Schadensersatzklagen beider Unfallgegner?

18. Mai 2014 Thema abonnieren
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)
Schadensersatzklagen beider Unfallgegner?

Guten Tag,

ich habe eine Frage zu folgendem Fall:

Es passiert ein Autounfall (ohne jetzt ins Detail zu gehen), Unfallbeteiligter A sieht die Schuld beim Unfallbeteiligten B und Unfallbeteiligter B sieht die Schuld bei A. Aufgrund dieses Misstandes regulieren beide Haftpflichversicherungen die Schäden nicht. Nun reicht Unfallgegner A eine Klage beim Gericht auf Schadensersatz ein. Unfallgegner B denkt sich das Gleiche (ohne davon zu wissen, dass A Klage eingereicht hat) und reicht auch Klage ein. Nun bekommen beide Parteien, unabhängig voneinander die jeweiligen Klageschriften zeitversetzt zugschickt. Im Anschreiben jeder Klageschrift steht dann auch ein anderer Termin zur Verhandlung, außerdem wurden die Anschreiben von zwei verschiedenen Richtern (am gleichen Gericht) unterschrieben. Ich gehe also mal davon aus, dass die Klagen parallel stattfinden, obwohl es um die selbe Sache geht.

Wie läuft sowas nun in der Praxis ab? Werden da beide Klagen zusammengelegt? Oder finden die hintereinander statt? Falls sie hintereinander stattfinden, dass wäre das ja prinzipiell sinnlos, da es um die gleiche Problemstellung geht, oder? Da würde ja dann das Urteil der jeweils zweiten Verhandlung das der ersten aufheben?

Vielen Dank schon mal für die Aufklärung!

Viele Grüße
cothem

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13 Antworten
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#1
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Wie läuft sowas nun in der Praxis ab? Werden da beide Klagen zusammengelegt? <hr size=1 noshade>



Ja, die Prozesse werden verbunden, § 147 ZPO :

Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen ...

Es ist ja nicht so, daß unbedingt dasselbe Ergebnis heraus kommt, wenn 2 Richter quasi denselben Fall entscheiden.

Beide Klagen werden abgewiesen, beiden Klagen wird stattgegeben, jedem werden 60, 70, 80% zugesprochen, könnte alles passieren. Da ist es schon besser, wenn ein Richter beide Klagen entscheidet.

Das Gericht "kann" verbinden, in dem Fall muss es sogar, so bald es bemerkt oder man darauf aufmerksam macht, daß da 2 Verfahren zum gleichen Unfall laufen.

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#2
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120331 Beiträge, 39875x hilfreich)

Ich würde auf Nummer sicher gehen und dem Gericht den Sachverhalt nebst Aktenzeichen mitteilen.





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"Meine persönliche Meinung/Interpretation! Im übrigen verweise ich auf §675 Abs. 2 BGB ."

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)

Guten Tag,

vielen Dank für die zügige und ausführliche Antwort. Das war genau der Paragraph, nach dem ich gesucht hatte.

Nun noch eine Sache, die den Wertegang evtl. verkomplizieren würde: Die Klage von A ist auf Basis "schriftliches Vorverfahren" und die Klage von B nach "frühen ersten Termin". Wie gestaltet sich denn da das Zusammenlegen beider Klagen nach §ZPO 147? Wird es dann einen Termin zur Güteverhandlung geben?

Vielen Dank!

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1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade> Wie gestaltet sich denn da das Zusammenlegen beider Klagen nach §ZPO 147? Wird es dann einen Termin zur Güteverhandlung geben? <hr size=1 noshade>


Das ist die Frage nach dem gesetzlichen Richter, Verfassungsgrundsatz, es muss vorher fest stehen, welcher Richter einen Streit entscheidet, auch hier im Fall der späteren Pozessverbindung.

Wie da zu verfahren ist, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts, normalerweise:

"... in Sachen, die in mehreren Dezernaten/Kammern anhängig sind und bei denen eine Verbindung in Frage kommt (§ 147 ZPO ), die Verbindung durch die Kammer erfolgen soll, in der die zuerst eingegangene Sache anhängig ist ..."

Dieser Richter wird dann einen Verbindungsbeschluß erlassen und hat dann das Sagen, wie es weiter geht.

