Mietrecht: Kündigung wegen Zahlungsverzugs

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Wirkungen der Nachzahlung durch den Mieter

Die vollständige Nachzahlung der Mietrückstände bewirkt nur eine Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung, nicht automatisch auch einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung.

Wird einem Mieter wegen Zahlungsrückstands fristlos gekündigt, kann er die Wirkung der fristlosen Kündigung (Beendigung des Mietverhältnisses) dadurch beseitigen, dass er innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage alle Mietrückstände vollständig ausgleicht.

Gesetzliche Grundlage:

§ 569 BGB: Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.

Zahlung heilt nur die fristlose, nicht automatisch auch eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs heilt eine solche Zahlung nur die Wirkung der fristlosen Kündigung. Hat der Vermieter hilfsweise eine ordentliche Kündigung erklärt, ist im Einzelnen zu prüfen, ob auch diese ordentliche Kündigung durch die Zahlung unwirksam geworden ist. Diese Auslegung entspricht zwar dem Wortlaut des Gesetzes, vereitelt aber den eigentlichen Zweck des § 569 BGB, dem Mieter die Wohnung zu erhalten. Der BGH sieht als Schlupfloch für den Mieter nur vor, dass jeweils zu prüfen ist, ob ein Festhalten des Vermieters auch an der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung gemäß § 242 BGB treuwidrig ist. Dies wäre der Fall, wenn die verspätete Zahlung an den Vermieter nicht verschuldet worden wäre bzw. durch besonders gravierende und einmalige Umstände begründet war.

Landgericht Berlin verurteilt Mieter zur Räumung

Das Landgericht Berlin hat im entschiedenen Fall den Mieter zur Räumung verurteilt, obwohl der Mieter fristgerecht den Zahlungsrückstand ausgeglichen hat.
Das Landgericht Berlin: Die Heilung der Wirkungen der zugleich ausgesprochenen fristlosen Kündigung durch die Bezahlung aller offen stehenden Mieten bewirkt nicht zugleich die Heilung der Wirkung der fristgemäßen Kündigung. Das Festhalten des Vermieters an der fristgemäßen Kündigung ist nicht treuwidrig im Sinne von § 242 BGB, wenn der Mieter auch früher bereits mit der Mietzahlung in einer Weise in Verzug geraten war, die zur Kündigung berechtigte (LG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2014 – 65 S 366/13 –, juris).

Kritik

Die Rechtsprechung ist zwar im Einklang mit dem Bundesgerichtshof, das macht sie in diesem Falle aber nicht richtig. Auch der Bundesgerichtshof haftet zu sehr am Wortlaut der Entscheidung und lässt den Sinn und Zweck der Regelung außer Betracht. Sinn und Zweck ist es nicht, dem Mieter die Wohnung einige Monate länger zu sichern. Sinn und Zweck war es, den Mieter vor der Wohnungslosigkeit wegen eines einmaligen Versäumnisses zu bewahren. Das ist auch immer noch sinnvoll, weil anders herum kleinste Fehler/Nachlässigkeiten/Probleme zu einer Wohnungslosigkeit führen können. Der Gesetzgeber hat das Problem zwar erkannt, tut sich aber wie häufig im Mietrecht schwer mit der Umsetzung.

Fachanwaltstipp Vermieter

Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, ich gehe davon aus, dass der Gesetzgeber die entstandene Gesetzeslücke irgendwann schließen wird. Unabhängig davon sollten Sie immer grundsätzlich „fristlos, hilfsweise ordentlich" kündigen. Regelmäßig werden an eine fristlose Kündigung höhere Anforderungen gestellt, weshalb man gelegentlich durch eine hilfsweise erklärte Kündigung einen Räumungsrechtsstreit retten kann.

Fachanwaltstipp Mieter

Die Gerichte sind in diesem Bereich sehr streng. Zahlungsrückstände sind daher unbedingt zu vermeiden. Sollten Zahlungsrückstände einmal entstanden sein, sollte man diese unverzüglich ausgleichen. Mietern hilft es nichts, wenn Sie sich darauf berufen, dass sie kurzfristig nicht in der Lage waren zu zahlen. Geld muss man immer haben. Nur wenn eine Zahlung einmalig und aus Versehen unterbleibt, könnte sich eine andere Bewertung ergeben. Ich hatte zum Beispiel mal den Fall, dass ein Mandant versehentlich einen Dauerauftrag befristet hatte und dann die Beendigung der automatischen Abbuchung nicht bemerkte. In einem solchen Fall wäre wohl auch nach den strengen Maßstäben der Gerichte ein Festhalten an der ordentlichen Kündigung treuwidrig, wenn man sofort ausgleicht. Unverzeihlich ist es aber (kurzfristig) kein Geld zu haben.

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