Leasing: Kleiner Unfall, teure Reparatur?

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Das müssen Leasingnehmer bei Schäden an ihren Leasingfahrzeugen wissen

Kurz nicht aufgepasst und schon ist man dem Vordermann draufgefahren. Alles halb so schlimm, ist ja nur ein kleiner Schaden. Die böse Überraschung kann hinterher kommen: Das Tauschen einer Stoßstange kostet beispielsweise schnell über 2.000 Euro. 123recht.de im Interview mit Rechtsanwalt Joachim Zimmermann.

Leasinggeber haben ein berechtigtes Interesse daran, den Wert des Fahrzeugs nicht durch unsachgemäße Reparaturen zu verringern

123recht.de: Herr Zimmermann, warum gibt es teilweise so grotesk hohe Reparaturkosten? Was ist der Grund für derartige Kosten selbst bei kleinen Schäden?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Der Leasinggeber als Eigentümer des Fahrzeugs hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Wert des Fahrzeugs nicht durch unsachgemäße Reparaturen leidet. Wer ein Neufahrzeug erwirbt, wird im Regelfall in den ersten drei Jahren eher eine Vertragswerkstatt aufsuchen als eine freie Werkstatt. Der Bundesgerichtshof orientiert sich an diesem Zeitraum, soweit es darum geht, ob der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte bei einer Abrechnung des Unfallschadens auf Gutachtenbasis die Stundensätze einer gebundenen Fachwerkstatt oder lediglich die ortsüblichen Durchschnittsstundensätze der Kalkulation zu Grunde legen kann.

Zudem ist aber zu berücksichtigen, dass viele Versicherungen im Rahmen der Vollkasko ebenfalls eine Werkstattbindung mit dem Versicherungsnehmer vereinbaren, die ihn dazu verpflichtet, sein Fahrzeug in einer vom Versicherer anerkannten Werkstatt reparieren zu lassen. Hierbei geht es im Regelfall darum, gegenüber den Vertragswerkstätten eine günstige Alternative zu haben. Insoweit ist allerdings zu bedenken, dass eine mit der Versicherung vereinbarte Werkstattbindung unter Umständen mit einer mit der Leasinggesellschaft vereinbarten Werkstattbindung kollidieren kann. In diesem Fall sollte der Leasingnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages die von ihm in Aussicht genommene Versicherung darauf hinweisen, dass er sich bereits gegenüber dem Leasinggeber verpflichtet hat, sein Fahrzeug in einer Vertragswerkstatt reparieren und warten zu lassen. Dementsprechend wird der Versicherer sein Angebot dann höher kalkulieren.

"Diese Werkstätten sind im Regelfall teurer als so genannte freie Werkstätten"

123recht.de: Also ist eine Werkstattbindung in Leasingverträgen die Regel?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Ja, die meisten Leasingverträge enthalten eine Vereinbarung, die sich Werkstattbindung nennt. Hiernach ist der Leasingnehmer verpflichtet, das von ihm geleaste Fahrzeug in einer vom Leasinggeber anerkannten Werkstatt warten und reparieren zu lassen. Solche Vereinbarungen lauten zum Beispiel wie folgt:

"Die vom Hersteller vorgeschriebenen Inspektions- und Wartungsarbeiten für das Leasingfahrzeug lässt der Leasingnehmer bei einer von dem Hersteller anerkannten Werkstatt durchführen.“

Gemeint sind damit Werkstätten der Vertragshändler. Diese Werkstätten sind im Regelfall teurer als so genannte freie Werkstätten. Der Qualitätsstandard ist dort aber meist auch höher, wenn auch nicht zwangsläufig.

Der Leasingnehmer kann dafür i.d.R. einen Rabatt auf die üblichen Werkstattpreise erhalten. Außerdem wirkt sich die Bindung positiv auf die Kulanzbereitschaft des Herstellers aus; ganz besonders dann, wenn man zusätzlich eine kleine Monatsrate für ein Service- und Wartungspaket abschließt, das im Regelfall auch den Ölwechsel und die Erneuerung der Bremsbeläge umfasst.