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#5
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Nun geht es weiter: Die Haftpflichtversicherung von A hat sich nun beim RA von A gemeldet und gibt bekannt, dass der Versicherung selbst "gemäß den allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung für Fahrzeuge
mit Versicherungskennzeichen (AKB) die Prozessführung obliegt" Der RA von A wird darum gebeten, vorläufig nichts weiter zu unternehmen , da die Haftpflichtversicherung noch prüfen möchte, ob der Rechtsstreit zu führen ist, oder ob eine "außergerichtliche Erledigung" erfolgen kann.

Kann im schlimmsten Fall passieren, dass die Haftpflichtversicherung anweist, dass kein Rechtsstreit geführt wird und A somit nicht zu seiner Schadensersatzforderung kommt? Ist diese Handlungsweise der Versicherung üblich?

Vielen Dank.



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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Kann im schlimmsten Fall passieren, dass die Haftpflichtversicherung anweist, dass kein Rechtsstreit geführt wird und A somit nicht zu seiner Schadensersatzforderung kommt? Ist diese Handlungsweise der Versicherung üblich? <hr size=1 noshade>



Es ist ja so:

quote:<hr size=1 noshade>Unfallbeteiligter A sieht die Schuld beim Unfallbeteiligten B und Unfallbeteiligter B sieht die Schuld bei A. <hr size=1 noshade>


Die Entscheidung hängt also nicht von Rechts-, sondern von Tatfragen ab.

Ein Gutachter, kein Richter, wird den Streit letztendlich entscheiden. Oder gar Gutachter, Gegengutachter, Obergutachter. Das kann ein kleines Vermögen verschlingen und dabei kann am Ende nach Jahren heraus kommen, daß das Maß des gegenseitigen Verschuldens gar nicht mehr sicher festgestellt werden kann. Dann würde 50:50 heraus kommen.

Die Gefährdungshaftung gibt es auch noch, nach § 7 StVG muß man sich wegen der Betriebsgefahr auch als "unschuldiger" Unfallbeteiligter eine Mithaftung zurechnen lassen.

Auch wenn man subjektiv völlig "unschuldig" ist, heisst das nicht, daß man aufgrund der Beweisproblematik und der Betriebsgefahr nicht doch zu einer Mit-Haftung verurteilt wird. Dass man sich zu 100% durchsetzt ist meistens ausgeschlossen.

Entsprechend würde auch ein aussergerichtlicher Vergleich ausfallen. Vorsicht wäre da geboten, wenn Personenschäden vorliegen, mit ungewissen Langzeit-Folgeschäden. Dann müsste der Anwalt darauf achten, daß ein entsprechender Vorbehalt aufgenommen wird.

Wer zahlt schafft an, in den AHB steht das so:

Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Haftpflichtanspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er die Führung des Verfahrens dem Versicherer zu überlassen. Der Versicherer beauftragt im Namen des Versicherungsnehmers einen Rechtsanwalt.


Die Versicherer haben aus Erfahrung ein ganz gutes Fingerspitzengefühl, wie ein Prozess wohl laufen würde. Hier ist jetzt wohl das Ruhen der Verfahren beantragt worden. Eine aussergerichtliche Einigung bedeutet keinen Qualitätsverlust, wenn sie denn zustande kommt.

Spart Zeit, Aufwand, Nerven, Mühe, Kosten. Wenn man sich von dem Gedanken verabschiedet, daß man sich zu 100% durchsetzen kann und man sonst mit dem Ergebnis leben kann, ist das sicher keine schlechte Lösung.

Das gilt besonders, wenn man keine RSV hat und die Prozess-Kosten selber tragen müsste, nachdem sich der Haftpflicht-Versicherer verabschiedet hat. Dann wäre man voll von den Gutachtern und deren Einschätzung abhängig. Niemand kann sicher sagen, was dabei dann heraus kommt.




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1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Heute erreichte A ein Brief von der eigenen KFZ-Haftpflicht. Dort steht, dass die aktuelle Sachlage die Schuld bei A sieht und die Versicherung den Schaden an B ausgleicht. Dies findet außergerichtlich statt. Weiterhin steht in dem Schreiben: "Unsere Regulierung erfolgt ohne Präjudiz für die Geltendmachung und Durchsetzung Ihrer eigenen Schadenersatzansprüche".

Heißt dies für A, dass sich A weiterhin mit seiner eigenen Klage wehren kann und seine Ansprüche bei der Haftpflicht von B geltend machen kann? Mich wundert das sehr schnelle Reagieren der Haftpflicht von A, da die Versicherung ja, aus gutem Grund, erst nicht zahlen wollte.


