Musik aus Tauschbörsen, Folgen und Kosten einer Straftat aus dem Kinderzimmer

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Filesharing

Tauschbörsen, wie das Filesharing im Internet auch verharmlosendgenannt wird, erfreuen sich gerade bei Kindernund Jugendlichen immer größerer Beliebtheit. Es werdendort die neuesten Filme und Musikstücke heruntergeladenund gleichzeitig anderen Internetnutzern zur Verfügunggestellt. Man schätzt, dass ca. 50 % des Datentransfers imInternet auf Filesharing zurückgeht. Problematisch ist, dassdie getauschten Dateien urheberrechtlich geschützt sind.

Die Musikindustrie lässt die Tauschbörsen überwachen,stellt Strafanzeigen gegen die Nutzer und zieht sie danachzivilrechtlich zur Verantwortung. Zur Zeit laufen ca. 20.000Ermittlungsverfahren wegen der Beteiligung an Tauschbörsenbei den Staatsanwaltschaften. „Das machen doch alle",mag mancher denken, doch es wird sehr teuer, wenn manerwischt wird.

Filesharing bedeutet das Austauschen von Dateien imInternet. Unter Dateien versteht man hier meist Musikstücke,Filme und Software. Hierfür werden spezielle Programme,wie z.B. Bearshare, Kaaza, eMule oder Azureusverwendet. Diese Software verbindet die Rechner im Internetzu einem Peer-to-Peer (P2P) Netz.

Die zum Tausch bereitgestellten Dateien werden den übrigen Nutzern desNetzes angezeigt und können von dem Rechner heruntergeladenwerden. Oft erfassen diese Programme automatischdie gesamte Festplatte und stellen alle Dateien mitgängigen Medienformaten wie etwa mp3 (Musik) oder avi(Film) zum Tausch bereit.

Die Rechte der Tonträgerhersteller (Plattenfirmen) werdenverletzt, wenn Musikstücke im Internet über Tauschbörsenzum Download angeboten bzw. hochgeladen werden. Musikstückesind als urheberrechtliche Werke nach § 2 Urhebergesetz(UrhG) geschützt.

Das Recht, Musikstücke zu kopieren und die Kopien an andere weiterzugeben oder imInternet öffentlich zugänglich zu machen, steht nach § 85UrhG ausschließlich den Tonträgerherstellern zu. Nach derderzeitigen Gesetzeslage ist allerdings das Herunterladenvon Dateien über Tauschbörsen noch erlaubt.

Diese Erlaubnis beruht nur auf einem Redaktionsversehen desGesetzgebers. Das Urhebergesetz wird bis voraussichtlichEnde 2007 geändert werden und das Herunterladen wirddann ebenfalls urheberrechtswidrig sein.

Rechtliche Folgen

Das Anbieten von Dateien in Tauschbörsen und derenHochladen löst zivilrechtliche Ansprüche der Berechtigten,also der Plattenfirmen aus. Gleichzeitig handelt es sich beidieser Urheberrechtsverletzung um eine Straftat.

Zivilrechtlich können die Berechtigten nach § 97 UrhGverlangen, dass ihre Musikstücke in Zukunft nicht mehr überTauschbörsen verteilt werden und er muss die Dateienlöschen. Daneben schuldet der Täter noch Auskunft überseine Tauschbörsenaktivitäten und Rechnungslegung überseine Einnahmen, falls er mit den Dateien gehandelt hat.

Zuletzt schuldet er auch noch Schadensersatz, wenn erschuldhaft gehandelt hat. Wer auch nur eine ungefähre Vorstellungdavon hat, dass der Austausch von Dateien imInternet nicht in Ordnung sein könnte, handelt schuldhaft.

Der Schadensersatz wird üblicher Weise nach der sog.Lizenzanalogie bemessen. Hierbei versucht man abzuschätzen,welcher Lizenzpreis bei einer erlaubten Weitergabeder Dateien gezahlt worden wäre. Das ist beim Filesharingschwierig zu bemessen, da es von vorneherein auf dieunentgeltliche Abgabe der Musikstücke ausgerichtet ist.

Greift man hilfsweise auf die Preise der legalen kommerziellenDownloadportale zurück, ermittelt sich ein Betrag zwischen0,49 € und 1,49 € je Musiktitel.

Die Mitwirkung in Tauschbörsen ist strafbar

Das Vervielfältigen, Verbreiten und öffentliche Wiedergebenvon Werken nach dem Urhebergesetz, und zwar genau dasgeschieht in Tauschbörsen, wird nach §§ 106 und 107 UrhGmit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Erfolgt das Ganze gewerbsmäßig, z.B. wenn die runtergeladenenMusikstücke weiterverkauft werden, beträgt dieFreiheitsstrafe nach § 108a UrhG sogar bis zu 5 Jahren. Ab14 Jahren sind Jugendliche strafmündig und können fürUrheberrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogenwerden.

Die Strafverfolgung sollte man keines Falls unterschätzen.Werden mehr als 500 Dateien angeboten, so kann nach derbisherigen Praxis im Bereich der Staatsanwaltschaft Kölneine Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme des Computersdrohen.

