Schuldfähigkeit bei Straftaten

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Unterbringung in einer Psychiatrie oder Entziehungsanstalt

Unter Schuldfähigkeit versteht man die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Man spricht insoweit von Einsichtsfähigkeit und Steuerungsfähigkeit. Die Schuldfähigkeit von Heranwachsenden und Erwachsenen beurteilt sich ausschließlich nach den §§ 20, 21 StGB.

Maßgeblich für die Frage der Schuldfähigkeit ist das Vorliegen bestimmter biologischer Eingangsmerkmale, nämlich krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit. Eine krankhafte seelische Störung kann insbesondere bei Schizophrenie, Alkohol- oder Betäubungsmittelintoxikation vorliegen. Hauptanwendungsfall in der Praxis ist der Alkoholrausch. Zur Bewertung bedarf es aber immer einer Gesamtschau von Täterperson und Tatverhalten. Informationsquelle für den Grad der Alkoholisierung können eine beim Täter entnommene Blutprobe oder Trinkmengenangaben sein.

Die Begehung einer Straftat kann neben oder anstelle der Bestrafung auch zur Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung führen. In Betracht kommt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB.

Bei Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB müssen die Voraussetzungen gemäß den §§ 20, 21 StGB positiv festgestellt werden. Eine Schuldunfähigkeit zum Tatzeitpunkt muss zumindest möglich sein, eine verminderte Schuldfähigkeit sicher bestehen. Steht die Schuldunfähigkeit des Täters bereits im Ermittlungsverfahren fest, wird über die Unterbringung im Sicherungsverfahren gemäß den § 71 StGB, §§ 413 - 416 StPO entschieden.

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung als Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit reicht nur unter sehr engen Voraussetzungen für eine Unterbringung aus. Alkohol-, Medikamenten oder Betäubungsmittelabhängigkeit, die nicht auf einer psychischen Störung beruhen, genügen grundsätzlich nicht für eine Maßregelanordnung.

Auch bei einer geringfügigen Anlasstat ist die Gefährlichkeitsprognose zwar nicht ausgeschlossen, deren Annahme bedarf aber besonders sorgfältiger Prüfung und Darlegung. Im Übrigen ist die Anordnung der Unterbringung nur bei der Gefahr von Straftaten verhältnismäßig, die mindestens aus dem Bereich der mittleren Kriminalität stammen. Die Gefährlichkeitsprognose erfordert eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades.

Die Gemäß § 246a StPO ist zur Klärung der Voraussetzungen des § 63 StGB vor einer Anordnung durch das erkennende Gericht zwingend ein Sachverständiger hinzuzuziehen.

Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB muss beim Täter ein Hang zum übermäßigen Alkohol- oder Betäubungsmittelkonsum bestehen. Arzneimittel sind ebenfalls berauschende Mittel, wenn sie ohne therapeutische Zielsetzung eingenommen werden.

Ein Hang liegt vor, wenn eine treibende oder beherrschende Neigung vorliegt, Rauschmittel in einem Umfang zu konsumieren, durch welchen die Gesundheit, Arbeits- oder Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden.

Für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist die konkrete Aussicht erforderlich, die süchtige Person zu heilen oder über eine längere Zeitspanne vor dem Rückfall in den Rauschmittelkonsum zu bewahren. Bei einer voraussichtlichen Unterbringungsdauer von mehr als zwei Jahren ist die Erfolgsaussicht zweifelhaft. Das Fehlen von Therapiewilligkeit steht der Anordnung nicht zwangsläufig entgegen.

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