Skandal um Abgaswerte: Welche Rechte haben VW-Fahrer?

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Grundsätze und Verhaltensempfehlungen

Skandal um Abgaswerte: Welche Rechte haben VW-Fahrer?

VW ist die meistgefahrene Automarke in Deutschland. Millionen Fahrzeuge sollen auch in Deutschland mit manipulierten Abgassystemen verkauft worden sein. Auch andere Marken sollen betroffen sein. Was bedeutet das für den einzelnen VW-Fahrer in Deutschland? Kann er womöglich sein Fahrzeug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben?

1. Ausgangslage

Nach deutschem Recht ist ein Kaufvertrag rückabzuwickeln, wenn entweder der Käufer vom Verkäufer arglistig getäuscht wurde, oder der Käufer ein Fahrzeug übergeben hatte, welches nicht den Vereinbarungen entsprach.

a) Arglistige Täuschung

Ob in Deutschland Käufer juristisch relevant arglistig getäuscht wurden, ist derzeit noch mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Denn relevant ist eine Täuschung nur, wenn der aufgrund der Täuschung eingetretene Irrtum entscheidend für die eigentliche Kaufentscheidung war. Und mal ehrlich: Sein Auto kauft man doch heutzutage wohl eher weniger im Hinblick auf den Schadstoffausstoß.

b) Gewährleistung

Schon eher kommt ein Rücktritt aus Gewährleistungsgründen in Betracht. Voraussetzung für diesen Rücktrittsanspruch ist, dass der Verkäufer ein Auto mit anderen (schlechteren) Eigenschaften als vereinbart übergeben hat. Das Auto hat dann rechtlich einen Mangel, der (nach Aufforderung zur Mangelbeseitigung) zum Rücktritt berechtigt.

Sind etwa im Verkaufsprospekt Angaben zum Schadstoffausstoß gemacht, die mit der Realität nicht übereinstimmen, kann dies ein Mangel sein, wenn der Käufer hierdurch einen Nachteil erleidet. Denkbar ist etwa, dass der Wert des Fahrzeuges aufgrund der Manipulation plötzlich sinkt und schwerer verkäuflich wird oder dass die Schadstoffklasse nicht mehr eingehalten werden kann oder aber dem Käufer eben gerade um ein sauberes Fahrzeug ging.

Ob tatsächlich aufgrund der manipulierten Abgassysteme eine Mangel vorliegt, kann noch nicht abschließend gesagt werden. Dazu ist die Faktenlage noch zu dünn, gerade für Deutschland. Bevor man in ein teures Gutachten investiert, sollte man die nächste Zeit abwarten. Es könnte sein, dass VW einen Mangel anerkennt. Es könnte auch sein, dass Verbände wie der ADAC entsprechende Gutachten in Auftrag geben.

Allerdings sollte man hierbei die Verjährung im Auge behalten! Diese beträgt nämlich zunächst einmal nur 2 Jahre ab Übergabe des Autos. Ob dies auch im vorliegenden Fall gilt, bleibt abzuwarten. Insbesondere wegen der im Raum stehenden arglistigen Täuschung könnte eine Verlängerung der Frist in Betracht kommen, wenn sich der einzelne Autohändler die Täuschung des Konzerns zurechnen lassen müsste.

Es empfiehlt sich, etwaige Ansprüche schon einmal anzumelden und beim Verkäufer Nachbesserung zu verlangen, um den Lauf der Verjährung zu unterbrechen. Vorab sollte man sich vom Autobauer schriftlich die Schadstoffwerte bestätigen lassen. Aber Achtung: War der Schadstoffausstoß nicht vertraglich in bestimmter Höhe zugesichert, dürfte es auch keine Gewährleistungsansprüche geben! Insbesondere beim Kauf vom freien Händler und entsprechend bei Gebrauchtwagen dürfte das meistens der Fall sein.

2. Fazit

Vieles ist derzeit noch unklar. Stellt der tatsächlich höhere Abgasausstoß einen Mangel dar? Liegt eine juristisch relevante arglistige Täuschung vor? Wie verhält sich VW im weiteren Verlauf? Vieles spricht für Entschädigungs- oder Rücktrittsansprüche der VW-Kunden. Trotzdem ist derzeit blinder Aktionismus unangebracht. Unter Umständen empfiehlt sich, die Verjährung durch Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs zu unterbrechen, wenn man weiß, dass man betroffen ist.

Zusatztipp

Klarer ist die Rechtslage übrigens, wenn Ihr Fahrzeug mehr Sprit verbraucht als angegeben. Dann liegt ein klarer Mangel vor. Sie können dann Ihr Fahrzeug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben, wenn eine gewisse Erheblichkeitsschwelle (ca. 10 %) überschritten ist. Dies gilt sogar dann, wenn der Verkaufsprospekt darauf hinweist, dass der versprochene Verbrauch nur unter Laborbedingungen eingehalten werden kann. Eine kleine Nutzungsentschädigung für die schon gefahrenen Kilometer müssen Sie sich allerdings anrechnen lassen (wohl ca. 30 Cent je gefahrenen km).

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