Leistungskürzung auf Null bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Verkehrsunfalles?

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Aktuelle Rechtsprechung zum Leistungskürzungsrecht der Versicherungen bei Unfällen unter Alkoholeinfluss

Versicherungsunternehmen sind nach der durch das Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007 zum 1. Januar 2008 eingeführten Vorschrift des § 81 Abs. 2 VVG berechtigt, ihre Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Anders als die frühere Regelung des § 61 VVG a.F., die bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles kraft Gesetzes eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers vorsah ( "Alles-oder-Nichts-Prinzip" ), enthält die neue Bestimmung des  § 81 Abs. 2 VVG  nun also eine Quotenregelung :

§ 81 VVG Herbeiführung des Versicherungsfalles
(I)  Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.
(II) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

Fraglich ist, ob § 81 Abs. 2 VVG  dem Versicherer die Möglichkeit eröffnet, seine Leistung gänzlich zu versagen oder ob in jedem Fall eine zumindest anteilige Quote des Schadens zu ersetzen ist.

Der Bundesgerichtshof hat jüngst entschieden, dass der Versicherer bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen darf, sog. Kürzung auf Null (BGH Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10).

Das kann z. B. bei Straßenverkehrsunfällen bei absoluter Fahruntüchtigkeit in Betracht kommen, bedarf jedoch stets der Abwägung des Einzelfalles. So kann nach der Rechtsprechung der Karlsruher Richter das Leistungskürzungsrecht des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles auch ausscheiden, wenn nämlich der Versicherungsnehmer auf Grund der Trunkenheit  unzurechnungsfähig war. Dabei soll eine Blutalkoholkonzentration ab 3,00 Promille lediglich ein Anzeichen für Schuldunfähigkeit darstellen.  Einen allgemeinen Wert für eine Schuldunfähigkeit infolge Alkoholkonsums gibt es nämlich nicht.  Vielmehr sollen in jedem Einzelfall sämtliche Indizien wie z. B.  Alkoholgewöhnung, physische und psychische Konstitution des Fahrers, die an den Tag gelegte Fahrweise, Zeit, Menge und Art der Nahrungsaufnahme zu würdigen sein.

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