OLG Hamm: Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

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OLG Hamm: Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

In der Teilungserklärung kann grundsätzlich geregelt werden, dass sämtliche Entscheidungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft nur einstimmig getroffen werden können. Dies gilt jedoch nicht, soweit das Gesetz zwingend eine Mehrheitsentscheidung vorsieht. (OLG Hamm, Beschl. v. 19.8.2008 - 15 Wx 89/08 - OLGR Hamm 2008, 754)

Entscheidungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft werden bekanntlich in aller Regel durch einen Beschluss der beteiligten Wohnungseigentümer getroffen. Dies erfolgt auf den jährlichen Eigentümerversammlungen. Entschieden wird dort (von wenigen Ausnahmen abgesehen) mit absoluter Mehrheit der erschienenen Wohnungseigentümer.

Für die „unterlegenen" Eigentümer ist dies häufig eine unbefriedigende Situation. Schließlich sind auch sie an den getroffenen Mehrheitsbeschluss gebunden. Inhaltliche Bedenken gegen den Beschluss können nur durch eine sogenannte Anfechtungsklage gerichtlich geltend gemacht werden. Eine solche Klage ist innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung zu erheben. Nach diesem Zeitpunkt ist der getroffene Beschluss grundsätzlich für alle Wohnungseigentümer verbindlich.

Maximilian A. Müller
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Das Oberlandesgericht Hamm hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem die Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schutz des einzelnen Eigentümers zwingend für alle Entscheidungen der Gemeinschaft die Einstimmigkeit vorsah. Die Gemeinschaft bestand lediglich aus 3 Parteien, so dass man davon ausgehen konnte, dass regelmäßig Einstimmigkeit auch erreicht werden könnte. Dies war jedoch nicht der Fall, da sich die Eigentümer untereinander zerstritten. 2 der 3 Eigentümer wollten daher vom Gericht festgestellt wissen, dass innerhalb einer WEG stets Entscheidungen auch mit einer einfachen Mehrheit getroffen werden könnten – natürlich mit dem Ziel den unliebsamen dritten Eigentümer bei Bedarf überstimmen zu können.

Diese Sichtweise wurde vom Oberlandesgericht nun zurückgewiesen. Nach der Ansicht des Gerichtes ist es durchaus möglich, eine Einstimmigkeit in der Teilungserklärung zu vereinbaren. Nur dort, wo das Gesetz ausdrücklich Mehrheitsentscheidungen verlange, darf eine Einstimmigkeit nicht vorausgesetzt werden. Dies ist der Fall bei:

§ 12 Abs. 4 S. 1, S. 2 (Aufhebung Veräußerungsbeschränkung)
§ 16 Abs. 3 und 4, Abs. 5 (Umstieg auf verbrauchsabhängige Kostenverteilung)
§ 22 Abs. 2 S. 1, S. 2 (modernisierende Maßnahme)
§ 26 Abs. 1 S. 1, S. 5 (Verwalterbestellung und -abberufung)

In diesen Fällen sind daher die Entscheidungen der Mehrheit – unabhängig von den Regelungen der Teilungserklärung – maßgeblich.

Praxistipp:

Unliebsame Entscheidungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft können innerhalb eines Monats durch eine Anfechtungsklage gerichtlich zur Überprüfung gestellt werden. Ein 100%iger Schutz gegen Mehrheitsentscheidungen liegt hierin jedoch nicht. Dies kann nur durch die Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet werden. Damit eine ausreichende Flexibilität der Gemeinschaft gewährleistet ist, sollte von dieser Möglichkeit jedoch allenfalls bei kleinen Wohnungseigentümergemeinschaften Gebrauch gemacht werden, um zu verhindern, dass einzelne Wohnungseigentümer jegliche Entscheidungen blockieren.

Für Fragen und Anregungen zu obigem Artikel steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung. Auch berät und unterstützt Sie der Autor im Falle einer notwendigen Beschlussanfechtungsklage. Setzen Sie sich bei Interesse unverbindlich mit dem Autor in Verbindung.

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
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