Selbst ist der Fahrer

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Von Rechtsanwalt Christoph Strieder

Geradezu klassisch ist die Situation, dass der Gebrauchtwagenkäufer mit seinem neu erworbenen Glanzstück schon auf den ersten Fahrtkilometern feststellen musste: "Mehr Schein als Sein". Auf Grund der langen Gewährleistungsfristen von in der Regel 24 Monaten beim Kauf von Sachen wird aber auch so mancher Käufer eines Neuwagens im ungünstigsten Moment der Fahrt davon überrascht, dass das Kfz sich nicht mehr sofort bewegen will, wie man dies eigentlich gewohnt ist und erwartete.

Landläufig werden neben heftigem Fluchen weitere Schritte mit einem Abschleppdienst und fataler Weise einer möglichst in der Nähe gelegenen Werkstatt behoben.

Wer dies im Rahmen einer Herstellergarantie bei einer Vertragswerkstatt vornehmen lässt, muss weiter keine Probleme befürchten. Regelmäßig beinhaltet eine solche Garantie die Möglichkeit, in jeder Werkstatt einen auftretenden Mangel in einer bestimmten Zeit zu beheben.

Wer aber mit einem KFZ-Defekt zu einer anderen Werkstatt fährt, als sie der Händler bietet, verliert seine Gewährleistungsrechte. Die entschied der BGH mit Urteil v. 23.2.05, Az VIII ZR 100/04. Zur Begründung führt der BGH an, dass der Verkäufer mit seinem Recht – aber auch seiner Verpflichtung - zur "Nachbesserung", also Reparatur auf eigene Kosten, die Möglichkeit haben soll, zu ermitteln, ob überhaupt ein Mangel vorliegt und wenn dies zu bejahen ist, in welchem Umfang. Zudem soll der Verkäufer den Defekt kostengünstig beheben können.

Der Käufer kann also die Rechte aus der Gewährleistung einer Sache erst dann geltend machen, wenn er zuvor erfolglos eine Frist zur Nachbesserung/Nachlieferung setzte. Zudem gibt es weitere gesetzliche Ausnahmetatbestände, bei denen eine Nachbesserung nicht zunächst abgewartet werden muss.

Die Kosten der Reparatur ohne eine erforderliche Fristsetzung sind auch keine Aufwendungskosten im Sinne des § 326 II, IV BGB analog. Insofern sollen die Gewährleistungsvorschriften vorrangig sein.

Die Entscheidung des BGH stößt auf rechtliche Bedenken. Gerade bei KFZ, aber auch bei anderen Sachen, deren Nutzung nach Kauf dringend nötig ist. Nicht verständlich ist insbesondere die Argumentation des BGH, nach welcher der Käufer die Kosten der Behebung des Defektes nicht im Wege des Aufwendungsersatzes gegen den Verkäufer soll geltend machen können. Dem Verkäufer wird in einem solchen Fall nämlich nicht der Nachweis abgeschnitten, dass kein Mangel vorhanden war, vielmehr muss der der Käufer diesen darlegen und beweisen, will er mit seinen Ansprüchen auf Aufwendungsersatz durchdringen. Hierzu darf er mit Rücksicht auf seine Schadensminderungspflicht nur die notwendigen Kosten entstehen lassen. Die neue Rechtsprechung zum Defektfall im Gewährleistungsrecht führt zudem dazu, dass der Käufer sich durch eine Reparatur des Fehlers, der unstreitig regelmäßig erst nach Übergabe der Sache entstanden ist, den Nachweis abschneidet, dass der später aufgetretene Fehler schon z.Zt. der Übergabe der Kaufsache "veranlagt" war. Der Käufer würde also seinen Aufwendungsersatz nur dann erhalten können, wenn er den Mangel und dessen Ursache umfangreich dokumentiert und beweisbar macht. Andernfalls wird er – richtigerweise - bei Selbstreparatur keinerlei Ersatzleistungen vom Verkäufer beanspruchen können.

Ob also Gewährleistung und Schadenersatz oder Aufwendungsersatz vom Käufer der mangelhaften Sache geltend gemacht werden können, er also eine Reparatur oder Neulieferung, Schadens- und Aufwendungsersatz verlangen oder vom Vertrag zurücktreten kann, hängt immer von den besonderen Umständen ab. Weigert sich der Verkäufer und bietet "Vergleiche" oder "Kulanzhandlungen" an, ist eine anwaltlichen Beratung oder Vertretung regelmäßig unvermeidbar.