Therapie nach §35 BtmG nach angetretener Strafe / gerichtliche Entscheidung

9. Dezember 2017 Thema abonnieren
 Von 
Linarelo
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Frischling
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Therapie nach §35 BtmG nach angetretener Strafe / gerichtliche Entscheidung

Hallo, ich habe mal eine Frage zu einer etwas komplexen Situation, ich hoffe sehr dass mir jemand helfen kann, denn nach dem dritten Anwalt sind wir mittlerweile echt verzweifelt...
Mein Freund ist seit einem Monat inhaftiert. Es gibt insgesamt 3 zu vollstreckende Urteile.

Urteil 1 : 6 Monate wegen Betrug
Urteil 2 : 3 Monate wegen Betrug (widerrufene Bewährung wegen Urteil 1)
Urteil 3 : 1 Jahr und 9 Monate wegen Btm Handel (widerrufene Bewährung wegen Urteil 1, Tat an sich ist aus 2009)

Urteil 1 und 2 war zur gleichen Zeit am gleichen Ort anzutreten, was er am 7.11.17 getan hat.
Zu allen 3 Urteilen wurden die gleichen Anträge gestellt:
Vollstreckungsaufschub, Zurückstellung gemäß §35, Gnadengesuch und gerichtliche Entscheidung.
Zu Urteil 1 wurde alles zurückgewiesen bzw abgelehnt, weswegen er die Strafe angetreten hat (Rechtspflegerin hat einen Haftbefehl erlassen). Zu Urteil 2 steht die Antwort auf die Anträge noch immer aus. Die formalen Voraussetzungen für §35 BtmG waren hier einfach nicht gegeben, was wir dann akzeptiert haben. Kurze Zwischeninfo: Nachdem der Pflichtverteidiger nicht wirklich erfolgbringend war, haben wir den Anwalt gewechselt. 500€ Vorschuss und wieder daneben gegriffen. Ich habe als Laie tagelang vorm Internet gehockt und alles selber geschrieben. Man hat immer nur leere Versprechen gehört. Um geschriebene Anträge per Fax nur zu verschicken wurden Wochen benötigt. Nachdem mein Freund reingegangen ist hab ich dann beim Anwalt angerufen und wollte bescheid sagen was noch gemacht werden muss, da musste ich erfahren dass der Anwalt 2 Wochen im Urlaub ist - ohne vorher bescheid zu sagen. Daraufhin habe ich einen neuen Anwalt rausgesucht, der hat auch wieder 400€ Vorschuss bekommen aber bisher nichts gemacht (habe eine Kopie des Antrages verlangt den er angeblich rausgeschickt hat aber immernoch nichts bekommen, e-mails werden nicht beantwortet und Rückrufe zu dringenden Fragen erfolgen auch nicht)) und gesagt, dass er mir keine großen Hoffnungen machen kann (dass Urteil 3 auf Therapie geht), was ich nicht verstehe, DENN:

Mein Freund ist Erstverbüßer und kann von den insgesamt 9 Monaten am 06.05.2017 (nach 2/3) in Therapie gehen. Das hat die Dame von der Suchtberatung der JVA ihm gesagt und das steht auch so schon auf seinem Vollzugsplan. Alle Unterlagen wie Kostenzusage, Therapieplatz etc hat er alles schon vor Haftantritt zusammen gehabt und muss es nicht erst aus der Haft heraus beantragen wie viele andere. Jetzt kommt das eigentliche Thema wozu ich Hilfe benötige:
Urteil 3 auf Therapie wurde aus dem Grund abgelehnt, dass die formalen Voraussetzungen nicht gegeben waren, da noch 2 weitere zu vollstreckende, nicht zurückstellungsfähige Strafen (Urteil 1 und 2) ausstehen. Die hat er aber ja jetzt angetreten und somit SIND DANN ALLE formalen Voraussetzungen gegeben. Er "darf" ja im Mai dann in Therapie, jetzt muss Urteil 3 sich ja quasi nur noch dranhängen und Therapie statt Strafe genehmigen. Er erfüllt alles was benötigt wird um §35 antreten zu können.. Die Tat wurde unter Drogeneinfluss begangen, im Urteil ist der Handel UND Konsum erwähnt, seine Bewährungsauflagen erforderten regelmäßige UKs, die Strafe ist nicht höher als 2 Jahre usw usw.
Aber irgendwie versteht der aktuelle Anwalt nicht was ich von ihm will und gestern erst kam wieder Post vom OLG dass der Antrag bei Urteil 3 auf den 35er abgelehnt wird mit der Begründung, dass ja noch die 2 anderen Strafen zu vollstrecken seien. Dann hat der Anwalt da scheinbar noch gar nichts hingeschickt und die wissen wohl nicht dass mein Freund sich schon in Haft befindet oder wie soll ich mir das erklären? Das wurde auch zu seiner alten Adresse geschickt.. Und was noch dazu kommt, es wurde nicht nur abgelehnt bzw zurückgewiesen, sondern obendrein wollen die noch 5000€ haben weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unbegründet wäre... Mein Freund sagt, dass jeder mit dem er sich bisher in der JVA unterhalten hat das alles gar nicht verstehen kann und sagt, dass die Therapie jetzt eigtl auf jeden Fall genehmigt werden muss... was kann ich oder können wir denn jetzt nun noch machen dass die StA von Urteil 3 dem 35er zustimmt? Es sind ja alle formalen Voraussetzungen gegeben, es gibt dieses Gesetzt ja nicht umsonst... Bitte helft mir, bin echt verzweifelt :( Viele liebe Grüße