“Leasingfahrzeuge haben nicht generell höhere Reparaturkosten“

123recht.de: Macht es bei der Reparatur selbst einen Unterschied, ob es sich um ein Leasingfahrzeug handelt oder nicht? Leasingfahrzeuge scheinen höhere Reparaturkosten zu haben. Mit modernen Smartrepair-Methoden kann man doch auch vieles reparieren.

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Sofern es um Karosserieschäden geht, liegen die Preise meist besonders hoch. Oft geben die Vertragswerkstätten solche Arbeiten an ihnen bekannte Karosseriewerkstätten weiter und berechnen lediglich einen Aufschlag. Sofern es sich um einen qualifizierten Meisterbetrieb handelt, kann man Karosseriearbeiten auch als Leasingnehmer dort gleich in Auftrag geben, sofern die Hersteller-Vorgaben exakt beachtet werden. Hierfür existieren so genannte Reparaturbücher. Daher scheiden in vielen Fällen nicht anerkannte Reparaturmethoden von vornherein aus, insbesondere nicht fachgerechte Billigmethoden. Dies schließt aber so genannte Smartrepair-Methoden gerade im Karosseriebereich nicht von vornherein aus. Leasingfahrzeuge haben daher nicht generell höhere Reparaturkosten.

123recht.de: Ich hatte nur einen ganz kleinen Schaden, mein Autohaus besteht trotzdem auf einen teuren Gutachter.

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Bei Bagatellschäden am Fahrzeug kann der Leasinggeber nicht darauf bestehen, dass auf Kosten des Leasingnehmers ein teures Sachverständigengutachten eingeholt wird. Insoweit ist eine Kosten-Nutzen-Relation in Betracht zu ziehen. Die beste Lösung besteht darin, wenn man sich mit der Werkstatt ohne Einschaltung eines Gutachters auf einen bestimmten Reparaturpreis von vornherein einigt. Das sollte man allerdings nur in einfach gelagerten Fällen tun.

Leasingnehmer muss nicht generell für kleine Kratzer oder kleine Beulen haften

123recht.de: Wie sollte man sich als Leasingnehmer verhalten, um auf der sicheren Seite zu sein? Muss man etwa jeden klitzekleinen Schaden melden?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Als Leasingnehmer muss man nicht jeden Schaden melden. Es gibt zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die bestätigen, dass der Leasingnehmer nach Rückgabe seines Fahrzeugs nicht für kleine Kratzer oder kleine Beulen haften muss, wie sie etwa beim Ein- und Ausparken entstehen können.

Der Leasinggeber hat die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen von Schäden

123recht.de: Kann ich eine Reparatur als Leasingnehmer generell ablehnen, z.B. gerade bei Bagatellschäden?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Bei der Rückgabe des Fahrzeugs erstellt der Händler im Auftrag der Leasinggesellschaft ein Rücknahmeprotokoll, in dem alle Schäden aufgelistet werden. Der Leasingnehmer ist lediglich zur Rückgabe des Fahrzeugs in einem vertragsgerechten Zustand verpflichtet. Ob und wann ein Bagatellschaden vorliegt, lässt sich nicht generell sagen, weil dies stark vom Einzelfall abhängt. Wenn zum Beispiel die Reifen bei Rückgabe des Fahrzeugs nicht mehr die gesetzliche Mindestprofiltiefe aufweisen, darf der Händler zwar neue Reifen aufziehen, er kann allerdings nicht die gesamten Kosten auf den Leasingnehmer abwälzen, sondern muss einen Abzug neu für alt hinnehmen. Im Streitfall hat der Leasinggeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen von Schäden und für den erforderlichen Beseitigungsaufwand.

