Pflichtteil bei Lebensversicherungen bemisst sich nach dem Rückkaufswert

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Die Einräumung von Bezugsrechten aus Lebensversicherungen sind ein gängiges Mittel bei der Nachlassregelung, damit es später keinen Streit um das Erbe gibt. Wird jedoch jemand auf den Pflichtteil verwiesen ("enterbt") und der Erbe erhält Leistungen aus einer Lebensversicherung des Erblassers, hat der Enterbte einen so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Wie dieser zu berechnen ist, war jedoch seit Inkrafttreten des BGB zum 1.1.1900 umstritten.

Während die einen annahmen, der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechne sich aus der Summe der gezahlten Prämien, gingen andere davon aus, dass es auf die letztlich ausgezahlte Versicherungsleistung ankäme. Beide Ansichten hat der für das Versicherungsrecht und das Erbrecht zuständige Vierte Senat des Bundesgerichtshofs (BHG) mit Urteil vom heutigen 28.04.2010 eine Absage erteilt. Nach Ansicht der Karlsruher Bundesrichter ist grundsätzlich der Rückkaufswert unmittelbar vor dem Tode des Erblassers maßgeblich (BGH, Urteil vom 28. April 2010 - IV ZR 73/08).

Damit hat der Bundesgerichtshof die bisherige, auf ein Urteil des Reichsgerichts zurückgehende und an der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien anknüpfende Rechtsprechung aufgegeben, und entschieden, dass es allein auf den Wert ankommt, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten - juristischen - Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können.

"In der Regel wird nun maßgeblich auf den Rückkaufswert der Lebensversicherung abgestellt", erläutert Rechtsanwalt Melzer. "Wenn allerdings tatsächlich ein höherer Veräußerungswert hätte erzielt werden können, der Erblasser hätte die Ansprüche aus der Lebensversicherung zum Beispiel zu einem höheren Preis verkaufen können, dann ist ausnahmsweise dieser höhere Wert maßgeblich", so der Anwalt weiter. "Künftig ist daher auf den Rückkaufswet abzustellen, es sei denn, der objektive Marktwert ist im Einzefall höher. Wir erwarten, dass in Zukunft vermehrt über die Bestimmung des Marktwertes gestritten wird", so Rechtsanwalt Melzer.

Tipp
Persönliche, individuelle Faktoren wie Krankheit, körperliche Konstitution oder die Lebenserwartung des Erblassers dürfen bei der Marktwertbestimmung der Lebensversicherung nicht berücksichtigt werden. Bei der Bestimmung des Marktwertes kommt es allein auf objektive Kriterien an.