Steuerbescheide anfechten – wie geht es richtig?

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I. Einspruch

In diesen Tagen läuft die reguläre Abgabefrist für die Steuererklärung 2006 aus und einige Zeit später kommt dann der Steuerbescheid des Finanzamts ins Haus geflattert. Nicht immer bringt dieser gute Nachrichten. Doch auch, wenn eine Steuererstattung ansteht, muss der Bescheid nicht immer richtig sein. Was passiert, wenn das Finanzamt etwas zu Ihren Gunsten übersehen hat und Steuer erstattet, wo Sie hätten nachzahlen müssen? In diesem Beitrag möchte ich Ihnen die Möglichkeiten aufzeigen, die Sie haben um gegen Steuerbescheide vorzugehen. Selbst dann, wenn die Einspruchsfrist schon abgelaufen ist.

Der eigentliche Rechtsbehelf im Steuerrecht ist der Einspruch. Dieser ist, ordnungsgemäße Belehrung vorausgesetzt, allerdings nur innerhalb eines Monats möglich. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Bescheids. Wird der Bescheid mit der Post versandt, gilt er am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wenn er nicht zu einem späteren Zeitpunkt bei Ihnen ankommt. Ist die Post schneller und der Brief schon am nächsten Tag bei Ihnen, ändert dies an der gesetzlichen Vermutung nichts, der Bescheid gilt dennoch als am dritten Tag bekannt gegeben. Fällt dieser Tag auf ein Wochenende oder einen Feiertag beginnt die Frist erst am nächsten Werktag. Fällt das Fristende auf ein Wochenende oder einen Feiertag, endet die Frist auch erst am nächsten Werktag.

Ihren Einspruch müssen Sie nun schriftlich oder zur Niederschrift beim Finanzamt erklären. Dabei müssen Sie keine ausgefeilte Begründung angeben, auch wenn dies die Erfolgsaussichten Ihres Einspruchs möglicherweise verbessert. Sie müssen auch keinen speziellen Antrag stellen, es genügt, wenn aus dem Schreiben hervorgeht, wer Einspruch eingelegt hat und wogegen. Auch eine Falschbezeichnung (z.B. als Widerspruch) schadet nicht.

Nach fristgerechtem Einspruch überprüft das Finanzamt den Bescheid noch einmal vollumfänglich. Das Risiko dabei: Sie haben keinen Schutz vor einer Verschlechterung. Wenn also der Sachbearbeiter einen Fehler zu Ihren Gunsten gemacht hat, dieser von der Rechtsbehelfsstelle entdeckt wird, dann darf der Bescheid auch noch zu Ihren Ungunsten geändert werden.

Weil die Voraussetzungen für den Einspruch so gering sind, werden im Einspruchsverfahren allerdings grundsätzlich keine Kosten erstattet, auch nicht, wenn Sie mit Ihrem Einspruch obsiegen.

Wenn der Einspruch erfolglos bleibt, kommt nur noch eine Klage zum Finanzgericht in Betracht. Auch diese ist innerhalb eines Monats einzulegen. Gewinnen Sie mit Ihrer Klage, bekommen Sie nun auch die Kosten für Ihren Anwalt, evtl. sogar noch für das Einspruchsverfahren erstattet.

II. Änderungsvorschriften für Steuerbescheide

Was aber tun, wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist? Zunächst einmal ist dann zu prüfen, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt. Sind Sie z.B. am letzten Tag der Frist auf dem Weg zum Finanzamtsbriefkasten mit Ihrem Einspruch in der Tasche gestürzt und mußten ins Krankenhaus, dann wird Ihnen Wiedereinsetzung gewährt. Kommt eine solche nicht in Betracht, müssen Sie versuchen, über die Änderungsvorschriften der AO ans Ziel zu gelangen. Dies ist jedoch nicht ganz so einfach.

Ein Steuerbescheid, gegen den der Einspruch nicht mehr zulässig ist, ist bestandskräftig. Die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids bedarf eines besonderen Grundes.

Hierbei ist jedoch das Finanzamt klar im Vorteil. Dieses darf einen bestandskräftigen Bescheid schon dann ändern, wenn neue Tatsachen bekannt werden, die eine höhere Steuer zur Folge haben. Neu sind dabei solche Tatsachen, die dem Bearbeiter der Steuererklärung noch nicht bekannt war als er die Abschlussverfügung unterzeichnet hat. Das allein rechtfertigt eine Durchbrechung der Bestandskraft zu Gunsten des Finanzamts.

