Richtig abmahnen, richtig verteidigen, Zeugnissprache

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Richtig abmahnen, richtig verteidigen, Zeugnissprache

Die Krisenzeiten sind hart und bringen arbeitsrechtlich manchen Konflikt mit sich. Der Arbeitgeber will und muss ggf. Kosten sparen, der Arbeitnehmer dem nicht zum Opfer fallen. Und auch im Falle einer Trennung gilt: Die Zeugnissprache sagt manches anders, als das Arbeiteber oder Arbeitnehmer denken.

Unter einer Abmahnung, die gesetzlich nicht geregelt ist, versteht man eine Rüge eines Vertragsverstoßes und eine Warnung, was auf Grund eines solchen Verstoßes im Widerholungsfalle für arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, nämlich die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Die Abmahnung soll daher kein Instrument der Strafe sein, vielmehr wird dadurch eine Pflicht aus dem Fürsorge- und Treuverhältnis erfüllt.

Hans-Jochen Boehncke
Partner
seit 2009
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kurt-Schumacher-Str. 18-20
53113 Bonn
Tel: 02 28/9 57 50 50
E-Mail:
Gesellschaftsrecht, Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht, Verkehrsrecht

Die Abmahnung ist formfrei, sollte aber aus Gründen der Beweissicherung immer schriftlich erteilt werden.

Abzumahnen sind verhaltensbedingte Vertragsverletzungen im sog. Leistungsbereich. Hierzu gehören insbesondere: Verspätete Arbeitsaufnahme, keine unverzügliche Mitteilung einer Erkrankung, keine Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Überziehen von Pausen, Nichtbefolgung dienstlicher Weisungen.

Es gibt Verhaltensweisen, welche der Arbeitgeber niemals dulden muss, etwa den Diebstahl. Diese dem sog. Vertrauensbereich zuzuordnenden Vertragsverstöße wiegen so schwer, dass es einer Abmahnung zur fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bedarf.

In Betrieben, welche in der Regel 10 oder weniger als 10 Beschäftigte haben, ist eine Abmahnung zur Vorbereitung einer ordentlichen Kündigung aus Verhaltensgründen (verhaltensbedingte Kündigung) nur in Ausnahmen erforderlich. Soll eine außerordentliche Kündigung erfolgen, ist jedoch gerade wegen der Warnfunktion die vorherige Abmahnung notwendig. Achtung: Bei besonderem Kündigungsschutz (z.B. während der Schwangerschaft) müssen Verhaltensverstöße auch in Kleinbetrieben durch Abmahnungen gerügt worden sein, um eine Kündigung begründen zu können.

Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen, haben das Kündigungsschutzgesetz zu beachten. Eine Kündigung darf nicht sozial ungerechtfertigt sein. Für die sog. verhaltensbedingten Kündigung gilt, dass diese also nur wirksam ist, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Dies wäre sie z. B., wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, welche bei Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers die Lösung des Arbeitsverhältnisses als billigenswert sowie angemessen erscheint.

Beispiel: A kommt jeden zweiten Tag zu spät. Der Vorgesetzte spricht ihn an und ermahnt ihn, seiner Arbeitspflicht nachzukommen und pünktlich zu erscheinen. Das Verhalten bessert sich nicht- eine Abmahnung verändert das Verhalten nicht. Dann ist es einem besonnen Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten, das Vertragsverhältnis aufrecht zu erhalten.

Zur Vorbereitung solcher verhaltensbedingten Kündigungen sind Abmahnungen also sehr wichtig. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber statt einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung beabsichtigt.

Vorsicht: Wenn Sie wegen einer nicht abgegebenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgemahnt haben, nun aber der Arbeitnehmer einmal verschläft, stellen sich diese beiden Vertragsverletzungen nicht als gleichartig dar. Die Abmahnung „Legen Sie binnen drei Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor“ besagt eben nichts über Pünktlichkeit bei Arbeitsbeginn. Hier müsste eine gesonderte Abmahnung erfolgen. Nur bei gleichartigen Wiederholungsfällen ist eine erneute Abmahnung entbehrlich- es kann die Kündigung ausgesprochen werden.

