Lebenslanger Unterhalt nicht garantiert - BGH erlaubt Abänderung alter Eheverträge

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Ehegattenunterhalt, der vor 2008 nach alter Rechtslage im Ehevertrag zugesagt wurde, kann durch die Gesetzesänderung entfallen oder nachträglich befristet werden

Früher war es eine klassische Konstellation:

Der Ehemann verdiente das Geld, die Ehefrau war nicht berufstätig, sondern betreute die Kinder, und wenn die Kinder dann aus dem Haus gingen, stellte sich heraus, dass auch die Ehe nicht mehr zu retten war. Bis vor einigen Jahren galt die Grundregel, dass die Ehefrau in einem solchen Fall einen lebenslangen Ehegattenunterhalt erhalten würde.

Karin Plewe
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Seit dem Jahr 2008 hat der Gesetzgeber das Unterhaltsrecht neu geregelt und den Grundsatz der Eigenverantwortung gestärkt. Seither muss jeder Ehegatte nach der Scheidung für den eigenen Lebensunterhalt sorgen.  Unterhaltszahlungen des anderen Ehegatten gibt es bei Vorliegen besonderer Gründe (Kinderbetreuung u.a.),  jedoch werden diese Unterhaltszahlungen üblicherweise befristet. Den lebenslangen Unterhalt gibt es nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen.

Ehemännern, die vor dem Jahr 2008 zu einer lebenslangen Unterhaltszahlung an ihre Ex-Gattin verurteilt wurden, steht der Weg zu Gericht offen, denn sie können eine Abänderungsklage einreichen lassen. Es ist bereits seit einiger Zeit höchstrichterlich anerkannt, dass die Änderung der Rechts- und Gesetzeslage einen Abänderungsgrund darstellt, der dazu berechtigt, die Zahlungsverpflichtung durch ein Gericht neu beurteilen zu lassen, und zwar im Lichte der neuen Gesetzeslage.

Doch was ist nun mit denjenigen Ehemännern, die seinerzeit (vor 2008) einen Ehevertrag geschlossen haben, in dem der Ehefrau für den Fall der Scheidung ein lebenslanger Unterhalt zugesagt wurde?  Hier wurde der Ehemann nicht gegen seinen Willen von einem Gericht zu einer Zahlung verurteilt, sondern hat diese Verpflichtung freiwillig übernommen. 

Seinerzeit ging man schließlich davon aus, dass der lebenslange Unterhalt der geltenden Rechtslage entspricht, so dass eine solche Regelung relativ bedenkenlos in den Ehevertrag aufgenommen wurde im Wissen, dass man dagegen ohnehin nichts unternehmen könnte.

Diesen Ehemännern hat der Bundesgerichtshof nun in seinem Urteil vom 25.02.2012  (AZ.  XII ZR 139/09) geholfen.

Es wurde in dieser Entscheidung höchstrichterlich anerkannt, dass auch in einem solchen Fall eine Abänderung der ehevertraglichen Regelung möglich ist.

Der zahlungspflichtige Ehemann kann sich auf eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ berufen und bei Gericht beantragen, dass  die Zahlungsverpflichtung  im Einklang mit der aktuellen Gesetzeslage überprüft wird. So kann möglicherweise eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung erreicht werden.

Doch Vorsicht:

Wenn man ein Paket aufschnürt, kann es passieren, dass alles auseinander fällt.

Üblicherweise werden in Eheverträge nicht nur Regelungen zum Unterhalt aufgenommen, sondern auch Vereinbarungen zum Vermögen, Zugewinn, zu den Rentenanwartschaften und möglicherweise zu anderen Punkten getroffen.

Je nach Vertragskonstellation kann es also passieren, dass der lebenslange Unterhalt entfällt oder befristet wird, dass dann aber auch andere – für den Ehemann günstige Punkte – entfallen oder neu geregelt werden müssen. Dies will vorher bedacht und abgewogen sein. Angesichts der enormen Summe, die sich im Laufe des Lebens als Ehegattenunterhalt ergibt, dürfte es sich jedoch lohnen, diese Frage durch anwaltliche Beratung klären zu lassen.

Und was bedeutet das nun für die Ehefrau?

Leider nichts Gutes, denn oftmals wird sich die Frau bereits seit einigen Jahren darauf eingestellt haben, den lebenslangen Unterhalt zu bekommen. Naturgemäß sinken dann die Chancen, wieder ins Berufsleben zurück zu gelangen, wenn man eine längere „Auszeit“ genommen hatte.

Selbst wenn die Ehefrau eine Arbeitsstelle hat und diese Tätigkeit auch in Vollzeit ausübt, kann es möglich sein – insbesondere wenn der Ex-Gatte sehr gut verdient hat -, dass die Frau dennoch einen lebenslangen Unterhalt in Form des Aufstockungsunterhalts zugesprochen erhalten hat, weil ihr eigenes Einkommen gering ist. In solchen Fällen muss die Frau damit rechnen, dass der Mann – wenn er die lebenslange Unterhaltsverpflichtung loswerden will und das Gericht bemüht – mit einer Abänderungsklage erfolgreich sein könnte. Nach aktueller Rechtslage hat die Ehefrau keinen Anspruch mehr,  lebenslang den ehelichen Lebensstandard  garantiert zu erhalten, sondern sie muss sich nach einer Übergangszeit mit demjenigen Einkommensniveau zufrieden geben, das sie mit ihrer eigenen Ausbildung und mit ihren eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten erreichen kann.

Es wird also in solchen Konstellationen ein „Damoklesschwert“ über der Frau hängen, selbst wenn der Mann eine Abänderung noch gar nicht in die Wege geleitet hat (weil er z.B. diese neue Rechtslage noch nicht kennt).

Die Frau muss damit rechnen, dass eine solche Abänderung irgendwann kommt und sollte dies berücksichtigen, wenn sie z.B. langfristige Zahlungsverpflichtungen eingehen möchte.

Karin Plewe
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Leserkommentare
von Elchhans am 08.03.2012 14:49:08# 1
Der hier geschilderte Sachverhalt läßt mich hoffen. Leider ist mein Anwalt bei einer 36-jährigen Ehe anderer Meinung. Angeblich könnte ich nicht einmal bei einer Arbeitszeitreduzierung der Ex-Frau Unbilligkeit unterstellen und müsste mehr zahlen.