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1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Heißt dies für A, dass sich A weiterhin mit seiner eigenen Klage wehren kann und seine Ansprüche bei der Haftpflicht von B geltend machen kann? <hr size=1 noshade>



Ja, Rechtskrfterstreckung durch Aktionen des Versicherers gibt es nur i.R. des § 124 VVG , also nicht im aussergerichtlichen Bereich.

Die Verbindung hat sich damit erledigt, die Klage A ./. Versicherung/B läuft jetzt normal weiter.

Aber wenn Versicherung A dermaßen einknickt, sollte man sich gut überlegen, wie das weiter geht. Zumindest, wenn man keine Rechtsschutzversicherung hat.

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2x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)

Eine Rechtschutzversicherung ist bei A vorhanden und im Einsatz.

Der Schaden bei B wird ja nun durch die Hafpflicht von A beglichen, wodurch A in seiner Schadensfreiheitsklasse hoch gestuft wird. Angenommen folgendes Szenario tritt ein: A gewinnt den Rechtsstreit vor Gericht in seiner eigenene Klage, dann müsste A doch eigentlich wieder zurück gestuft werden? Geschieht dies auch rückwirkend? Kann B dann das Geld der Versicherung von A behalten, oder muss B dann den Betrag auch zurück zahlen? Ich nehme mal an, B kann das Geld behalten, da die Haftpflicht von A sich ja freiwillig dazu bekannt hat, die Forderung von B auszugleichen?

Vielen Dank.



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1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Eine Rechtschutzversicherung ist bei A vorhanden und im Einsatz. <hr size=1 noshade>



Weiss die RSV vom aussergerichtlichen Vergleich? Ist der Rechtsschutz- auch der Haftpflichtversicherer?

Hat die Deckungszusage noch Bestand?

Wenn die Haftpflicht kapituliert, siehe § 100 VVG :

Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren .

muss es ja sehr gewichtige, zwingende Erkenntnisse für eine Alleinschuld geben. Der Vergleich wäre sonst nicht geschlossen worden.

quote:<hr size=1 noshade> Angenommen folgendes Szenario tritt ein: A gewinnt den Rechtsstreit vor Gericht in seiner eigenene Klage, dann müsste A doch eigentlich wieder zurück gestuft werden? Geschieht dies auch rückwirkend? <hr size=1 noshade>



Ja, wie oder ob die Versicherung dann ihr Geld von B wieder bekommt, ist dann ihr Problem.

Aber dieses "Szenario" ist, so wie sich das aus der Ferne liest eher unwahrscheinlich.

Der Prozess wird voraussichtlich teuer, nicht zuletzt wegen möglicher Gutachterkosten. Deshalb würde ich vorher über den Anwalt klären, ob die Deckungszusage Bestand hat.

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1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)

Ob der Anwalt von A dies der RSV mitgeteilt hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Haftpflicht- und RS-Versicherer sind identisch.

@asap, ich habe Ihnne eine PM geschrieben.

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1x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47651 Beiträge, 16842x hilfreich)

quote:
Angenommen folgendes Szenario tritt ein: A gewinnt den Rechtsstreit vor Gericht in seiner eigenene Klage, dann müsste A doch eigentlich wieder zurück gestuft werden?


Nein, A wird nicht wieder so eingestuft, als hätte er keinen Schaden verursacht.

quote:
Geschieht dies auch rückwirkend?


Es geschieht gar nicht.

quote:
Kann B dann das Geld der Versicherung von A behalten, oder muss B dann den Betrag auch zurück zahlen? Ich nehme mal an, B kann das Geld behalten, da die Haftpflicht von A sich ja freiwillig dazu bekannt hat, die Forderung von B auszugleichen?


B kann das Geld behalten

Auch ich gehe davon aus, dass die Aussichten, dass A seinen Schaden zu 100% ersetzt bekommt und somit nicht einmal eine Teilschuld hätte, gegen Null tendieren.

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2x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
cothem
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 28x hilfreich)

@hh: Warum wird A dann nicht zurück gestuft, wenn er zu 100% von der Schuld frei gesprochen werden sollte? Damit ist die Hochstufung doch vollständig ungerechtfertigt? Ich bitte um eine kurze Begründung.

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5x Hilfreiche Antwort

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