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9 Antworten
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#1
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
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Das sah nach bisheriger Rechtslage komplett schlecht aus, wenn man sich die BGH-Entscheidung BGH 5 AR (VS) 22/10 - Beschluss vom 4. August 2010 ansieht. Da geht es zwar um den umgekehrten Fall, also dass zunächst eine zurückstellungsfähige Strafe verbüßt wird und sich nicht zurückstellungsfähige anschliessen (daher wurde dort Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge beantragt), jedoch taucht in der Entscheidungsbegründung ein Passus auf, der auch auf diesen Fall hier zutrifft.

Zitat:
Mein Freund ist Erstverbüßer und kann von den insgesamt 9 Monaten am 06.05.2017 (nach 2/3) in Therapie gehen.


Nein, genau das geht nach der o.g. Entscheidung nicht. Das formale Prozedere läuft so ab, dass die beiden ersten Strafen in der Reihenfolge "kurz vor lang" [§ 43 StVollstrO] bis zu ihrem jeweiligen 2/3-Zeitpunkt vollstreckt und dann nach § 454b StPO -pro forma- unterbrochen werden. Es werden also zunächst 2 von den 3 Monaten vollstreckt, diese Vollstreckung (auf dem Papier) unterbrochen und dann 4 von den 6 Monaten vollstreckt. Insgesamt ist man dann bei 6 Monaten Vollstreckung (soweit richtig). Nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung hindern jedoch die beiden Strafreste (1 Monat und 3 Monate) aus Urteil 1 und 2 eine Zurückstellung einer 3. Strafe nach § 35 BtmG

Zitat:


BGH aaO

[...]

Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im angefochtenen Beschluss (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart NStZ-RR 2009, 28 , 29 f.; Kornprobst in MünchKommStGB Nebenstrafrecht I § 35 BtMG Rdn. 130) stellt dabei die nach § 454b Abs. 2 StPO in ihrer Vollstreckung unterbrochene, nicht gemäß § 35 BtMG zurückstellungsfähige Strafe eine im Sinne des § 35 Abs. 6 Nr. 2 BtMG zu vollstreckende Strafe dar, die die Zurückstellung der weiteren Strafen gemäß § 35 BtMG hindert (in diesem Sinne auch OLG München NStZ 2000, 223 ; KG, Beschluss vom 3. April 2009 - 4 VAs 3/09 ; Körner aaO § 35 Rdn. 316).

9
[...]
10
[...]