Zu Ihren Gunsten kommt eine Änderung nur dann in Betracht, wenn Sie kein grobes Verschulden trifft, dass die Tatsachen erst nachträglich bekannt werden. Haben Sie z.B. eine Frage falsch beantwortet, obwohl in den Ausfüllhinweisen eine Anleitung dazu war, liegt ein grobes Verschulden vor und der Bescheid kann nicht mehr geändert werden. Diese Einschränkung gilt allerdings nicht, wenn die günstigen Tatsachen im Zusammenhang mit ungünstigen stehen, die nachträglich berücksichtigt wird. Haben Sie also vergessen, eine Einnahme geltend zu machen und das Finanzamt ändert deshalb den Bescheid, dann können Sie die zu dieser Einnahme gehörenden Werbungskosten ebenfalls noch nachträglich geltend machen.

Änderungen kommen auch in Betracht, wenn die Festsetzungen widerstreitend sind oder ein bestimmter Sachverhalt erkennbar in einem Jahr deshalb nicht erklärt wurde, weil er in einem anderen Jahr erklärt werden sollte (dies aber nicht möglich ist). Auch dann kommt eine Änderung zu Ihren Gunsten in Betracht.

Nicht zu Ihren Lasten berücksichtigt werden darf, dass eine Vorschrift, auf die eine Ihnen günstige Steuerfestsetzung beruht vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde oder von einem obersten Bundesgericht für verfassungswidrig gehalten wird. Umgekehrt können Sie auch keine Änderung verlangen, wenn eine Ihnen ungünstige Norm für nichtig erklärt wurde, es sei denn, sie hätten rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Nach dem bisher Geschriebenen ist das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, dass Sie einen Fehler zu Ihren Ungunsten entdecken, diesen beim Finanzamt melden und dieses nach Überprüfung die Änderung ablehnt, da keine Änderungsvorschrift einschlägig ist, gleichzeitig aber selbst eine andere neue Tatsache entdeckt hat, auf die es nun selbst eine Änderung zu Ihren Lasten stützt. Zum Beispiel möchten Sie weitere Werbungskosten/ Betriebsausgaben geltend machen (Minderungsbetrag 1000,- €), das Finanzamt stellt im Zuge der Nachprüfung fest, dass Sie versehentlich Zinseinkünfte nicht angegeben haben (Erhöhungsbetrag 500,- €). Die Änderung zu Ihren Gunsten wird abgelehnt, zugleich aber die Änderung zu Ihren Lasten vorgenommen. Doch in diesem Fall kann Ihnen noch begrenzt weitergeholfen werden:

Zwar können Sie die Änderung zu Ihren Gunsten nicht durchsetzen, doch können Sie ggf. damit die Änderungen des Finanzamts ausgleichen. Im obigen Beispiel führt das dazu, dass die 1000,- € aus den Werbungskosten insoweit ausgeglichen werden, als sie mit der zulässigen Erhöhung des Finanzamts verrechnet werden. Von der Erhöhung bleibt daher nichts mehr übrig. Eine Erstattung können Sie dennoch nicht verlangen.

III. Änderungsvorschriften für sonstige Steuerverwaltungsakte

Für Steuerverwaltungsakte die nicht Steuerbescheide sind gelten andere Änderungsvorschriften auf die im Rahmen dieses Beitrags jedoch nicht eingegangen werden kann. Zusammenfassend lässt sich jedoch bemerken, dass diese für das Finanzamt strenger sind als die Änderungsvorschriften für Steuerbescheide.

IV. Zusammenfassung

Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Steuerbescheid falsch ist, legen Sie am besten rechtzeitig Einspruch ein, da die spätere Änderung eines Steuerbescheids zu Ihren Gunsten sehr schwierig ist. Beauftragen Sie hierzu am besten einen Rechtsanwalt, der sich sowohl in der Abgabenordnung als auch im materiellen Steuerrecht auskennt. Nur, wer im Verfahrensrecht seine Rechte und Pflichten kennt, kann die materiell-rechtlichen Ansprüche wirksam durchsetzen.

Gerne helfe ich Ihnen weiter!


Ein Beitrag von Rechtsanwalt Jochen Hägele
Kanzlei Hägele & Paul
www.kanzlei-hup.de

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