Mehrbedarfe für Hartz-IV-Empfänger

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Reicht der Regelbedarf nicht, haben z.B. Alleinerziehende, Schwangere und chronisch Kranke Anrecht auf mehr Geld

Entgegen der öffentlichen Meinung: Die Leistungen nach dem SGB II, im Volksmund „Hartz IV", ermöglichen den Betroffenen ein allenfalls bescheidenes Leben. So beträgt der Regelbedarf nach der zum 1. Januar 2013 erfolgten Anpassung für Alleinstehende oder alleinerziehende Erwachsene 382 Euro, für zwei Erwachsene, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen, 345 Euro, für andere Erwachsene in der Bedarfsgemeinschaft 306 Euro, für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren 289 Euro, für Kinder von sechs bis 13 Jahren 255 Euro und darunter 224 Euro.

Grund genug, sich Gedanken zu machen, inwieweit Betroffene höhere Ansprüche geltend machen können. Dieser Beitrag soll deshalb verschiedene, im Gesetz ausdrücklich geregelte Mehrbedarfe beleuchten. Dabei ist der Beitrag nicht abschließend: Weitere Mehrbedarfe sind vorgesehen für Sozialgeldbezieher, dezentrale Warmwasserbereitung oder sonstige unabweisbare Bedürfnisse.

Mehrbedarf für Alleinerziehende

Mehrbedarfe für Alleinerziehende sind gestaffelt nach Anzahl und Alter der im Haushalt betreuten Kinder; sie werden als Prozentsatz der vollen Regelleistung von 382 Euro angegeben. Sie betragen grundsätzlich für jedes Kind 12 Prozent, maximal jedoch 60 Prozent (also für ein Kind 12 %, für zwei Kinder 24 %, für 3 Kinder 36 %, für 4 Kinder 48 % und ab fünf Kindern 60 %). Abweichend werden jedoch für ein Kind unter sieben bzw. zwei Kinder unter 16 Jahren 36 Prozent gezahlt, wenn sich dadurch ein insgesamt höherer Satz ergibt.

Was viele nicht wissen: Alleinerziehend kann auch sein, wer mit einem Partner zusammenlebt. Solange er nur allein für Pflege und Erziehung der Kinder sorgt. Eine gesetzliche Vermutung hierfür besteht bei Zusammenleben mit einem Partner jedoch nicht (vgl. OVG Lüneburg v. 24.2.1972, IV A 141/70).

Strittig ist, ob bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, die sich abwechselnd um ein Kind kümmern, eine hälftige Alleinerziehendeneigenschaft angenommen werden kann (vgl. BSG v. 3.3.2009, B 4 AS 50/07). Nimmt man dies an, dann ist der Mehrbedarf zwischen den Eltern zu teilen. Dies wird vielfach als gerechter angesehen als ein „Alles-oder-Nichts-Prinzip" (dafür LSG Celle v. 21.6.2007, L 8 AS 481/05).

Mehrbedarf für Schwangere

Schwangere erhalten ab der 12. Schwangerschaftswoche (85. Tag der Schwangerschaft) bis zur Geburt zusätzlich 17 Prozent des für sie maßgebenden Regelsatzes. In der Praxis wird der Beginn der 12. Schwangerschaftswoche anhand des Mutterpasses berechnet. Ungerecht: Nicht alle Schwangeren erhalten denselben Mehrbedarf: So beträgt die Bezugsgröße bei Minderjährigen, die mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, nur 289 Euro, bei alleinstehenden Erwachsenen dagegen erneut 382 Euro (siehe oben).

Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung

Mehrbedarfe für kostenaufwendige Ernährung werden Leistungsberechtigten nur aus medizinischen Gründen bewilligt. Die Höhe ist im Gesetz nicht geregelt, sie muss lediglich „angemessen" sein. Damit kann grundsätzlich bei jeder Krankheit, die zu einem veränderten Ernährungsverhalten zwingt und damit gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt deutlich erhöhte Kosten bedingt, ein Zuschlag zum Regelsatz gefordert werden. Hierzu darf nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. verwiesen werden. Besondere Einzelfälle sind natürlich hiervon ausgenommen. Die entsprechenden Mehrbedarfe betragen z.B. bei konsumierenden Erkrankungen, gestörter Nährstoffaufnahme bzw. Nährstoffversorgung oder mit eiweißreduzierter Kost behandelter Niereninsuffizienz 10 Prozent des Regelsatzes, bei Niereninsuffizienz mit Dialysediät, Zöliakie oder Sprue 20 Prozent des Regelsatzes.

Bei Ablehnung lohnt sich ein Widerspruch immer

Behörden sperren sich oft gegen die Gewährung von Mehrbedarfen. Allerdings werden im Widerspruchsverfahren von SGB-II-Empfängern keine Verwaltungskosten erhoben. Im gerichtlichen Verfahren fallen Gerichtskosten und bei Gewährung von Prozesskostenhilfe sogar auch Anwaltskosten weg. Es empfiehlt sich daher, eine Versagung von Mehrbedarfen genau zu prüfen und ggf. den Rechtsweg zu beschreiten!

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