"Richter Gnadenlos" ging zu weit - Jetzt steht er selbst vor Gericht

Mehr zum Thema: Allgemein, Ronald, Schill, Ordnungshaft, Hamburg, Amtsrichter
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

"Ich bin sicher, dass ich freigesprochen werde, weil ich weiß, dass ich unschuldig bin" , sagteder als "Richter Gnadenlos" bekannte Hamburger Amtsrichter Ronald Schill.

Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung wird dem inzwischen an ein Zivilgericht versetzten 41-Jährigen vorgeworfen:
In seinem letzten Prozess als Strafrichter im Mai 1999 hatte Schill zwei Zuhörer zu drei Tagen Ordnungshaft verurteilt, weil sie seiner Meinung nach im Gerichtssaal nicht ordnungsgemäß aufgestanden waren.

Direkt nach der Festnahme der beiden Zuhörer wurde der Anwalt Andreas Beuth mit deren Vertretung betraut. Dieser legte Beschwerde gegen Schills Urteil ein, über die die Beschwerdeinstanz, nämlich das OLG Hamburg, noch am 19. Mai eigentlich hätte entscheiden müssen. Da Richter Schill die Akte aber nicht weiterleitete, geschah nichts. Am folgenden Tag erschien Schill nicht zur Arbeit. - Anwalt Beuth rief die vorgesetzte Dienststelle des Richters an, woraufhin dieser aufgefordert wurde, die Akte sofort an das OLG weiterzuleiten. Schill reagierte aber nicht. Erst am 21. Mai gegen Abend lag die Akte dem OLG vor. Es hob die Ordnungshaft mit sofortiger Wirkung wegen eines Formfehlers auf, in Schills Gerichtsprotokoll war nämlich kein Grund für die Festnahme der beiden Zuhörer angegeben.

Schon seit längerem fiel Ronald Schill durch seine harte Gangart auf und machte sich um den Titel "Richter Gnadenlos" verdient: Mal verurteilte er eine ganz offensichtlich verwirrte Frau zu zweieinhalb Jahren Haft, weil sie Lack an zehn Autos verkratzte, mal schickte er einen Inder, der sich einen falschen Pass besorgt hatte, für zwei Jahre in den Bau.
Nun aber ging Schill zu weit. - Jetzt ist er selbst Angeklagter und muss sich von dem Hamburger Landgericht vorhalten lassen, Beschwerden gegen zwei von ihm verhängte Ordnungsstrafen vorsätzlich nicht unverzüglich an die Beschwerdeinstanz weitergeleitet zu haben, weil er mit der Aufhebung der Strafen rechnete.

Der Prozess erregt großes Aufsehen in Hamburg, weil Ronald Schill seit einiger Zeit eine gewisse Rolle in der politischen Szene der Stadt spielt. Im Herbst 2001 will sich Schill mit seiner vor kurzem gegründeten rechtspopulistischen "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" zur Bürgerschaftswahl stellen.