Sondereigentumsfähigkeit von Wasserleitungen

10. Oktober 2016 Thema abonnieren
 Von 
dxdy
Status:
Frischling
(49 Beiträge, 33x hilfreich)
Sondereigentumsfähigkeit von Wasserleitungen

Guten Tag,

ich bitte um hilfreiche Kommentare zu folgender Situation (Mehrfamilienhaus mit Eigentumswohnungen).
Vielen Dank im Voraus.

Im Badezimmer von A befindet sich ein Wasserzähler sowie Absperrhahn, mit der man das Wasser im gesamten Badezimmer abstellen kann. Der Knauf zum Absperren liegt natürlich an der Oberfläche, während das eigentliche Ventil im inneren der Wand ist.
Von dem Absperrhahn führt die Wasserleitung weiter in der Wand zum Waschbecken, zur Badewanne und zur Klospülung.
Die Wand ist tragend und deshalb eindeutig Gemeinschaftseigentum.
Nun ist die Leitung zwischen dem Absperrhahn und dem Waschbecken undicht. Die Wand muss also aufgestemmt werden, um an die defekte Leitung zu kommen.

Nun stellt sich die Frage, ob die defekte Leitung Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist.

BGH, Urteil v. 26.10.2012, V ZR 57/12 ist bekannt, hilft A aber nicht unbedingt weiter, da der Schaden ja hinter dem ersten Absperrhahn liegt. A fragt sich, ob etwas (= Leitung) überhaupt Sondereigentum sein kann, wenn es vollständig von Gemeinschaftseigentum (=Wand) umschlossen ist.
A will natürlich wissen, wer die Reperatur bezahlt (A oder die WEG) und wer den Schaden in A's Bad, der durch das Aufstemmen der Wand entsteht (neue Fliesen etc.) bezahlt. Die WEG hat eine Gebäude- und Leitungswasserversicherung.

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10 Antworten
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#1
 Von 
guest-12321.10.2020 15:11:31
Status:
Lehrling
(1531 Beiträge, 917x hilfreich)

Zitat (von dxdy):
A fragt sich, ob etwas (= Leitung) überhaupt Sondereigentum sein kann, wenn es vollständig von Gemeinschaftseigentum (=Wand) umschlossen ist.

Dann könnte die Wohnung auch nicht Sondereigentum sein, da sie ja von Gemeinschaftseigentum umschlossen ist ;-)


Zitat (von dxdy):
A will natürlich wissen, wer die Reperatur bezahlt (A oder die WEG) und wer den Schaden in A's Bad, der durch das Aufstemmen der Wand entsteht (neue Fliesen etc.) bezahlt. Die WEG hat eine Gebäude- und Leitungswasserversicherung.

Sollte es durch die Versicherung gedeckt sein - dann zahlt es die Versicherung.
Ansonsten trägt der Sondereigentümer die Kosten sowohl für die eigentliche Reparatur als auch für den Schaden als solches.

"§ 5 Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums
(1)Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen
Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können,
ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht
eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die
äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird."
Spätestens hinter diesem Absperrhahn kann alles entfernt oder verändert werden ohne das dies Einfluss das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht hat.

Grundsätzlich können Wohnungseigentümer Schadensersatzansprüche gegen die Gemeinschaft nur dann geltend machen,
wenn ihr ein Verschulden zuzurechnen ist. Beim erstmaligen Auftreten und Bekanntwerden des Schadens ist das grundsätzlich
nicht der Fall. Siehe BGH V ZR 10/10

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#2
 Von 
R.M.
Status:
Bachelor
(3882 Beiträge, 2382x hilfreich)

Zitat:
Dann könnte die Wohnung auch nicht Sondereigentum sein, da sie ja von Gemeinschaftseigentum umschlossen ist ;-)
Das war auch mein erster Gedanke. Sogar vollständig von Gemeinschaftseigentum umschlossen!

Signatur:

lg.
R.M.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16532 Beiträge, 9305x hilfreich)

Zitat:
Dann könnte die Wohnung auch nicht Sondereigentum sein, da sie ja von Gemeinschaftseigentum umschlossen ist ;-)

A dachte mehr an die Tatsache, dass man Gemeinschafteigentum beschädigen muss (Wand aufstemmen) um überhaupt an das Sondereigentum heranzukommen.
Bei Wohnungen gibt es ja extra dafür bestimmte Vorrichtungen, mit denen sich das Sondereigentum ohne Beschädigung des Gemeinschaftseigentums erreichen lässt (z.B. Türen). Hätte eine Wohnung keine Tür (oder gleichwertige Zutrittseinrichtung), wäre sie nicht sondereigentumsfähig, weil man dann erst eine Wand einreißen muss, um die Wohnung zu betreten. Das Einreißen einer Wand wäre aber eine unzulässige Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums.

Zusatzfrage: Die Absperreinrichtung selbst wäre aber Gemeinschaftseigentum, oder?