11
bb) § 454b Abs. 2 StPO ermöglicht eine Unterbrechung der Vollstreckung zum Zweidrittelzeitpunkt lediglich zum Zweck der Vollstreckung weiterer Freiheitsstrafen. Die Vorschrift schafft hingegen nicht die Grundlage, die Strafvollstreckung zur Ermöglichung einer Therapie nach Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG zu unterbrechen. Hätte der Gesetzgeber die zuletzt genannte Möglichkeit eröffnen wollen, so wäre eine ausdrückliche Regelung erforderlich gewesen. Denn ein Verurteilter, der sich gemäß § 35 BtMG einer Therapie unterzieht, befindet sich nicht mehr im Strafvollzug. Dies verdeutlicht der Wortlaut von § 35 Abs. 1 BtMG . Danach wird die Vollstreckung der Strafe "zurückgestellt", die Strafe mithin gerade nicht vollstreckt. Dementsprechend gehört die Therapiezeit nicht zur Strafvollstreckung im eigentlichen Sinne. Vielmehr ist sie nach § 36 BtMG auf die Strafe anzurechnen.

12
b) Die Vollstreckungsunterbrechung nach § 454b Abs. 2 StPO belässt die jeweils von ihr betroffene Strafe weiterhin im Stadium der Vollstreckung. Sie ist deshalb eine "zu vollstreckende" im Sinne des § 35 Abs. 6 Nr. 2 BtMG .




Davon abgesehen sind hier aber auch noch 1-2 andere Problempunkte:

Zitat:
Alle Unterlagen wie Kostenzusage, Therapieplatz etc hat er alles schon vor Haftantritt zusammen gehabt und muss es nicht erst aus der Haft heraus beantragen wie viele andere. Jetzt kommt das eigentliche Thema wozu ich Hilfe benötige:
Urteil 3 auf Therapie wurde aus dem Grund abgelehnt, dass die formalen Voraussetzungen nicht gegeben waren, da noch 2 weitere zu vollstreckende, nicht zurückstellungsfähige Strafen (Urteil 1 und 2) ausstehen. Die hat er aber ja jetzt angetreten und somit SIND DANN ALLE formalen Voraussetzungen gegeben


Eine Kostenzusage gilt nur 6 Monate (wenn sich da nicht kürzlich was geändert haben sollte), d.h. die Therapie müsste binnen 6 Monaten nach Ausstellung der Kostenzusage angetreten werden. Das wäre hier selbst dann nicht gewährleistet, wenn er auf den Tag genau nach 6 Monaten "entlassen" würde, da die Kostenzusage ja bereits vor der Haft ausgestellt wurde.


Zitat:
Die Tat wurde unter Drogeneinfluss begangen, im Urteil ist der Handel UND Konsum erwähnt,


Das reicht so eigentlich nicht. Es muss sich zweifelsfrei ergeben, dass die Tat aufgrund einer Abhängigkeit begangen wurde (nur eine Tat unter BTM-Einfluss zu begehen, gibt das noch nicht her). Bis vor kurzem musste das sogar wortwörtlich im Urteil stehen. Aber offenbar wurde § 35 BtmG kürzlich wieder auf die alte Version zurückgeändert, nach der es ausreichend ist, dass sich die Abhängigkeit, bzw. die Tatsache, dass die Tat Folge der Abhängigkeit ist "irgendwie" aus den Urteilsgründen ergibt oder sonst feststeht. Von daher kann es gut sein, dass diese Bedingung hier erfüllt ist.


Lichtblick für Euch ist eine Gesetzesänderung, die erst seit 4 Monaten in Kraft ist und die die Anwälte wohl noch nicht kennen. Diese Änderung hebt die o.g. BGH-Entscheidung quasi auf.

Es handelt sich um Abs. 3 des § 454b StPO :

Zitat:
(3) Auf Antrag des Verurteilten kann die Vollstreckungsbehörde von der Unterbrechung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 absehen, wenn zu erwarten ist, dass nach deren vollständiger Verbüßung die Voraussetzungen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes für eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe erfüllt sein werden.


Bedeutet: Dein Freund muss beantragen, dass keine Vollstreckungsunterbrechung bei den beiden kurzen Strafen vorgenommen wird, sondern sie komplett vollstreckt werden, also 9 Monate. Erst dann liegen (nach jetzt neuer Rechtslage) die Voraussetzungen vor, die 3. Strafe nach § 35 BtmG zurückzustellen, wenn alle weiteren Voraussetzungen gegeben sind.

Der eigentliche Fehler war hier, die Zurückstellung zu früh beantragt zu haben (selbst wenn es so hätte klappen können, wie Ihr Euch das gedacht habt)

Das das OLG ja nun bereits offenbar negativ entschieden hat, bleibt eigentlich nur zunächst mal den o.g. Antrag auf Nicht-Unterbrechung der Vollstreckung zu stellen und wenn der positiv beschieden ist, einen neuen Antrag auf Zurückstellung nach § 35 BtmG zu stellen. Mit neuer Kostenzusage, die min. bis September 2018 gültig ist (besser länger) und mit neuer Therapieplatzzusage für Mitte August 2018.

