Psssst – Betriebsgeheimnis!!!

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Mit fortschreitender Technisierung des Wirtschaftslebens gewinnt der Geheimnisschutz im Arbeitsverhältnis ständig an Bedeutung. Arbeitnehmer kommen in immer größerem Umfang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ihres Arbeitgebers in Kontakt. Sowohl während seiner Dauer als auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses können sich hieraus erhebliche rechtliche Probleme ergeben.

Was genau ist eigentlich ein Betriebsgeheimnis? Eine griffige, kurze Definition dafür gibt es nicht. Allgemein versteht man hierunter solche Tatsachen, die im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb stehen, die auch nicht offenkundig und nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und die nach dem Willen und berechtigten Interesses Ihres Arbeitgebers geheim gehalten werden sollen.

Die zentrale Bedeutung kommt dabei dem Merkmal „Offenkundigkeit“ zu. Die Rechtsprechung neigt dazu, die Grenzen der Offenkundigkeit sehr weit zu fassen. So genügt es bereits, dass eine Tatsache in einer Fachzeitschrift veröffentlicht oder im Internet zugänglich ist - ein solches „Geheimnis“ ist bereits keines mehr. Andererseits ist eine Tatsache dann nicht offenkundig, wenn sie nur ein ausgebildeter Fachmann mit einigen Anstrengungen ermitteln kann und die sinnvolle Verwendung der Tatsache nicht ohne Detailkenntnisse und erst nach entsprechenden Überlegungen und Untersuchungen möglich ist.

Das Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung ist immer dann berechtigt, wenn es um die Sicherung wirtschaftlicher Vorteile geht. Steht dagegen die Wahrung von „illegalen“ Geheimnissen wie z.B. Wettbewerbsverstößen, Straftaten oder Vertragsbrüche des Arbeitgebers im Vordergrund, wäre das Arbeitgeberinteresse an einer solchen Geheimhaltung unberechtigt. Ein in der Praxis häufig wiederkehrender Irrtum ist es z.B., dass ein bereits gekündigter Arbeitnehmer der Meinung ist, aus Furcht vor Verletzung eines „Betriebsgeheimnisses“ nicht mit außenstehenden Personen, etwa seinem Rechtsanwalt, über seinen Arbeitsvertrag oder die Hintergründe der Kündigung zu sprechen zu können.

Ab wann gilt die Geheimhaltungspflicht? Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies wird zum einen begründet mit der allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht, zum anderen mit Vorschriften aus dem Wettbewerbsrecht. Eine besondere Geheimnispflicht muss also noch nicht einmal im Arbeitsvertrag erwähnt sein.

Oftmals finden sich dort zwar ausdrückliche Vereinbarungen. Solche Regelungen haben aber wegen des bereits bestehenden gesetzlichen Geheimnisschutzes bloß einen deklaratorischen Wert. Häufig verpflichtet sich der Arbeitnehmer darin zur Geheimhaltung „...aller ihm bekannt gewordenen geschäftlichen oder privaten Tatsachen...“, mitunter auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Solche einzelvertraglichen Formulierungen gehen weit über den bestehenden gesetzlichen Schutz hinaus, was im Ergebnis zu einer übermäßigen einseitigen vertraglichen Bindung des Arbeitnehmers führt, ohne dass dies durch betriebliche Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist. Eine solche „All-Klausel“ ist daher unwirksam. Andererseits erkennen Gerichte durchaus ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer individualvertraglichen Schweigeabrede über Lohn- und Gehaltsdaten an.

Die Frage einer Geheimniswahrungspflicht nach Beendigung des Arbeitverhältnisses wird zwar vielfach pauschal bejaht, ist aber tatsächlich differenziert zu betrachten: Ein Arbeitnehmer darf geheim zu haltende Tatsachen auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses nicht an Dritte weiter geben. Allerdings ist ihm selber eine eigene berufliche Verwendung der Geheimnisse nicht grundsätzlich verwehrt, soweit kein gesondertes nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit dem alten Arbeitgeber vereinbart war. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wiederum ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber Ihnen eine gesonderte Karenzentschädigung hierfür zahlt (ich verweise insoweit auf meinen hierzu bereits bei 123-recht.net veröffentlichten Artikel zum Thema „Wettbewerbsverbot“). Die Grenzlinie in diesem Bereich ist sehr schmal und für Laien oft nur schwer zu ziehen. Hinzu kommt, dass auch noch Vorschriften aus dem Wettbewerbsrecht nachwirken können, die dann einer eigenen beruflichen Nutzung entgegenstehen können.

Denn die Rechtsfolgen einer schuldhaften Schweigepflichtverletzung können durchaus teuer werden. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nämlich zum Schadensersatz verpflichtet. Die Berechnung der Höhe des Schadens kann dabei im Wege der sog. Lizenzanalogie erfolgen. Dabei wird der Wert ermittelt, der bei einer vorherigen Lizenzvergabe zu zahlen gewesen wäre. Ferner kann der Arbeitgeber auch für die Zukunft Unterlassung verlangen. Soweit arbeitsvertraglich vereinbart kann auch noch eine sog. Vertragsstrafe fällig werden. Der Arbeitgeber kann - je nach Schwere des Verstoßes - zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt sein. Schließlich können unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten sogar strafrechtliche Konsequenzen drohen.Es ist daher empfehlenswert, sich vor einer unbedachten und vielleicht auch vorschnellen Nutzung fremder Betriebsgeheimnisse bei fachkundiger Stelle beraten zu lassen.

Fenimore Frhr. v. BredowDer Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Domernicht & v. Bredow in Köln