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#4
 Von 
R.M.
Status:
Bachelor
(3882 Beiträge, 2382x hilfreich)

Zitat:
Zusatzfrage: Die Absperreinrichtung selbst wäre aber Gemeinschaftseigentum, oder?

In den allermeisten Teilungserklärungen ist diese Frage ziemlich genau definiert, daher bitte zuerst nachlesen. I.d.R. ist vereinbart, dass die Stichleitung entweder ab dem Abzweig von der Hauptleitung oder ab (einschließlich) dem Absperrventil zum Sondereigentum gehört.

Ist diese Frage in der TE nicht eindeutig definiert kann es streitbar sein
Je nach vertretener Ansicht:
- kann das Absperrventil nicht entfernt werden, denn sonst würde ja das Wasser auslaufen und damit würde gemäß § 14 Abs. 1 WEG den anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachsen.
- kann das Absperrventil entfernt und die Leitung abgestopft werden. Das hierfür erforderliche kurzzeitige Absperren der Hauptleitung ist kein Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus.

Ich tendiere zu letzterer Ansicht.

Signatur:

lg.
R.M.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
guest-12321.10.2020 15:11:31
Status:
Lehrling
(1531 Beiträge, 917x hilfreich)

Zitat (von drkabo):
A dachte mehr an die Tatsache, dass man Gemeinschafteigentum beschädigen muss (Wand aufstemmen) um überhaupt an das Sondereigentum heranzukommen.

Dann sind also auch sämtliche Kabel (welche ja in der Wand verlaufen) in deiner Wohnung ebenso Gemeinschaftseigentum wie alle Steckdosen und Lichtschalter? Denn auch um diese zu montieren musste das "Gemeinschaftseigentum Wand" beschädigt werden - sie befinden sch sogar darin.


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#6
 Von 
dxdy
Status:
Frischling
(49 Beiträge, 33x hilfreich)

Zitat:
In den allermeisten Teilungserklärungen ist diese Frage ziemlich genau definiert, daher bitte zuerst nachlesen. I.d.R. ist vereinbart, dass die Stichleitung entweder ab dem Abzweig von der Hauptleitung oder ab (einschließlich) dem Absperrventil zum Sondereigentum gehört.

In der Teilungserklärung von A ist die Regelung mit "ab Abzweigung von der Hauptleitung" enthalten.
Allerdings hat der BGH eine solche Regelung doch - mehr oder weniger - verworfen (V ZR 57/12 ).

Zitat:
Denn auch um diese zu montieren musste das "Gemeinschaftseigentum Wand" beschädigt werden - sie befinden sch sogar darin.

Die Frage war durchaus ernst gemeint. Wie würden Sie denn die Entscheidung des OLG München vom 4. September 2009, Az. 32 Wx 44/09 , verstehen?
... Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen stehen die überprüften, nach den Feststellungen im Estrich verlegten Leitungen im Gemeinschaftseigentum. Sondereigentum kann nach § 5 Abs. 1 WEG nur sein, was ohne Beeinträchtigung fremden Sondereigentums oder des gemeinschaftlichen Eigentums verändert oder beseitigt werden kann. Die verfahrensgegenständlichen Rohre können nur durch einen Eingriff in den im Gemeinschaftseigentum stehenden Estrich (vgl. Schmid/Kahlen WEG § 5 Rn. 50; Rieke/Schmid/Schneider/Förth Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht § 5 WEG Rn. 45) beseitigt und anders verlegt werden (vgl. auch BayObLG WuM 1993, 79 ff.; WEZ 1988, 417 f.; KG WE 1989, 97 f.), sieht man von einer den Wohnungseigentümern nicht zumutbaren offenen Verlegung über dem Estrich ab. ...




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#7
 Von 
guest-12321.10.2020 15:11:31
Status:
Lehrling
(1531 Beiträge, 917x hilfreich)

Zitat (von dxdy):
In der Teilungserklärung von A ist die Regelung mit "ab Abzweigung von der Hauptleitung" enthalten.
Allerdings hat der BGH eine solche Regelung doch - mehr oder weniger - verworfen (V ZR 57/12 ).

Das sehe ich nicht so. Wie heißt es doch im Urteil so schön:
"Eine Leitung, die außerhalb des Sondereigentums streckenweise durch das Gemeinschaftseigentum verlaufe, sei jedenfalls zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen; das gelte auch dann, wenn diese Leitung nur eine Sondereigentumseinheit versorge."
Dies bezieht sich also nur auf eine evtl. Regelung die besagt: Ab der Steigleitung / der Hauptleitung / der xyz", und auch dann nur auf Leitungen die noch durch Gemeinschaftseigentum verlaufen (wie eben in diesem speziellen Fall).
Aber dieser Fall steht hier doch gar nicht im Raum.
Besagte Leitung liegt in deiner Wohnung, versorgt nur deine Wohnung und die defekte Stelle befindet sich hinter einem Absperrhahn.

