dass sie Forderungen geltend macht, deren Unbegründetheit vorn vornherein feststeht. Kosten bei unsicherer Rechtslage einzufordern sei kein Betrug, so die Staatsanwaltschaft.

Dagegen wirkt die Entscheidung des AG Marburg (s.o.) wie das genaue Gegenteil: "Er hätte als Rechtsanwalt und Organ der Rechtspflege erkennen können, dass er eine offensichtliche Nichtforderung für den "Abofallen"-Betreiber geltend macht."

Dabei steht die Staatsanwaltschaft München nicht alleine. Auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main stellte ein Ermittlungsverfahren gegen einen Abofallenbetreiber ein, da kein (versuchter) Betrug nachzuweisen war. 

Wie dieser Gegensatz einem geschädigten Verbraucher zu erklären sein soll, bleibt fraglich. Solange die Strafgerichtsbarkeit zu keinem anderen Ergebnis kommt, ist zu befürchten, dass der Einfallsreichtum und die Hartnäckigkeit der Abofallenbetreiber weiter wachsen und der Verbraucher "der Dumme" ist, der mangels Durchhaltevermögen und/oder Wissen um eine evtl. fehlende Berechtigung der Forderung zahlt und die Streitkassen der sich ständig neu erfindenden Firmen weiter füttert.

Mit anwaltlicher Hilfe kann für den Verbraucher eine Stornierungsbestätigung des Anbieters erwirkt werden. Damit besteht Rechtssicherheit, dass "nichts mehr kommt".