Abschliessende Frage:

Zitat:
Und was noch dazu kommt, es wurde nicht nur abgelehnt bzw zurückgewiesen, sondern obendrein wollen die noch 5000€ haben


Wie kommst Du denn auf die Idee?



-- Editiert von !!Streetworker!! am 10.12.2017 02:57

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#2
 Von 
fb367463-2
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Schlichter
(7422 Beiträge, 3093x hilfreich)

:respekt:
:rock:

Signatur:

"Valar Morghulis"

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Linarelo
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo Streetworker, vielen Dank erstmal für Deine ausführliche Antwort :-)

Zitat (von !!Streetworker!! ):


Zitat:
Mein Freund ist Erstverbüßer und kann von den insgesamt 9 Monaten am 06.05.2017 (nach 2/3) in Therapie gehen.


Nein, genau das geht nach der o.g. Entscheidung nicht. Das formale Prozedere läuft so ab, dass die beiden ersten Strafen in der Reihenfolge "kurz vor lang" [§ 43 StVollstrO] bis zu ihrem jeweiligen 2/3-Zeitpunkt vollstreckt und dann nach § 454b StPO -pro forma- unterbrochen werden. Es werden also zunächst 2 von den 3 Monaten vollstreckt, diese Vollstreckung (auf dem Papier) unterbrochen und dann 4 von den 6 Monaten vollstreckt. Insgesamt ist man dann bei 6 Monaten Vollstreckung (soweit richtig). Nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung hindern jedoch die beiden Strafreste (1 Monat und 3 Monate) aus Urteil 1 und 2 eine Zurückstellung einer 3. Strafe nach § 35 BtmG

Zitat:


Naja also das haben wir uns ja nicht ausgerechnet, sondern das hat die Dame von der Suchtberatung der JVA ihm so mitgeteilt und das steht in seinem Vollzugsplan. Daher kam ja erst die Idee, dass das 3. Urteil sich "einfach dranhängen" kann...


Davon abgesehen sind hier aber auch noch 1-2 andere Problempunkte:

Eine Kostenzusage gilt nur 6 Monate (wenn sich da nicht kürzlich was geändert haben sollte), d.h. die Therapie müsste binnen 6 Monaten nach Ausstellung der Kostenzusage angetreten werden. Das wäre hier selbst dann nicht gewährleistet, wenn er auf den Tag genau nach 6 Monaten "entlassen" würde, da die Kostenzusage ja bereits vor der Haft ausgestellt wurde.

Ja ich bin schon mit dem Herrn von der örtlichen Drogenberatung (bei dem wir den Antrag gestellt haben) in Kontakt um das alles zu verlängern.


Zitat:
Die Tat wurde unter Drogeneinfluss begangen, im Urteil ist der Handel UND Konsum erwähnt,


Das reicht so eigentlich nicht. Es muss sich zweifelsfrei ergeben, dass die Tat aufgrund einer Abhängigkeit begangen wurde (nur eine Tat unter BTM-Einfluss zu begehen, gibt das noch nicht her). Bis vor kurzem musste das sogar wortwörtlich im Urteil stehen. Aber offenbar wurde § 35 BtmG kürzlich wieder auf die alte Version zurückgeändert, nach der es ausreichend ist, dass sich die Abhängigkeit, bzw. die Tatsache, dass die Tat Folge der Abhängigkeit ist "irgendwie" aus den Urteilsgründen ergibt oder sonst feststeht. Von daher kann es gut sein, dass diese Bedingung hier erfüllt ist.

Ja das ist so im Urteil zu erkennen, habe ich etwas wirsch formuliert sorry


Lichtblick für Euch ist eine Gesetzesänderung, die erst seit 4 Monaten in Kraft ist und die die Anwälte wohl noch nicht kennen. Diese Änderung hebt die o.g. BGH-Entscheidung quasi auf.

