"Richter Gnadenlos" zieht zum BGH

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Damit hat er nicht gerechnet: Der Amtsrichter Ronald Schill aus Hamburg wurde vom Hamburger Landgericht wegen Rechtsbeugung verurteilt. Der auch als "Richter Gnadenlos" bekannte Schill muss jetzt 12.000 Mark Strafe zahlen, ausserdem wird in einem Disziplinarverfahren über sein Verbleiben im Richteramt entschieden.

Die Verteidigung von Schill legte Revision ein. Demnach wird sich der Bundesgerichtshof bald mit dem Fall des Hamburger Richters beschäftigen müssen. Schill gibt sich kämpferisch. Umringt von Presseleuten beteuerte Schill seine Unschuld. "Jetzt geht es nach der Devise: Jetzt erst recht." Schill sieht in dem Urteil einen "Triumph des Unrechts über das Recht".
Der 41-jährige Ronald Schill ist der Überzeugung, dass der BGH anders entscheiden wird als das Hamburger Landgericht. Der BGH werde sich dem politischen Druck nicht beugen, so der "Richter Gnadenlos". In Hamburg werde die linke Szene verhätschelt, die er aber nicht so einfach davon kommen lasse.

Zu der Anklage wegen Rechtsbeugung war es gekommen, weil Schill die Haftbeschwerde von zwei Prozesszuschauern so lange vernachlässigte und nicht weiterleitete, dass diese die vollen drei Tage in der Ordnungshaft verharren mussten, die Schill ihnen aufgebrummt hatte. Beide Zuschauer waren laut Schill während eines Prozesses gegen ein Mitglied der linken Szene nicht ordnungsgemäß aufgestanden.
Schills Verteidiger versuchte, in dem Prozess gegen seinen Mandanten eine juristische Spitzfindigkeit anzuwenden. Er argumentierte, dass Schill den Tatbestand der Rechtsbeugung nicht vorsätzlich verwirklicht habe. Denn der Gesetzgeber habe bezüglich der Bearbeitung einer Beschwerde keinen Zeitraum festgelegt. Diesbezüglich gebe es einen Meinungsstreit: Die unter Juristen ganz herrschende Meinung geht davon aus, dass eine Beschwerde unverzüglich an die nächsthöhere Instanz weitergeleitet werde. Mit einer Mindermeinung kann man sich mit der Weiterleitung allerdings bis zu drei Tagen Zeit lassen. Indem Schill der Mindermeinung den Vorzug gebe, komme eine vorsätzliche Verletzung von Recht nicht in Betracht. Da der Tatbestand der Rechtsbeugung aber Vorsatz verlange, sei Schill unschuldig.

Das Hamburger Landgericht sah das anders: Es sah es als erwiesen an, dass Schill die Bearbeitung der Beschwerde bewusst verschleppt und damit Recht gebeugt habe. Es wurde "ein Rechtsmittel so lange hinausgezögert, bis es keinen Sinn mehr hatte."
Nicht bestätigt wurde der Vorwurf der Freiheitsberaubung, der ebenfalls gegen Amtsrichter Schill erhoben worden war. Mit der Ablehnung der Freiheitsberaubung fallen für die zwei Inhaftierten auch keine Entschädigungsansprüche an.

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