Hier einige Regeln für Arbeitgeber, richtig abzumahnen:

  1. Immer schriftlich
  2. Empfang der Abmahnung auf dieser quittieren lassen („zur Kenntnis genommen, Datum, Unterschrift)
  3. nur das Notwendige schreiben
  4. nur einen Verhaltensverstoß pro Abmahnung schreiben
  5. zeitnah zum Vertragsverstoß reagieren

Kurze Erläuterung dieser Punkte und TIPPS für den Alltag:

  1. Dies dient alleine der Beweissicherung
  2. Der Zugang der Abmahnung muss ebenfalls bewiesen werden
  3. Genaue Schilderung des Fehlverhaltens („Am 10. Oktober kamen Sie entgegen ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung statt um 08:00 Uhr erst um 09:00 Uhr zum Dienst“. Sodann „Wegen dieses Verhaltens mahne ich Sie ab.“ Und Hinweis auf die Konsequenz: „Bei einem erneuten Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten werde ich das Arbeitsverhältnis kündigen.“
  4. Je mehr Verstöße Sie in einem Schreiben rügen, insbesondere unterschiedlicher Art, desto eher kann einer dieser Gründe unwirksam sein; ist nur einer von mehreren Punkten in einer Abmahnung unwirksam, gehen sämtliche abgemahnten Verstöße ins Leere.
  5. Die Abmahnung soll Verhaltensfehler korrigieren- wenn daher zu viel Zeit ins Land geht, kann dieser Effekt nicht erreicht, ggf. sogar von einer Duldung des Verstoßes ausgegangen werden. Empfehlenswert: Sprechen Sie solche Vertragsverstöße, welche erst durch Widerholung abmahnwürdig werden, bereits an, so bei dem „Zu- Spät- Kommen“.

Bei Übergabe der Abmahnung ist der Arbeitnehmer zu dem Vorwurf anzuhören. Hier ist es regelmäßig sinnvoll, sich vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen, dass die geschilderten Tatsachen richtig dargelegt sind. Dies kann im Rahmen der Empfangsquittung geschehen.

Aus diesen Regeln lässt sich leicht für die Arbeitnehmer ersehen, was sie zu beachten haben. Hier Regeln dazu:

  1. Vermeiden Sie den abgemahnten Fehler erneut zu begehen
  2. Ist die Abmahnung in einem Vorwurf falsch, müssen Sie nichts dagegen tun; in einem später darauf gestützten Kündigungsschutzprozess dürfen sie den Fehler aufzeigen- die Abmahnung ist dann insgesamt wirkungslos
  3. Ist eine Abmahnung unberechtigt, können Sie natürlich gegen diese Vorgehen, etwa eine Gegendarstellung zur Personalakte reichen oder Beseitigung und Rücknahme der Abmahnung sowie auf Entfernung aus der Personalakte klagen
  4. In Betrieben mit einem Betriebsrat kann dies auch im Wege der Beschwerde erfolgen

Abmahnungen verlieren ihre Wirkung, wenn sich das abgemahnte Verhalten eine ganze Weile nicht wiederholt und der Arbeitgeber durch sein Verhalten zeigt, dass die Sache damit erledigt ist.

Tipp Für Arbeitgeber: Sorgen Sie durch aktive Entfernung solcher Abmahnung aus der Personalakte für ein gutes Klima- wenn das Verhalten sich nicht wiederholt hat, belohnen Sie.

Wenn wirklich die Trennung der einzig (erträgliche) Weg für beide Parteien ist, verfassen Sie das Arbeitszeugnis wahrhaftig und lesen Sie als Arbeitnehmer das Zeugnis korrekt.

Hier, was in ein qualifiziertes Zeugnis hineingehört:

Das Zeugnis soll auf dem üblichen Geschäftspapier des Arbeitgebers verfasst sein, und zwar maschinenschriftlich.

Vorname, Name, Titel
Geburtsdatum,
Dauer der Beschäftigung
Berufsbezeichnung
Aufgabendarlegung im Einzelnen
Beurteilung der Leistung
Beurteilung des Verhaltens
Schlussnote
Schlussformel

Was bedeuten bestimmte Formulierungen (Zeugnissprache)?

