Rückzahlungsvereinbarung - Bindungsdauer zu lange?

10. Juni 2017 Thema abonnieren
 Von 
TheRock24
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)
Rückzahlungsvereinbarung - Bindungsdauer zu lange?

Liebe Mitglieder/innen des Forums,

ich möchte mir gerne verschiedene Meinungen und Eindrücke zu meinem "Fall" einholen, um für mich entscheiden zu können, ob ein Erstgespräch mit einem Anwalt für Arbeitsrecht zielführend sein könnte oder der Fall keiner weiteren Bemühungen wert ist.
Ich danke Ihnen allen schon im Voraus für Ihre Gedanken, Meinungen und Erfahrungen. Nachfolgend der Sachverhalt:

Nach meinem dualen Studium zum Bachelor of Engineering bot sich mir die Chance, an einem Weiterbildungsprojekt der Firma teilzunehmen. Hier konnte ich für 3 Monate die USA bereisen und sollte eine Themenstellung, mit Mehrwert für das Unternehmen, bearbeiten. Ich habe eine Ergänzungsvereinbarung zusätzlich zu meinen Arbeitsvertrag erhalten, indem der Zweck dieses Projekts mit persönlicher Weiterbildung, Persönlichkeitsentwicklung, Horizonterweiterung, Talentförderung, kulturelles Verständnis, Erkenntnisse über Prozesse, Marktpotenitale und Globalisierung beschrieben ist.
Auch wurde in der Ergänzungsvereinbarung eine Rückzahlungsklausel festgeschrieben. Diese Klausel besagt die Rückzahlungspflicht bei Eigenkündigung oder wegen eines vom Arbeitnehmer verschuldeten Grundes mit 1/24 der Gesamtkosten dieses Projekts, für jeden Monat, was das Arbeitsverhältnis früher als zwei Jahre beendet wird.
Rückblickend betrachtet dachte ich, zugegeben naiv, dass diese Rückzahlungsklausel nur als "Angstmacherei" dient und im Fall der Fälle nicht durchgesetzt werden würde.

Ich habe jetzt, 1 Jahr und 5 Monate nach Beendigung des Weiterbildungsprojekts, mein Arbeitsverhältnis gekündigt. Die Rückzahlungsklausel wurde umgesetzt und der Betrag wurde mit meinem Gehalt aufgerechnet. (Ich gehe mal davon aus, dass eine Aufrechnung hier zulässig ist?!).

Folgende Punkte sprechen, aus meiner Sicht, ganz klar gegen die Rechtmäßigkeit der Rückzahlungsvereinbarung:

1. In der Rückzahlungsklausel wird die Eigenkündigung ohne Angabe von Gründen genannt. Grund für meine Kündigung war primär die Ankündigung von "Umstrukturierungen". Zunächst war völlig unbekannt wie diese Umstrukturierungen aussehen werden und ich bin einfach mal vom Schlimmsten ausgegangen (Job weg). Aus diesem Grund hatte ich mich nach alternativen Arbeitgebern umgeschaut. Die Umstrukturierung wurde schlussendlich durch die Re-/Neuorganisation verschiedener Unternehmen der Unternehmensgruppe geregelt. Ich war anschließend somit angestellter einer anderen Firma. Trotz des glimpflichen Ausgangs der Umstrukturierung hatte ich das Vertrauen in meinen Arbeitgeber verloren und habe die, parallel zur Umstrukturierung gewachsenen Jobalternative in einem komplett anderen Unternehmen, angenommen und den damaligen Vertrag rechtmäßig unter Einhaltung aller Fristen gekündigt.
Die Ergänzungsvereinbarung besagt im Abschnitt der Rückzahlungsklausel "Arbeitgeber oder ein Unternehmen der xyz-Gruppe". Das sollte zwar rechtmäßig sein, jedoch sehe ich es sehr kritisch, dass in der Rückzahlungsklausel nicht unterschieden wird, ob "der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers entstammt" [Zitat von dgbrechtsschutz.de]