Leasingnehmer sollten kein privates Zweitgutachten in Auftrag geben

123recht.de: Habe ich als Leasingnehmer ein Anrecht auf ein Zweitgutachten? Wie sinnvoll sind Kostenvoranschläge und gibt es Fälle, in denen diese überflüssig sind?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Ein zweites Gutachten sollte man nicht privat in Auftrag geben, sondern gegebenenfalls abwarten, ob der Leasinggeber seine Forderungen gerichtlich geltend macht. Im Rechtsstreit muss dann eventuell vom Gericht ein Gutachter beauftragt werden, um festzustellen, ob die geltend gemachten Schadensersatzansprüche im Einzelnen berechtigt sind. Kostenvoranschläge sind daher im Rahmen von Leasingverträgen nicht sinnvoll, soweit es um die Höhe der erforderlichen Schadensbeseitigungskosten geht.

Werkstätten müssen alle Reparaturkosten im Einzelnen erläutern

123recht.de: Es geht es um eine Türinstandsetzung: Warum ist es notwendig, dafür den Fehlerspeicher zu löschen? Müssen mir auf Nachfrage von der Werkstatt alle Positionen erläutert werden?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Bei der Instandsetzung einer Tür kann es wohl im Einzelfall erforderlich sein, den Fehlerspeicher zu löschen, weil die heutigen Fahrzeuge mit sehr viel Elektronik ausgestattet sind und ansonsten nach einer Reparatur ständig Fehlermeldungen produzieren würden.

Eine Werkstatt ist immer verpflichtet, alle Reparaturkosten im Einzelnen zu erläutern. Unverhältnismäßig teure Reparaturen sind vom Kunden erst dann zu bezahlen, wenn er vorher von der Werkstatt darauf hingewiesen worden ist. Heute gibt es aber in vielen Fällen keine Alternative zum Austausch kompletter Geräte, insbesondere im Bereich Sicherheit und Elektronik.

Zahlt die Versicherung nicht, muss der Leasingnehmer trotz Abtretungserklärung für die Reparatur aufkommen

123recht.de: Bei meinem Autohaus soll ich eine Abtretungserklärung bezüglich der Schadensregulierung unterzeichnen. Warum wird sowas verlangt? Ist das üblich?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Die Abtretungserklärung, die der Kunde beim Autohaus unterschreiben soll, dient der Sicherung der werkvertraglichen Ansprüche der Reparaturwerkstatt. Das Autohaus kann dann direkt an den Versicherer herantreten und Zahlung der Reparaturkosten an sich selbst verlangen. Dies ist für den Kunden sehr bequem, kann aber zu Ärger führen, wenn die Versicherung Einwendungen gegen ihre Haftung erhebt. Die Werkstatt kann sich weiterhin an ihren Kunden halten, wenn das Geld von der Versicherung nicht kommt. Diese Verfahrensweise ist weit verbreitet. Der Kunde bzw. der Geschädigte muss sich darüber im Klaren sein, dass er gegenüber seinen Vertragspartnern, Werkstatt und Kfz Sachverständiger, zur Zahlung verpflichtet bleibt, wenn die Versicherung aus irgendeinem Grunde nicht zahlen sollte.

Bei Parkschäden mit Unfallflucht sollte zwingend die Polizei geholt werden

123recht.de: An meinem Leasingfahrzeug ist ein Parkschaden und der Verursacher konnte nicht ermittelt werden. Welche Folgen kommen auf mich zu?

Rechtsanwalt Joachim Zimmermann: Bei einem fremdverschuldeten Parkschaden am Leasingfahrzeug sollte man immer die Polizei hinzu rufen, damit die Versicherungsgesellschaft Gelegenheit hat, über die Einsichtnahme der Ermittlungsakten eventuell doch noch den Verursacher zu ermitteln oder aber festzustellen, dass der Versicherungsnehmer nicht selbst den Schaden verursacht hat bzw. kein Verstoß gegen die Versicherungsbedingungen begangen hat. Sollte zum Beispiel der Versicherungsnehmer einen Schaden unter Alkoholeinfluss verursacht haben, muss er damit rechnen, dass sein Kaskoversicherer ihn in Regress nimmt, ihn also auf Rückzahlung der Aufwendungen in Anspruch nimmt bis zu einer Höhe von 5000 € in jedem einzelnen Fall.

123recht.de: Vielen Dank.