Regelmäßig werden Formulierungen verwendet, bestimmte Einzelaspekte zu bewerten. Es geht um

Das Fachwissen
Die Auffassungsgabe
Die Leistungsbereitschaft
Die Zuverlässigkeit
Das Urteilsvermögen
Das Fachkönnen
Und andere Aspekte, z. B. Führungsqualität

Alt hergebracht ist die zusammenfassende Zufriedenheitsaussage:

Note 1: stets zu unserer vollsten Zufriedenheit; stets außerordentlich zufrieden

Note 2: zu unserer vollsten Zufriedenheit; stets zu unserer vollen Zufriedenheit

Note 3: zu unserer vollen Zufriedenheit

Note 4: zu unserer Zufriedenheit; stets zu unserer Zufriedenheit

Note 5: insgesamt zu unserer Zufriedenheit

Für die Arbeitsweise kann gelten:

Note 1: Arbeitet äußert gründlich, mit großer Sorgfalt, sehr zuverlässig und gewissenhaft

Note 2: Arbeitet stets gründlich, mit großer Sorgfalt, zuverlässig und gewissenhaft

Note 3: Arbeitet sorgfältig und genau

Note 4: Arbeitete im Allgemeinen sorgfältig und genau

Beim Arbeitstempo:

Note 1: Arbeitet außergewöhnlich schnell und zügig

Note 2: Arbeitet schnell und zügig

Note 3: Arbeitet zügig

Note 4: Arbeitet beständig

Die Zeugnissprache ohne Worte (Auslassungen).

Es fällt den geübten Zeugnisleser auf, wenn bestimmte Formulierungen ganz fehlen. Dies ist regelmäßig ein Zeichen, dass ein negatives Merkmal bestehen könnte. Ein Beispiel:

Typisch ist für einen Kundenberater, der die volle Achtung seines persönlichen Verhaltens bezeugt bekommen soll, die Formulierung:

„Bei Vorgesetzten, Kollegen und Kunden ist er sehr geschätzt.“
Der Satz bekommt eine ganz andere Bedeutung, wenn sich nur finden sollte: „Bei Kollegen und Kunden ist er sehr geschätzt.“

Ebenso kann die Reihenfolge dazu dienen, Kritik zu üben:

„Bei Kollegen, Kunden und Vorgesetzten ist er sehr geschätzt.“

Wie ehrlich muss ein Zeugnis sein?

Das Zeugnis muss der Wahrheit entsprechen.

Was, wenn das Zeugnis zu schlecht ist?

Der Arbeitnehmer kann vor dem Arbeitsgericht eine Berichtigung durchsetzen. Es muss im Klageantrag im Einzelnen angegeben werden, welche Formulierung wie geändert werden soll.

Es gilt eine Verjährungsfrist von 3 Jahren zu beachten.

Und zuletzt: Ein Muster, mit dem ich regelmäßig in der Grundstruktur arbeite, um weder Auslassungen zu begehen, noch Missverständnisse aufkommen zu lassen. Sie dürfen dies gerne nutzen- es besteht daran kein Copy- Right:

„Zeugnis

Frau (Vorname, Name), geboren am (…), (wohnhaft) war in der Zeit vom … bis … im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses als (z. B. Rechtsanwaltsfachangestellte) bei der FORÍSION Rechtsanwalts AG beschäftigt. Die Kanzlei besitzt ihren Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht, ist jedoch auch in der Prozessfinanzierung und im Inkasso tätig.

Im Rahmen der Mandantenbetreuung war Frau …. für die tägliche Korrespondenz und Kommunikation mit den Mandanten und weiteren Geschäftspartnern der Kanzlei verantwortlich.

Schwerpunkte in ihrem Aufgaben– und Verantwortungsbereich waren:

Entgegennahme der Anrufe der Telefonzentrale
Erstellung von Rechnungen, Mahnungen und Kontoführung
….


Frau …. verfügt über umfassende Fachkenntnisse. Ihre Urteilsfähigkeit ist geprägt durch ihre klare und logische Gedankenführung, die sie zu sicheren Urteilen befähigt. Frau …. arbeitete stets gründlich, mit großer Sorgfalt, zuverlässig und gewissenhaft. Sie arbeitete zügig. Frau …. überblickt schwierige Zusammenhänge, erkennt das Wesentliche und ist in der Lage, schnell Lösungen aufzuzeigen. Dabei ergreift sie von sich aus die Initiative und setzt sich mit überdurchschnittlicher Einsatzbereitschaft für unser Unternehmen ein. Frau … bewältigt ihren Arbeitsbereich selbständig und sicher, findet gute Lösungen und hat neue Ideen.

Frau … erfüllte die übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Die Leistungen werden zusammengefasst als sehr gut beurteilt.

Das persönliche Verhalten war stets vorbildlich. Bei Vorgesetzten, Kollegen und Mandanten ist sie sehr geschätzt.

Frau … scheidet auf eigenen Wunsch aus unserer Kanzlei aus. Wir bedauern Ihre Entscheidung, danken ihr für ihre Arbeit und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.

Ort, Datum

Unterschrift“

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Jochen Boehncke
Rechtsanwalt