Aber was solls, erklär sie doch zum Gemeinschaftseigentum. Wie steht im WEG §20 zu Gemeinschaftseigentum so schön:
[k]"(1)Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 und dem Verwalter nach Maßgabe der §§ 26 bis 28, im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem nach Maßgabe des § 29."[/k]
Dann warte eben ab bis zur nächsten Eigentümerversammlung. Auf der kann die Gemeinschaft dann ja abstimmen ob das Rohr repariert wird, oder nicht.
Natürlich kannst Du einen negativen Beschluss dann anfechten.
Und natürlich wird die Gemeinschaft, zur Schadensminderung, bis dahin diese Leitung absperren/still legen ;-)






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#8
 Von 
0815Frager
Status:
Master
(4953 Beiträge, 2377x hilfreich)

Zitat (von dxdy):
Die verfahrensgegenständlichen Rohre können nur durch einen Eingriff in den im Gemeinschaftseigentum stehenden Estrich (vgl. Schmid/Kahlen WEG § 5 Rn. 50; Rieke/Schmid/Schneider/Förth Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht § 5 WEG Rn. 45) beseitigt und anders verlegt werden (

Zitat (von dxdy):
Nun ist die Leitung zwischen dem Absperrhahn und dem Waschbecken undicht. Die Wand muss also aufgestemmt werden, um an die defekte Leitung zu kommen.

Ist doch eine Sache für die Hausratversicherung, einfach mal bei denen Fragen. Das Aufstemmen ist analog zur Stromversorgung kein Eingriff ins Gemeinschaftseigentum, sonst dürfte man auch keine elektrischen Leitungen verlegen.

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#9
 Von 
guest-12321.10.2020 15:11:31
Status:
Lehrling
(1531 Beiträge, 917x hilfreich)

Zitat (von 0815Frager):
Ist doch eine Sache für die Hausratversicherung

Seit wann denn das?

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#10
 Von 
R.M.
Status:
Bachelor
(3882 Beiträge, 2382x hilfreich)

Zitat:
In der Teilungserklärung von A ist die Regelung mit "ab Abzweigung von der Hauptleitung" enthalten.
Allerdings hat der BGH eine solche Regelung doch - mehr oder weniger - verworfen (V ZR 57/12 ).

Tobias hat richtigerweise schon geschrieben, dass im Falle der BGH-Entscheidung die betreffende Leitung räumlich im Gemeinschaftseigentum liegt, d.h. außerhalb der Wohnung. Daher ist dieser Fall nicht übertragbar.
Auch das Urteil des OLG München halte ich für grenzwertig und praxisfern: das zweifle ich schon mal, dass man ein Abwasserrohr im Estrich verlegen kann - Estriche in Wohnungen haben i.d.R. nicht die erforderliche Stärke - vielmehr dürfte es sich um den Rohfußboden bzw. Geschossdecke handeln oder eine Dämmlage unter dem Estrich - das alles wäre unzweifelhaft Gemeinschaftseigentum.
Bauchschmerzen habe ich auch mit der ausgesprochen engen Auslegung:
Zitat:
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen stehen die überprüften, nach den Feststellungen im Estrich verlegten Leitungen im Gemeinschaftseigentum. Sondereigentum kann nach § 5 Abs. 1 WEG nur sein, was ohne Beeinträchtigung fremden Sondereigentums oder des gemeinschaftlichen Eigentums verändert oder beseitigt werden kann. Die verfahrensgegenständlichen Rohre können nur durch einen Eingriff in den im Gemeinschaftseigentum stehenden Estrich beseitigt und anders verlegt werden
So gesehen sind die Wanddübel zur Befestigung von Hängeschränke auch Gemeinschaftseigentum, wenn diese in einer tragenden oder das Sondereigentum abgrenzenden Wand verankert werden. Beschlussantrag: "Die Gemeinschaft möge beschließen, im Gemeinschaftseigentum Wanddübel nach Vorgabe des Nutzer durch einen Fachbetrieb anbringen zu lassen. Die Kosten gehen zu Lasten der WEG in die laufende Abrechnung ein."
Viel Spaß!
Im Übrigen hat das BGH die Frage, ob Leitungen, die unter Putz in tragenden Wänden verlegt sind, zum Gemeinschafts- oder zum Sondereigentum gehören, in besagtem Urteil ausdrücklich nicht entschieden. Schade.

Letztlich ist alles sowieso egal für die Frage, wer die Kosten zu tragen hat. Selbst wenn mit Eurer Vereinbarung in der Teilungserklärung, ab Abzweig sei die Leitung Sondereigentum, diese Leitung unzulässigerweise zu Sondereigentum erklärt worden sei, so würde diese Vereinbarung regelmäßig dahingehend ausgelegt werde, dass es sich damit um eine Vereinbarung zur Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Kostentragungspflicht handle. Ergo: auch wenn es Gemeinschaftseigentum ist hat der betroffen Wohnungseigentümer die Leitung instandzusetzen und die Kosten zu tragen (es sei denn eine Versicherung leistet Schadensersatz, leider aber oftmals nur für den Schaden und die Wiederherstellung am Gebäude selbst, nicht jedoch für die reine Reparatur der schadensursächlichen Leitung.

Signatur:

lg.
R.M.

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