Nachehelicher Unterhalt: Verwirkung wegen unberechtigten Missbrauchsvorwürfen

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Äußerungen gegenüber unbeteiligten Dritten stellen ein schwerwiegendes Fehlverhalten dar

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten verwirkt sein kann, wenn dieser dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten über Jahre wiederholt zu Unrecht sexuellen Missbrauch vorwirft und die Vorwürfe objektiv geeignet sind, den Unterhaltsverpflichteten in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zu zerstören.

Ehefrau behauptete Ehemann habe die gemeinsame Tochter sexuell missbraucht

In dem zugrunde liegenden Fall haben die Eheleute im Jahre 1980 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind vier mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen. Die Trennung erfolgte im Jahre 1999. Seit dem Jahre 2002 sind die Eheleute rechtskräftig geschieden.

Susanne Tanja Schwinn
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Seit der Trennung hat die Ehefrau immer wieder behauptet, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter sexuell missbraucht. Ein Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, es gebe keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch durch den Vater. In Kenntnis dieses Ergebnisses hat die Ehefrau den Ehemann im Jahre 2001 gegenüber der Vermieterin des Ehemannes als "Kinderschänder" bezeichnet. Im Jahre 2002 hat die Ehefrau dem Jugendamt gegenüber die Äußerung getätigt, es bestehe der Verdacht, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter missbraucht. Auch hat sie im Jahre 2002 gegenüber der Lebensgefährtin des Ehemannes geäußert, er habe pädophile Neigungen.

Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs hat die Ehefrau zudem sowohl im Rahmen einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung als auch gegenüber zwei ihrer Kinder wiederholt.

Die Ehefrau hat ihren Anspruch auf Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt vor dem Familiengericht geltend gemacht. Das Unterhaltsverlangen ist jedoch erfolglos geblieben.

Kein Unterhalt bei schwerer und nachhaltiger Beeinträchtigung auch bei vorliegender Schuldunfähigkeit

Das OLG Hamm hat den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt als verwirkt angesehen. Die Äußerungen der Ehefrau gegenüber unbeteiligten Dritten stellen ein schwerwiegendes, eindeutig bei der Ehefrau liegendes Fehlverhalten dar. Die wiederholt und über mehrere Jahre geäußerten Missbrauchsvorwürfe seien objektiv geeignet gewesen, den Ehemann in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und hätten so seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zerstören können. Es komme auch nicht darauf an, ob die Vorwürfe von der Ehefrau im Zustand einer Schuldunfähigkeit erhoben worden seien. Die nacheheliche Solidarität gebiete es auch bei solch schweren und nachhaltigen Beeinträchtigungen nicht mehr, einem gegebenenfalls schuldlos handelnden Ehegatten Unterhalt zu gewähren.

OLG Hamm - Beschluss vom 03.12.2013 - 2 UF 105/13

Hintergrundinformation - Gesetzestext:

§ 1579 BGB: Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil:

  1. die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
  2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
  3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
  4. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
  5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
  6. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
  7. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
  8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

Susanne Tanja Schwinn
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Leserkommentare
von geprellt95 am 23.03.2014 06:46:59# 1
Wer wird denn heut?zutage noch so dumm sein zu heiraten - unter diesen Umständen
    
von geprellt95 am 23.03.2014 06:47:38# 2
Wer wird denn heutzutage noch so dumm sein, zu heiraten - unter diesen Umständen?
    
von geprellt95 am 23.03.2014 06:48:13# 3
Wer wird denn ?heutzutage noch so dumm sein, zu heiraten - unter diesen Umständen
    
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