Es handelt sich um Abs. 3 des § 454b StPO :

Zitat:
(3) Auf Antrag des Verurteilten kann die Vollstreckungsbehörde von der Unterbrechung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 absehen, wenn zu erwarten ist, dass nach deren vollständiger Verbüßung die Voraussetzungen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes für eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe erfüllt sein werden.


Bedeutet: Dein Freund muss beantragen, dass keine Vollstreckungsunterbrechung bei den beiden kurzen Strafen vorgenommen wird, sondern sie komplett vollstreckt werden, also 9 Monate. Erst dann liegen (nach jetzt neuer Rechtslage) die Voraussetzungen vor, die 3. Strafe nach § 35 BtmG zurückzustellen, wenn alle weiteren Voraussetzungen gegeben sind.

Der eigentliche Fehler war hier, die Zurückstellung zu früh beantragt zu haben (selbst wenn es so hätte klappen können, wie Ihr Euch das gedacht habt)

Das das OLG ja nun bereits offenbar negativ entschieden hat, bleibt eigentlich nur zunächst mal den o.g. Antrag auf Nicht-Unterbrechung der Vollstreckung zu stellen und wenn der positiv beschieden ist, einen neuen Antrag auf Zurückstellung nach § 35 BtmG zu stellen. Mit neuer Kostenzusage, die min. bis September 2018 gültig ist (besser länger) und mit neuer Therapieplatzzusage für Mitte August 2018.

Ja also hiermit komme ich auch noch nicht so ganz klar. Urteil 1 und 2 (3 und 6 Monate) sind wie gesagt zur gleichen Zeit am gleichen Ort anzutreten gewesen, weshalb ich davon ausging, dass das schon "zusammengerechnet" wurde? Wobei er ja derzeit eigentlich zuerst die 6 Monate absitzt, da von den 3 Monaten noch immer keine Antwort auf die gerichtliche Entscheidung und das Gnadengesuch kam. Und dann hat wie gesagt die Dame von der Suchtberatung der JVA von sich aus direkt den 06.05.18 als Therapieantritt erwähnt. Wir haben wie gesagt leider mit den Anwälten auch schon reichlich daneben gegriffen, hast du evtl noch eine Empfehlung in die Richtung? Wir kommen aus Nordhessen, der ansässige Ort wäre dabei aber eigentlich egal, Hauptsache wir bekommen endlich mal fachlich korrekte Unterstützung... Es ist wirklich sehr nervenaufreibend wenn man so alleine dasteht, alles selbst rausfinden muss und ständig diese Ungewissheit mit sich rumträgt... Außerdem wurde die Ablehnung ja lediglich damit begründet, dass noch 2 nicht zurückstellungsfähige Strafen ausstehen.

Abschliessende Frage:

Zitat:
Und was noch dazu kommt, es wurde nicht nur abgelehnt bzw zurückgewiesen, sondern obendrein wollen die noch 5000€ haben


Wie kommst Du denn auf die Idee?

Ich zitiere mal mehrere Stellen aus dem Brief des OLG:
Einmal aus dem Beschluss:
"1. Der Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 EGGVG gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
3. Der Geschäftswert wird auf 5000€ festgesetzt."

Weiter heißt es in den Gründen:

"Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung kostenfällig als unbegründet zu verwerfen, den Geschäftswert auf 5000€ festzusetzen und die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.



-- Editiert von !!Streetworker!! am 10.12.2017 02:57


Also nochmal kurz zusammengefasst: Würdest du abschließend sagen, dass die Chance auf jeden Fall besteht das Urteil von 1 Jahr und 9 Monaten auf Therapie zu machen? Habe vorhin erst mit ihm telefoniert und er meinte, dass sogar die Leute in der JVA Therapie genehmigt bekommen, die einfach nur früher raus wollen und danach weitermachen wollen. Kann ja irgendwie nicht sein dass es dann bei ihm, wo zu erkennen ist dass die BtM sich durch sein Leben ziehen wie ein roter Faden und der sich wirklich ändern will nicht funktioniert :-(

-- Editiert von Linarelo am 10.12.2017 12:20

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9523x hilfreich)

Zitat:
Ja also hiermit komme ich auch noch nicht so ganz klar. Urteil 1 und 2 (3 und 6 Monate) sind wie gesagt zur gleichen Zeit am gleichen Ort anzutreten gewesen, weshalb ich davon ausging, dass das schon "zusammengerechnet" wurde? Wobei er ja derzeit eigentlich zuerst die 6 Monate absitzt, da von den 3 Monaten noch immer keine Antwort auf die gerichtliche Entscheidung und das Gnadengesuch kam.


