Sonderkündigungsschutz nach dem Pflegezeitgesetz

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Am 01.07.2008 ist das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) in Kraft getreten. Wenig bekannt ist, das mit diesem Gesetz, welches in erster Linie Freistellungsansprüche und einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung regelt, auch die Möglichkeit eines weitreichenden Sonderkündigungsschutzes eröffnet wird.

Grundsätzlich sind Arbeitsverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse im Rahmen der gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben sowie der Vereinbarungen im Arbeitsvertrag ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündbar. Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer nur dann, wenn sie unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen (KSchG). Voraussetzung hierfür ist, das in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden und das Arbeitsverhältnis länger als zehn Monate bestanden hat (§§ 23, 1 KSchG) entspricht hier schon dem allgemeinen Kündigungsschutz. Daneben gibt es den besonderen Kündigungsschutz, der bei schwer behinderten Menschen und Schwangeren zum Tragen kommt.

In der Regel ist aber der Kündigungsschutz davon abhängig, dass eine mindestens sechs monatige Betriebszugehörigkeit gegeben ist.

Das Pflegezeitgesetz eröffnet jetzt einen weiteren Sonderkündigungsschutztatbestand: Nach § 5 PflegeZG darf der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG oder der Pflegezeit nach § 3 PflegeZG nicht kündigen. Mit der Ankündigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung dürfte die Mitteilung nach § 2 Abs. 2 PflegeZG gemeint sein.

Wenn die Ankündigung der Pflegezeit erfolgt, kann in besonderen Fällen von der für den Arbeitsschutz zuständigen Obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklärt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG). Dies bedeutet, dass diese Zustimmung zunächst eingeholt werden und rechtskräftig werden muss, was einige Zeit in Anspruch nimmt und darüber hinaus auch einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung diesen sehr weiten Kündigungsschutz eingrenzt, wie dies etwa beim Sonderkündigungsschutz für schwer behinderte Menschen zeitlich erfolgt ist. Zunächst ist aber davon auszugehen, das mit der Ankündigung der Pflegezeit (ohne das einen Ankündigungsfrist geregelt ist) der Sonderkündigungsschutz greift.

Arbeitnehmern, die konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass ihr Arbeitsverhältnis demnächst gekündigt werden soll, sollten deshalb prüfen, ob sie über nahe Angehörigkeit im Sinne des § 7 im Sinne des PflegeZG verfügen (nach dem Gesetz Eltern, Großeltern und Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie Schwiegerkinder und Enkelkinder) haben, die pflegebedürftig im Sinne des Gesetzes sind, also zumindest der Pflegestufe eins unterliegen. Sofern für diese Personen ein konkreter Pflegebedarf jetzt oder in absehbarer Zukunft besteht, sollte eine Ankündigung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen, um den Sonderkündigungsschutz nicht zu gefährden.

Für Arbeitgeber stellt sich die Frage nach Vermeidungsstrategien. Verschiedene Ansätze werden hier in der Literatur diskutiert.

Die rechtliche Ausgestaltung dieser weitreichenden Neuregelung obliegt letzendlich den Gerichten. Es bleibt abzuwarten, ob z. B. im Hinblick auf die nicht normierte Wartezeit von der Rechsprechung Einschränkungen vorgenommen werden, wie dies schon im Schwerbehindertenrecht der Fall war.

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