2. Die Dauer der Unternehmensbindung mit 2 Jahren ist aus meiner Sicht deutlich zu lange. Denn die mir entstandenen Vorteile, durch genannten Weiterbildung (sofern man in diesem Fall überhaupt von einer "Weiterbildung" sprechen darf), auf dem Arbeitsmarkt sehe ich nicht bzw. nur sehr gering an.
Darüber hinaus entsprach die Vergütung während dieser Zeit nicht dem Ingenieursgehalt, welches im "richtigen" Arbeitsvertrag festgelegt ist. Die in der Ergänzungsvereinbarung festgelegte Vergütung während der Weiterbildung betrug rund 43% des monatlichen Bruttolohns des Arbeitsvertrages.
Auf Grund der Höhe der aufgerechneten Rückzahlung und der Beendigung des Arbeitsvertrages 7 Monate früher als die festgeschriebenen 2 Jahre, konnte ich mir die veranschlagten Gesamtkosten des Unternehmens mit knapp unter 5000€ ausrechnen. Auch hier sehe ich das Verhältnis zwischen Gesamtkosten und Bindungsdauer als nicht angemessen.
(Weiterbildungen von 3-4 Monaten können ja nach der Faustformel mit bis zu zwei Jahren Bindung bedingt werden. Das sehe ich hier aber nicht als ausschlaggebendes Kriterium)

3. In der Ergänzungsvereinbarung steht in §1, dass alle Regelungen dieser Vereinbarung ausschließlich nur für den Zeitraum der Weiterbildung gelten (welche im Dez. 2015 abgeschlossen wurde). Somit wäre doch die unter §4 aufgeführte Rückzahlungsklausel unwirksam, da hier ganz klar ein Widerspruch herrscht?


Ich hoffe ich konnte die Sachlage so ausführlich und verständlich wie möglich schildern. Trotzdem habe ich versucht keinerlei Bezug auf das Unternehmen zu nehmen bzw. dieses nicht direkt oder indirekt zu nennen.

Wie man aus dem Text entnehmen kann, waren die Gesamtkosten nicht sonderlich hoch - im Vergleich zu anderen arbeitsrechtlichen Fällen - und somit ist auch die mir aufgerechnete, anteilige Summe dementsprechend angesiedelt. Aus diesem Grund weiß ich nicht, ob ein Erstgespräch mit einem Anwalt für 180€ Netto (nach Rechtsanwaltvergütungsgesetz) überhaupt zielführend ist.


Vielen Dank!
TheRock24

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
fb367463-2
Status:
Schlichter
(7422 Beiträge, 3090x hilfreich)

Eigene Interpretationen eines Vertragstextes sind wenig hilfreich. Können Sie nicht die persönlichen Daten schwärzen und den Vertrag einstellen, das ist sinnvoller. Es kommt auf jeden Satz und teilweise auch jedes Wort an.

Signatur:

"Valar Morghulis"

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17381 Beiträge, 6471x hilfreich)

Einen RA brauchst du nicht, um vors Arbeitsgericht zu gehen.
Ob dein Rückzahlungsvertrag gültig ist oder nicht, lässt sich aus deinem Sermon nicht abschätzen, wie fb367..-2 schon festgestellt hat. Aufwand des AG und Bindungsfrist müssen schon im Verhältnis stehen, das ist richtig; degressive Rückzahlung ist ja offenbar vereinbart.

Seltsam stößt die Annahme auf, ein Vertrag könne lediglich der Angstmacherei dienen; genauso seltsam, dass die bloße Ankündigung von Umstrukturierung schon zur Flucht führt - trotz der Bindung.

4x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
altona01
Status:
Weiser
(17802 Beiträge, 8070x hilfreich)

Sie haben die Sachlage keineswegs so ausführlich und verständlich wie möglich geschildert, Sie haben Ihre Meinung dazu mitgeteilt.
Was steht da wortwörtlich?

Signatur:

Nur wer sich bewegt, hört seine Ketten rasseln.

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hiphappy
Status:
Junior-Partner
(5540 Beiträge, 2498x hilfreich)

Grundsätzlich könnte eine solche Rückzahlungsvereinbarung wirksam sein.

Ich sehe aus der subjektiven Schilderung bisher nur einen Angriffspunkt: wenn ich das richtig verstehe, war die Höhe der Kosten nicht bekannt und daher auch nicht der Teil, der zurück gezahlt werden müsste.
Das könnte eine Benachteiligung des AN sein, die die Vereinbarung unwirksam werden lässt.

1x Hilfreiche Antwort

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