Nein, da wird nichts zusammengerechnet. Es wird eine Strafe nach der anderen vollstreckt. Die erste wird dann zu ihrem 2/3-Zeitpunkt unterbrochen.und die 2. vollstreckt (ebenfalls zum 2/3-Zeitpunkt). Die Reihenfolge ist eigentlich egal, wobei das Gesetz halt vorsieht, dass zuerst die kurze vollstreckt wird.

Zitat:
Und dann hat wie gesagt die Dame von der Suchtberatung der JVA von sich aus direkt den 06.05.18 als Therapieantritt erwähnt.


Dann kennt sie offenbar weder die alte BGH-Rechtsprechung, noch die neue Rechtslage seit 4 Monaten. Ich kann es nur wiederholen: Nach alter Rechtslage wäre eine Zurückstellung der 3. Strafe nach § 35 BtmG nicht möglich gewesen (nach 6 oder 9 Monaten), sondern frühestens dann, wenn auch für die 3. Strafe der 2/3-Zeitpunkt erreicht gewesen wäre, also nach insgesamt 20 Monaten im Vollzug. 2 Monate von 3, plus 4 Monate von 6, plus 14 Monate von 21 = 2+4+14 =20.

Nach neuer Rechtslage ist die Zurückstellung nach 9 Monaten möglich. Dafür müssen aber wie gesagt die beiden kurzen Strafen komplett vollstreckt sein. Es muss also ein Antrag auf "Nicht-Unterbrechung" nach § 454b, Abs. 3 StPO gestellt werden.

Zitat:
Außerdem wurde die Ablehnung ja lediglich damit begründet, dass noch 2 nicht zurückstellungsfähige Strafen ausstehen.


Ja, das ist ja auch soweit korrekt. Nach alter Rechtslage sowieso und auch in Hinblick auf die neue. Denn hier muss erst mal der Antrag nach § 454b, Abs. 3 StPO gestellt werden, was ja bisher nicht geschehen ist.

Zitat:
hast du evtl noch eine Empfehlung in die Richtung? Wir kommen aus Nordhessen


Nördlich oder südlich von Kassel?

Zitat:
Der Geschäftswert wird auf 5000€ festgesetzt."


Ja, so hab ich mir das schon gedacht. :grins: Das bedeutet nicht, dass die 5.000 € von Euch haben wollen, sondern das 5.000 € der Gegenstandswert (im Zivilverfahren sagt man auch "Streitwert") ist, nach dem sich die Gebühren berechnen. Wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch den Anwalt gestellt wurde, hat er Anspruch auf eine 1,3 Gebühr. Eine 1,3 Gebühr bei einem Gegenstandswert von 5.000 € sind 393,90 zzgl. 19% USt., also 468,74 €. Diesen Betrag kann der Anwalt für das Verfahren nach § 23 EGGVG von Euch verlangen. Dazu kommen die Gerichtsgebühren, deren Höhe ich jetzt so ad hoc nicht weiß. Wenn ich beim Überfliegen des GKG gerade die richtige Stelle gefunden habe, dürften das 130,00 € sein. Insgesamt wäre man dann also bei 598,74 € und nicht bei 5.000 € ;)

-- Editiert von !!Streetworker!! am 10.12.2017 14:27

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#5
 Von 
Linarelo
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Huhu, direkt aus Kassel, wobei Entfernung keine Rolle spielt..
Ah ja, habe gerade nochmal in der beigefügten Rechnung nachgesehen, wer lesen kann ist klar im Vorteil :D
146€ sollen an die Landesjustizkasse Bamberg gezahlt werden (Urteil 3 ist von der StA Nürnberg).
Wobei der Antrag nicht vom Anwalt kam, sondern von mir selber, da wir ja leider Anwalttechnisch mehrmals daneben gegriffen haben :( Und wenn wir gerade schonmal dabei sind, wie ist das mit Prozesskostenhilfe? Bisher haben wir immer alles selber gezahlt bzw seine Familie, aber jetzt inhaftiert ist er ja mittellos, was gibt es da für Möglichkeiten? Vielen Dank nochmal, du bist mir echt eine große Hilfe!

