Rechtswidrige Anordnung zur MPU bei EU-Führerschein

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1992 wurde dem Mandanten die Fahrerlaubnis (Klasse 1 + 3) wegen zwei Trunkenheitsdelikten am Steuer entzogen. Im Abstand von mehreren Jahren legte er zwei MPU Gutachten vor, die beide seine Fahreignung verneinten.

In der Zwischenzeit erwarb er für beide Klassen eine Fahrerlaubnis in Tschechien; wurde allerdings danach wegen erneuten Fahrens ohne Fahrerlaubnis aktenkundig.

Stefanie Helzel
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Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten, Strafrecht, Reiserecht

2007 wurde bei der örtlichen Führerscheinstelle die Wiederereilung der Fahrerlaubnis (Klasse B) beantragt. Das, von der Fahrerlaubnisbehörde erneut geforderte MPU-Gutachten fiel ebenfalls negativ aus, weshalb ihm die Fahrerlaubnisbehörde daraufhin das Recht aberkannte, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Interessant sind jedoch die Ausführungen der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts, welches unter anderem auch zu der Rechtmäßigkeit der Anordnung zur MPU Stellung nahm:

Sinngemäß führte das Verwaltungsgericht aus, dass das neue MPU Gutachten aus dem Jahr 2006 die mangelnde Fahreignung bestätigte. Dieser Umstand sei auch erst nach Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis eingetreten, da das Vorliegen der Fahreignung anhand gegenwärtiger Umstände geprüft wird.

Allerdings widersprach die Anordnung der Führerscheinstelle zur Beibringung eines medizinisch psychologischen Gutachtens europarechtlichen Grundsätzen und war daher rechtswidrig. Die Umstände auf denen die Fahrerlaubnisbehörde ihre Eignungszweifel begründete – nämlich die Trunkenheitsfahrten im Jahr 1992 – lagen schon vor Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis vor. Nach den Grundsätzen des Europarechts hätten diese Erkenntnisse aus der Vergangenheit von der Fahrerlaubnisbehörde zur Prüfung der Fahreignung nicht berücksichtigt werden dürfen.

Da allerdings die Rechtswidrigkeit der Anordnung nicht zu einer Unverwertbarkeit des Gutachtens führt, sind die Erkenntnisse aus dem Gutachten als neue Tatsachen mit selbstständiger Bedeutung anzusehen. Aufgrund des negativen Gutachtens musste die Behörde von einer Nichteignung des Mandanten ausgehen, was zur Aberkennung des Rechts von der ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen führte.

Tipp vom Anwalt: Nicht alle, jedoch viele deutsche Behörden maßen sich – unabhängig von der geltenden EuGH-Rechtsprechung - ein eigenes Prüfungsrecht hinsichtlich im Ausland erworbener Fahrerlaubnisse an. Ob dies aufgrund mangelnder Rechtskenntnis geschieht oder schlichtweg ein Versuch ist, durch rechtswidriges Vorgehen eine Aberkennungsmöglichkeit herbeizuführen, dazu spare ich mir jeden Kommentar.

Sollten Sie in einer ähnlichen Situation sein und die Behörde fordert von Ihnen eine MPU, lassen Sie den Sachverhalt zunächst von einem Anwalt prüfen, der mit der Materie des EU-Führerscheinrechts vertraut ist. Dies kommt Sie nicht nur günstiger als eine MPU, sondern kann Ihnen im Regelfall sogar den Führerschein erhalten. Im vorliegenden Fall war der Mandant der Anordnung zur MPU leider schon nachgekommen, bevor er den Weg in die Kanzlei wählte.

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