Sieg in Kündigungsschutzverfahren für Mitarbeiter der Deutschen Bank vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main

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Mangels klarer interner Regularien und Kontrollen war Kündigung ohne vorherige Abmahnung unwirksam

Ausgangslage:

Vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main haben vier Mitarbeiter in erster Instanz mit ihren Kündigungsschutzklagen gewonnen. Die Deutsche Bank AG hatte gekündigt, weil die Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem sogenannten Libor/Euribor Skandal angeblich gegen ihre Arbeitspflichten verstoßen hätten. Die Kündigung erfolgt fristlos, hilfsweise ordentlich. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hielt alle für unwirksam und verurteilte die deutsche Bank zur Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter und zur Nachzahlung der Gehälter.

Aufgabe der gekündigten Mitarbeiter sei es gewesen, Referenzzinssätze zu ermitteln und an die für die Feststellung des jeweiligen Referenzzinssatzes zuständige Berechnungsstelle zu übermitteln. Aus Sicht des Kreditinstituts begründet das in diesem Zusammenhang an den Tag gelegte Kommunikationsverhalten der gekündigten Mitarbeiter den Verdacht, diese hätten ihre Position ausgenutzt, um durch die Teilnahme am Prozess zur Ermittlung der Referenzzinssätze einen Profit der Händler zu ermöglichen.

Das Gericht hält die Kündigungen für unverhältnismäßig und daher unwirksam. Zunächst hat das Arbeitsgericht betont, dass (selbstverständlich) eine unzulässige Absprache zwischen Ermittlern/Übermittlern der Euribor/Libor Referenzzinssätze und Händlern einen wichtigen Kündigungsgrund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung darstellen kann. Für ein solches Verhalten der klagenden Arbeitnehmer seien auch Anhaltspunkte vorhanden. Letztlich sei im Rahmen der konkret vorzunehmenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber von einer Unwirksamkeit der Kündigung auszugehen.

Ausdrücklich offen ließ das Gericht, ob die Deutsche Bank von dem Verhalten ihrer Mitarbeiter wusste. Hierzu war der Vortrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern widersprüchlich.

Entscheidend sei aus Sicht des Gerichts vielmehr, dass bei der Deutsche Bank AG zu der Zeit, in der die streitgegenständlichen Kommunikationen stattfanden, weder klare Regularien implementiert waren, noch Kontrollen erfolgten, um eine strikte Trennung zwischen den Ermittlern/Übermittlern des Referenzzinssatzes und den Derivatehändlern zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund hätte es nach Ansicht des Gerichts vor Ausspruch der Kündigungen zumindest einer vorherigen Abmahnung bedurft. Den Arbeitnehmern hätte klargemacht werden müssen, dass eine Hinnahme der Kommunikation durch die Deutsche Bank AG offensichtlich ausgeschlossen war.

Gegen die Urteile ist das Rechtsmittel der Berufung zum Hessischen Landesarbeitsgericht möglich.

(Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteile vom 11. September 2013 – Aktenzeichen 9 Ca 1551/13, Aktenzeichen 9 Ca 1552/13, Aktenzeichen 9 Ca 1553/13, Aktenzeichen 9 Ca 1554/13)

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:

Arbeitgeber sollten unbedingt darauf achten, dass bei der Beschäftigung ihrer Mitarbeiter insbesondere solche Punkte klar geregelt werden, die Arbeitnehmer in eine heikle Situation, bzw. einen Interessenswiderspruch bringen können. Zumindest dann, wenn die Arbeitnehmer grundsätzlich glauben, auch zum (wirtschaftlichen) Wohle des Arbeitgebers zu handeln, kann der Arbeitgeber, wenn dies dann andere Nachteile (hier öffentliche negative Publizität) mit sich bringt, nicht ohne weiteres wirksam mit der „Keule Kündigung" reagieren. Hier muss den betroffenen Arbeitnehmern zunächst über eine klare Ansage, gegebenenfalls verstärkt durch eine Abmahnung, Gelegenheit gegeben werden, ihr arbeitsvertragliches Verhalten anders zu gestalten.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer bewusst oder unbewusst bei schwierigen Entscheidungen „allein lassen", also keine klaren Ansagen/Vorgaben zum Verhalten in solchen Situation machen. Solange es gut läuft, interessiert es keinen. Gibt es dann Probleme, reagieren Arbeitgeber häufig übereilt mit einer Kündigung. Hiergegen sollten sich Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen mit einer Kündigungsschutzklage wehren. Häufig kann zwar das Arbeitsverhältnis nicht gerettet, aber eine hohe Abfindung erzielt werden. Wer solche unangenehmen Situationen von vornherein vermeiden will, sollte in derart heiklen Fällen, vorab klare Instruktionen des Arbeitgebers einholen.

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