Eltern haften für ihre Kinder

Bei der Überwachung der Tauschbörsen wird der Anschlussinhaberermittelt. In aller Regel werden daher dieEltern als Inhaber des Internetanschlusses zur Verantwortunggezogen, wenn sich ihre Kinder an Tauschbörsenbeteiligen.

Der Inhaber des Internetanschlusses kann alsStörer haften. Störer ist jemand, der zwar die Urheberrechtsverletzungnicht selbst begangen hat, aber in andererWeise dafür verantwortlich ist. Die Rechtsprechung siehtden Anschlussinhaber als Störer, wenn er seinen Anschlussnicht kontrolliert hat, obwohl die Beliebtheit von Tauschbörsenallgemein bekannt ist. Er hat dafür zu sorgen, dassmöglichst niemand über den Anschluss im Internet Rechteanderer verletzt.

Den Anschluss kontrollieren

Um das sicherzustellen muss der Anschlussinhaber PrüfundKontrollpflichten erfüllen. Hierzu gehört es, alle Personen,die den Anschluss benutzen, zur Rechtstreue zu ermahnen,insbesondere die Beteiligung an Tauschbörsen zuunterlassen. Gegenüber Volljährigen genügt die Ermahnungzur Rechtstreue, auch in der Familie.

Bei minderjährigen Kindern wird der bloße Hinweis nicht ausreichen. Je nachAlter ist es angebracht, den Computer ab und an zu kontrollieren.Gibt es Anhaltspunkte, dass der Anschluss fürRechtsverletzungen im Internet verwendet wird, muss derAnschlussinhaber einschreiten und den unkontrolliertenZugang zum Internet unterbinden. Anhaltspunkte sind etwadas Vorhandensein von Filesharing-Software oder eineungewöhnlich große Anzahl an Musikdateien auf demRechner.

Als Störer wird auch der herangezogen, der ein WLan ohneVerschlüsselung betreibt, denn er ermöglicht nicht nurseiner Familie, sondern auch der Nachbarschaft, über seinenAnschluss ins Internet zu gehen.

Der Störer schuldet aber selbst keinen Schadensersatz undbegeht auch keine Straftat, denn er hat die Musikdateiennicht getauscht. Er schuldet nur die Kontrolle seines Internetanschlusses.

Was Geld kostet

Wenn die Abmahnung der Rechtsanwälte der Musikindustrieoder die Anhörung der Staatsanwaltschaft im Briefkastenliegt, wird es teuer. Es ist der Rechtsanwalt der Musikindustriefür die Abmahnung nach den sehr hohen Streitwertenbeim Filesharing zu bezahlen und daneben fällt auch nochSchadensersatz für den unerlaubten Tausch der Musikdateienan.

Nach dem Landgericht Hamburg wächst der Streitwert mitder Anzahl der angebotenen Musiktitel. Für den 1. Titelbeträgt er 6.000,00 €, den 2.-5. Titel je weitere 3.000,00 €,den 6.-10. Titel je weitere 1.500,00 € und ab dem 11. Titel jeweitere 600,00 €. Schon für nur eine einzige Datei würdendie Abmahnkosten 459,40 € betragen. Meistens werdenaber mehrere hundert Musikdateien angeboten.

In einigen Entscheidungen begrenzen die Gerichte den Gesamtstreitwertauf 100.000 €, das wäre nach dieser Staffel bei 135Musiktiteln eingetreten. Bei einem Streitwert von 100.000 €betragen die Kosten der Abmahnung 1.780,20 €. Hinzukommt noch der Schadenersatz für das Anbieten und Hochladender Musikstücke.

Oft bieten die Rechtsanwälte der Musikindustrie den Abgemahntenals Vergleich einen Pauschalbetrag an, der sowohlden Schadenersatz für das Hochladen und Anbieten derMusikstücke als auch die Kosten des Abmahnschreibensumfasst.

Je nachdem wie viele Musikstücke angebotenwurden, schwankt die Summe zwischen 4.000 € und6.000 €. Ob ein solches Angebot zur Schadensbegrenzungangenommen werden sollte, wird sich erst nach sorgfältigerBetrachtung des Sachverhalts sagen lassen.

Wird das Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft weiterverfolgt, kommt noch eine Geldstrafe bei einer Verurteilungin Betracht oder eine Geldauflage, wenn das Verfahrengegen Geldbuße eingestellt wird.

Und zu guter Letzt ist es ratsam selbst einen Rechtsanwaltzu konsultieren. Dessen Kosten werden aber nicht von derRechtsschutzversicherung getragen, weil Streitigkeiten ausdem Urheberrecht nicht von dem Versicherungsschutzumfasst sind. Insgesamt können so leicht einige TausendEuro für die Teilnahme an den vermeintlich kostenlosenTauschbörsen anfallen. Es empfiehlt sich daher seine Kinderanzuhalten, keinesfalls Musikdateien im Internet zutauschen.

RA Domernicht ist Partner der Sozietät
Domernicht v. Bredow Wölke in Köln