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9523x hilfreich)

Zitat:
146€ sollen an die Landesjustizkasse Bamberg gezahlt werden


Ja, das kommt hin. 130,00 € plus ein paar Zustellungsgebühren wahrscheinlich.

Aktuell braucht ihr eigentlich keinen neuen Anwalt. Jedenfalls nicht unbedingt. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde ja zurückgewiesen. Damit ist erstmal Ende.

Was jetzt wie gesagt gemacht werden muss ist zu beantragen, dass bei den beiden kurzen Strafen keine Unterbrechung zum 2/3 Zeitpunkt nach § 454b, Abs. 2, Nr. 2 StPO stattfindet, sondern die beiden kurzen Strafen nach § 454b, Abs. 3 StPO komplett vollstreckt werden (also die kompletten 9 Monate), um so eine Zurückstellung der 3. Strafe nach § 35 BtmG zu ermöglichen. Früher als nach 9 Monaten wird es nichts mit dem 35er. Auch wenn die Tante von der DROBS was anderes erzählt. Wenn dieser Antrag positiv beschieden ist (oder auch schon etwas vorher - den besten Zeitpunkt kann man mal direkt bei der Staatsanwaltschaft nachfragen) kann ein erneuter Antrag auf Zurückstellung nach § 35 BtmG gestellt werden, mit deutlichem Hinweis auf den anderen Antrag nach § 454b, Abs. 3 StPO , der das bisherige Hindernis dann ja ausräumt.

Was Prozesskostenhilfe angeht: PKH gibt es im Strafrecht grds. nicht für Angeklagte/Verurteilte. Es gibt nur Pflichtverteidigung, unter bestimmten Bedingungen (bei schwieriger Sach- oder Rechtslage) auch im Strafvollstreckungsverfahren.

Ich schicke Dir gleich mal einen Link zu einer Anwaltskanzlei nicht all zu weit von Kassel entfernt, die in BTM-Sachen sehr gut ist, per PN, kann Dir aber vorab sagen dass die nicht ganz billig sind und auch nicht ständig zwischendurch irgendwelche Fragen am Telefon oder per mail beantworten werden. Bzw. wenn doch, werden sie sich diesen Extra-Service entsprechend bezahlen lassen.

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9523x hilfreich)

Ach so, was mir gerade noch einfällt. In diversen Internetforen für Strafrecht (auch hier) tummeln sich Betrüger, die mehr oder weniger auf halbwegs verzweifelte Leute warten. Da kommt dann eine PN in dem Stil:

Zitat:
"Hallo, mein Bruder/Onkel/Neffe hatte genau das gleiche Problem wie Du. Ich kenne einen super Anwalt, der denen da auch rausgeholfen hat usw. Gib mal Deine Adressdaten/Telefonnummer/eMailadresse usw."


Kurz danach kommt dann eine mail oder ein Anruf von dem "Super-Anwalt" (der natürlich in Wirklichkeit keiner ist), der das Blaue vom Himmel verspricht. Als nächstes kommt dann die Forderung für seine Dienste mehrere Tausend Euro auf ein Bankkonto in Osteuropa oder gar per Western Union zu überweisen, damit er anfangen kann tätig zu werden.

Solltest Du solch eine PN bekommen, lass die Finger davon. Das ist 100% Abzocke. Das Geld ist weg ohne jegliche Gegenleistung. Ich kenne einige Opfer dieser Masche. Leider haben die sich alle erst gemeldet als es zu spät war.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Linarelo
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo Streetworker,
großes Dankeschön nochmal für die kompetente Unterstützung!
Ich war heute bei einem neuen Anwalt, der hat mir direkt genau das gesagt, was du mir geschrieben hast :-)
Jetzt muss ich nur noch dem alten Anwalt sein Mandat entziehen, wie schreibe ich das am besten und was ist mit dem Geld? Er hat 400€ Vorschuss bekommen, bisher keine Dienstleistungen erbracht... Viele Grüße!

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9523x hilfreich)

Zitat (von Linarelo):
großes Dankeschön nochmal für die kompetente Unterstützung!
Ich war heute bei einem neuen Anwalt, der hat mir direkt genau das gesagt, was du mir geschrieben hast :-)


Gerne geschehen :)

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