Logistep unterliegt vor Schweizer Bundesgericht – Ende des Abmahnwahns in Sicht"

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Zahlreiche Abmahnkanzleien in Deutschland greifen bei der Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen auf die Dienste der in Steinhausen, Schweiz, ansässigen Logistep AG zurück. Seit 2004 überwacht das Unternehmen Internet-Tauschbörsen und dokumentiert Verstöße gegen das Urheberrecht durch den unerlaubten Upload geschützter Werke. Hierbei kommt die hauseigene Software „File Sharing Monitor“ zum Einsatz. Die erfassten Daten (IP-Adresse, Tatzeitpunkt, Hashwert) werden den auf die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen spezialisierten Kanzleien zur Verfügung gestellt, die nach Ermittlung der Anschlussinhaber tausende Abmahnungen versenden um Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz durchzusetzen. Die geforderten Summen liegen oft im vierstelligen Bereich.

Auch für die Schweizer Ermittlungsfirma wird dieses Geschäftsmodell einträglich gewesen sein. Über die tatsächliche Höhe der im Einzelfall an die Logistep AG abgeführten Vergütung kann zwar nur spekuliert werden. In einer früheren Beschwerde des eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten wurde ein Dienstleistungsvertrag mit einem Rechteinhaber vorgelegt, wonach die Firma Logistep neben Setup-Kosten von EUR 650 für jeden erfassten und abgemahnten Verstoß erfolgsunabhängig EUR 189 sowie zuzüglich 50% der eingegangenen Schadensersatzzahlungen erhielt.

Der Tätigkeit der Logistep AG hat nun das Schweizer Bundesgericht in seiner Entscheidung vom 08.09.2010 (1C_285/2009) zumindest auf Schweizer Boden einen Riegel vorgeschoben. Das Vorgehen der Logistep AG sei mit dem Datenschutzgesetz nicht zu vereinbaren, so das Gericht in Lausanne. Der Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen sei auch nicht durch ein überwiegendes Interesse zu rechtfertigen. Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Beschwerde des obersten Datenschutzbeauftragten der Schweiz, der damit im zweiten Anlauf erfolgreich war.

Das Schweizer Datenschutzgesetz schützt personenbezogene Daten im Inland. Da aber vor Auswertung der IP-Adressen nicht klar ist, in welchem Land sich der Anschlussinhaber befindet, dürfte die Ermittlungstätigkeit unseres Erachtens damit nicht nur hinsichtlich Schweizer Internetnutzern, sondern allgemein auf Schweizer Boden verboten sein.

Die Auswirkungen auf Filesharing-Abmahnungen in Deutschland bleiben abzuwarten. Zwar muss die Abmahnbranche mit dem Urteil des Schweizer Bundesgerichts zunächst einen schweren Treffer kassieren. Es ist aber zu erwarten, dass die Logistep AG nunmehr ihren Sitz verlegen wird. In Deutschland etwa hat der Bundesgerichtshof bisher keine vergleichbaren Bedenken geäußert.