Sorgerecht: Kein Umgangsrecht gegen den Willen des Kindes; Wechselmodell nur bei Kooperation der Eltern

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1. Wenn ein Kind ausdrücklich und aus nachvollziehbaren Gründen den Umgang mit einem Elternteil verweigert, können die Treffen befristet ausgesetzt werden. Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht Nürnberg (Az.: 10 UF 790/08). Grundsätzlich hat der nichtbetreuende Elternteil einen vom Gesetz anerkannten und durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Anspruch auf Umgang mit seinem Kind. Dadurch soll ihm ermöglicht werden, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrecht zu erhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen.

Zu einer Einschränkung oder einem Ausschluss des Umgangsrechts darf es nur kommen, wenn und soweit nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Ein gegen den Willen des Kindes erzwungener Umgang kann dessen seelische Entwicklung akut gefährden und ist daher unvereinbar mit dessen Persönlichkeitsrechten.

2. Ein Betreuungs-Wechselmodell setzt die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Gegen den Willen eines Elternteils kann ein Betreuungs-Wechselmodell nicht familiengerichtlich angeordnet werden. Ein Betreuungs-Wechselmodell ist mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, wenn das Kind durch den ständigen Wechsel belastet wird und keine Stabilität erfahren kann. Dies entschied das Oberlandesgerichts Koblenz (Az.:11 UF 251/09).

In dem Fall praktizierten die Eltern seit ihrer Trennung ein Wechselmodell. Das Wechselmodell hat für die Kinder mit sich gebracht, dass für sie ein Lebensmittelpunkt fehlt. Sie sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Zwischen den Parteien besteht ein hohes Konfliktpotential. Die Kommunikation, die sich vorübergehend leicht verbessert hatte, ist weiterhin gestört. Eine reibungslose Kommunikation und Verständigung über die Belange der Kinder ist nicht möglich. Die Mutter wollte an dem Wechselmodell nicht mehr festhalten.

Das Oberlandesgericht gab ihr Recht und legte fest, dass die Kinder künftig schwerpunktmäßig bei der Mutter leben. Ein Wechselmodell diene grundsätzlich dann nicht dem Kindeswohl, wenn ein hohes Konfliktpotenzial zwischen den Eltern besteht. Ein Wechselmodell könne auch nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden.